[Belletristik] Marianengraben

Situationskomik. Das ist wirk­lich das Letzte, was ich in die­sem Buch erwar­tet hat­te. Ein Buch, das sich inten­siv mit dem Tod und dem Sterben aus­ein­an­der­setzt und den Leser nach Beendigung der Lektüre nicht tief betrübt, son­dern hoff­nungs­froh zurück­lässt. Wirklich gran­di­os.

Ein Brief

Die Hauptfigur Paula schreibt an ihren ver­stor­be­nen Bruder und der Leser darf das Geschriebene in Form die­ses Buchs mit­le­sen. Ein sehr gelun­ge­nes Stilmittel, das extrem gut funk­tio­niert, denn dadurch nimmt der Leser auto­ma­tisch und sehr direkt die sehr per­sön­li­che und inni­ge Beziehung wahr, die zwi­schen der Erzählerin und ihrem ver­stor­be­nen Bruder bestand. Paulas Trauer wird sehr greif­bar und über alle Maße nach­voll­zieh­bar.

Wäre Sehnsucht eine olym­pi­sche Disziplin, ich hät­te uns längst Gold geholt.
bei 58% des E‑Books

Immer wie­der wech­selt die Erzählperspektive vom hier und jetzt in die Vergangenheit, in dem sich Paula an Ereignisse mit ihrem Bruder erin­nert. Sind in ande­ren Büchern sol­che flie­ßen­de Wechsel in die Vergangenheit manch­mal sehr her­aus­for­dernd, weil sie sich zu sehr im Text ver­ste­cken und der Leser oft­mals gar nicht mehr weiß, wo er gera­de ist, so sind die­se hier zu jeder Zeit sehr gut gelun­gen.

Das Buch lebt aber nicht nur vom emo­tio­na­len Band zwi­schen Paula und ihrem Bruder, son­dern auch von der zwei­ten Hauptfigur Helmut, der auf sehr son­der­ba­re Weise in ihr Leben tritt und anschlie­ßend einen Teil sei­nes Lebenswegs mit ihr teilt. Beide erle­ben viel son­der­ba­res und wie ein­gangs schon erwähnt sehr viel komi­sches. Diese Mischung aus Betroffenheit und Humor ist extrem gut gelun­gen. Es scheint als wür­de Jasmin Schreiber immer zum pas­sen­den Moment die pas­sen­den Worte fin­den. Sie umfasst die unter­schied­lichs­ten Facetten des Trauerns und nimmt dem Leser gleich­zei­tig teil­wei­se mit sehr viel Humor Verlustängste.

Wollen Sie ster­ben […] oder wol­len Sie gera­de ein­fach nicht leben?
bei 74% des E‑Books

Fazit

Mit was für einem Wechselbad der Gefühle hat mich Jasmin Schreiber mit ihrem Debüt-Roman zurück­ge­las­sen. Tief bewegt von der Trauerbewältigung und den trau­ri­gen Umständen und Erlebnissen aber gleich­zei­tig auch vol­ler Hoffnung und Lebensfreude. Nur sel­ten schafft es ein Autor der­art gekonnt die­se bei­den eigent­lich gegen­sätz­li­chen Gefühlswelten so gut mit­ein­an­der zu kom­bi­nie­ren. “Marianengraben” ist bis jetzt mein abso­lu­tes Lesehighlight des Jahres, das ich über alle Genregrenzen hin­weg jedem Leser emp­feh­len kann.

Das Buch endet mit einer klei­nen Hommage an das Kinderbuch “Weißt Du eigent­lich, wie lieb ich Dich hab?” Haben sich die bei­den Hasen lieb vom Mond und wie­der zurück, so haben sich Paula und ihr Bruder so sehr lieb wie der Marianengraben tief ist. Ein groß­ar­tig gewähl­ter Bezug!

Weitere Stimmen zum Buch:

Hinweis: Links zu nicht mehr erreich­ba­ren Blogs wer­den auto­ma­tisch ent­fernt.
cover marianengraben

Titel: Marianengraben
Autor: Schreiber, Jasmin
Genre: Belletristik
Seitenzahl: 256
Verlag: Eichborn Verlag

5/5

Herkunft: Deutschland
Jahr: 2020

Auf der Webseite der Autorin gab es zahl­rei­che Hinweise zu künf­ti­gen Lesungen und eini­ge Ausschnitte aus der Buchpremieren. Diese wur­den über die Soundcloud zur Verfügung gestellt. Diese waren sehr humor­voll kon­zi­piert und gaben mei­nes Erachtens einen guten Vorgeschmack auf die­ses Buch. Leider ist die Website der Autoren mitt­ler­wei­le nicht mehr erreich­bar.

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Dieses Buch wur­de mir freund­li­cher­wei­se vom Verlag zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren fin­det sich auf der Verlagsübersichtsseite.

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4 Kommentare

  1. Hi Frank!

    Von dem Buch hab ich natür­lich schon gehört und es auch eini­ge Male gese­hen – aber dei­ne Rezension ist jetzt die ers­te, die ich mir dazu durch­ge­le­sen hab.
    Diese Mischung aus “Trauer und Komik” hört sich defi­ni­tiv gelun­gen an – ich scheue ja Bücher, die zu sehr ins nega­ti­ve oder depres­si­ve abdrif­ten, des­halb reizt mich das hier, auch wenn es nicht in mein übli­ches Leseschema passt.
    Ich werds mir auf jeden Fall notie­ren 🙂

    Liebste Grüße, Aleshanee

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