Die Graphic-Novel-Adaptionen von George Orwells 1984

1984 vgl cover

Seit dem 01. Januar 2021 ist der Roman 1984 von George Orwell gemeinfrei. Dies führte dazu, dass der Buchmarkt mit neuen Übersetzungen überschwemmt wurde. Vorher lagen die Rechte beim Ullstein-Verlag, wie z.B. meine Roman-Ausgabe aus dem Jahre 2000. Auch aus dem Ullstein-Verlag stammt die Graphic-Novel-Adaption von Fido Nesti. In diesem Beitrag vergleiche ich diese mit der Adaption von Sybille Titeux de la Croix, die im Splitter Verlag und mit der Adaption von Jean-Christophe Derrien, die im Knesebeck Verlag erschienen sind.

Der Einfachheit halber rede ich in diesem Beitrag von der Ullstein-, Knesebeck– und Splitter-Version. Alle drei Adaptionen habe ich gesondert hier auf dem Blog vorgestellt.

Auffällig ist die Textlastigkeit. Während die Ullstein-Version sehr dicht an der Romanvorlage bleibt und Sätze Eins-zu-Eins aus dem Roman übernimmt, so ist die Textlastigkeit in der Splitter-Version schon deutlich reduziert. Allerdings ist sie immer noch so hoch, dass ich von ungewöhnlich dichten Texten sprechen kann. Ganz anders die Knesebeck-Version, in der deutlich die Optik zum Tragen kommt und die Textfracht wesentlich verringert wurde.
Die Ullstein-Version geht sogar soweit, als dass sich dort reiner Text wiederfindet, der sich über mehrere Seiten erstreckt.

Die Splitter-Version unterscheidet sich auch dadurch, dass Sybille Titeux de la Croix auch mal sehr große und doppelseitige Graphiken nutzt. Das fehlt mit bei den anderen Varianten von Fido Nesti und Remi Torregrossa ein wenig. Dort finden sich eher selten diese großflächigen Illustrationen.

Eine Gemeinsamkeit der Splitter- und Ullstein-Adaptionen: Einige englische Begriffe wurden nicht ins Deutsche übersetzt. In der Ullstein-Adaption tatsächlich überhaupt nicht, in der Splitter-Version wurden die Übersetzungen wenigstens an den Rand geschrieben. Übrigens gilt dies auch für die jeweiligen Originale, denn Sybille Titeux de la Croix hat das Buch auf Französisch und Fido Nesti auf Portugiesisch geschrieben. Die Knesebeck-Version geht in Richtung der Romanvorlage, in der alle Begriffe ins Deutsche übersetzt wurden.

Übrigens sind alle drei Bücher sehr eindeutig eine Graphic Novel und setzen sich in jeglicher Hinsicht von einem Comic ab. Auch wenn es immer wieder Grenzfälle gibt, in denen nicht eindeutig zu sagen ist, ob es sich nun um einen Comic oder eine Graphic Novel handelt, so ist dies in diesen drei Fällen sehr eindeutig und es handelt sich zweifelsohne um Graphic Novels.

1984 vgl ende
© privat

Ja, diese Darstellung zeigt nur bedingt die Unterschiede zwischen den jeweiligen Versionen. Aber vielleicht kann der Leser erahnen, wie sich die Bücher lesen. Ich empfehle auf jeden Fall einen Besuch bei den jeweiligen Verlagsseiten, wo es jeweils einen Blick ins Buch gibt. Ganz links die Knesebeck-Version, in der Mitte auf dem Tablet die Splitter-Version und rechts die Ullstein-Version. Die Links zu den Seiten der Verlage sind rein informativ und nicht gesponsert.

Welche der drei Adaptionen hat nun die Nase vorn? Ich tue mich ehrlich gesagt schwer damit, einer von dreien den Vorzug zu geben. Die Splitter- und Ullstein-Version bleiben sehr nah an der Romanvorlage, während sich die Knesebeck-Version die Freiheit nimmt, ein paar Stellen abzuändern und dem Format der Graphic Novel gerechter zu werden. Dennoch erzählen die drei Fassungen die Geschichte vorlagentreu, ohne die Erzählung neu zu interpretieren.

Ich denke, dass die Knesebeck-Version sich für jene eignet, die zu Graphic-Novel-Adaptionen greifen, weil sie ungern lesen. Für die Splitter-Version muss man dem Text schon deutlich zugeneigter sein. Zudem sind die Zeichnungen sehr kantig und eckig, was vermutlich nicht jedermanns Geschmack ist. Schon beinah Texte in Romanformat findet sich in der Ullstein-Version. Wer ungern liest, lässt unbedingt die Finger von dieser Version. Hinzulangen können hingegen jene, die einen sehr guten Roman gut in Szene gesetzt wissen wollen. Hier nimmt sich die Kneseback-Version durchaus ein paar Freiheiten heraus, um die Erzählung dem Format Graphic Novel anzupassen. Die Splitter-Version geht eher in Richtung der Ullstein-Version und ist für jene geeignet, die gerne und viel lesen.

Mir persönlich haben alle drei Fassungen gefallen. Ich mochte schon die Romanvorlage sehr, denn sie scheint (leider) zeitlos zu sein, wenn ich sehe, wie und wo der moderne Big Brother heutzutage unterwegs ist. Ich mag die textlastige Ullstein-Version ebenso wie die Knesebeck-Version und ich mag den kantigen Zeichenstil ebenso wie den weichen. Alle drei Adaptionen haben ihren Reiz.

Für welche Version sich der Leser entscheidet, hängt in erster Linie davon ab, wie gerne er oder sie liest. Kein Lesemuffel wird Freude an der Ullstein- oder Splitter-Version haben. Wem das die Knesebeck-Version zu sehr an einen Comic erinnert (was sie nicht ist), der greift besser zu den anderen beiden. Diese beiden unterschieden sich hauptsächlich durch den Zeichenstil und dadurch, dass die Ullstein-Version die Texte Eins-zu-Eins aus der Romanvorlage übernimmt.

Es bleibt die Qual der Wahl und ich hoffe, ich konnte die Entscheidung etwas erleichtern.

Mit einem Klick auf das jeweilige Cover gelangt ihr zu Rezension des jeweiligen Buchs.

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