[Belletristik] American Dirt

Wenn von einer atem­lo­sen Flucht die Rede ist, so den­ke ich an einen Pageturner, in dem der Leser durch die Seiten gezo­gen wird und in einem atem­rau­ben­den Tempo durch die Geschichte jagt. Leider kann die­ser Roman die­se Erwartung nicht erfül­len.

Erwartungen

Es offen­bart sich schon in den ers­ten Kapiteln, dass die­ser Roman alles ande­re als rasant geschrie­ben ist. Immer wie­der wird das Tempo mit Rückblenden her­aus­ge­nom­men. Diese Rückblenden sind teil­wei­se flie­ßend in den Text inte­griert, so dass ich als Leser davon oft­mals über­rum­pelt wur­de. Ebenfalls beim Lesen hin­der­lich ist der exzes­si­ve Einsatz spa­ni­scher Wörter und Sätze, die nicht immer über­setzt wur­den. Das erhöht viel­leicht die Authentizität, min­dert aber den Lesefluss mas­siv.

Liest man die Feuilletons der US-ame­ri­ka­ni­schen Zeitungen über die­ses Buch, so fällt auf, dass es kaum um eine inhalt­li­che Betrachtung als viel­mehr um die Frage geht, ob die Autorin die­ses Buch über­haupt hät­te schrei­ben sol­len oder gar dür­fen. Der Hintergrund ist, dass Cummins Wurzeln ande­re als mexi­ka­ni­sche sind und sie gar nicht qua­li­fi­ziert genug sei, um dar­über zu schrei­ben. Eine Kritik, der ich mich nicht anschlie­ßen kann, denn es steht für mich außer Frage, dass Autoren ihre Geschichten recher­chie­ren kön­nen, ohne sie selbst erlebt haben zu müs­sen (ob es in die­sem Fall gelun­gen ist, ver­mag ich auf­grund der Komplexität der Sachlage nicht zu sagen). Nur weil sie in ihrem Debütroman ihre per­sön­li­che Vergangenheit auf­ge­ar­bei­tet hat, heißt das ja noch lan­ge nicht, dass alle Folgeromane gleich­falls auf per­sön­li­chen Erfahrungen fußen müs­sen.

Etwas kri­ti­scher sehe ich hin­ge­gen den mas­si­ven Einsatz ste­reo­ty­pi­scher Charaktere, den die Autorin hier prak­ti­ziert hat. Viele Figuren sind mir ein­fach zu platt und erfül­len typi­sche Klischees. Hier wäre sicher­lich mehr drin­nen gewe­sen. Auch feh­len vie­le Emotionen, die ich in einem sol­chen Buch ein­fach erwar­tet hät­te. Es gibt kei­ne spür­ba­ren Ängste, kein berüh­ren­des Bangen ums eige­ne Leben, son­dern viel­mehr distan­zier­te Beschreibung.

Fazit

Das Buch setzt zwar ein poli­ti­sches Statement und pran­gert die unhalt­ba­ren Zustände der Migranten auf unse­rer Erde an, liest sich aber müh­se­lig. Und dar­auf lege ich als Leser Wert. So lobens­wert die poli­ti­sche Motivation sein mag, die hin­ter einer Geschichte steckt, so les­bar muss ein Roman auch sein. Und genau hier erfüllt die­ser Roman nicht lei­der alle Erwartungen, die ich in ihn gesteckt habe.

Übrigens fällt mir auf, dass irgend­wel­che Zitate von Stephen King mitt­ler­wei­le infla­tio­när auf Buchcovern zu fin­den sind. Ungeachtet des­sen, ob der Autor tat­säch­lich so viel lesen kann, wo er schein­bar dau­er­haft schreibt, so nervt es mitt­ler­wei­le unge­mein, irgend­wel­che ver­meint­li­chen Zitate auf den Covern zu fin­den.

buchcover american dirt

Titel: American Dirt
Autor: Cummins, Jeanine
Genre: Belletristik
Seitenzahl: 551
Verlag: Rowohlt Verlag

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Originaltitel: American Dirt
Übersetzer: Katharina Naumann
Herkunft: USA
Jahr: 2020 (org./dt.)

Dieses Buch wur­de mir freund­li­cher­wei­se vom Verlag zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren fin­det sich auf der Verlagsübersichtsseite.

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