[Drama] Stumme Fische

In die­sem Jugendbuch wer­den eini­ge Klischees ver­ar­bei­tet und für eine jun­ge Leserschaft ein wenig auf­be­rei­tet. Der sechs­zehn­jäh­ri­ge Joel ist ath­le­tisch und beim ande­ren Geschlecht sehr gefragt. Bis ihn ein Unfall beim Turnen aus dem Leben reißt und ihn quer­schnitts­ge­lähmt zurück­lässt. Anhand des nun auf einen Rollstuhl ange­wie­se­nen Jugendlichen zeigt die Autorin immer wie­der, dass es teil­wei­se sehr ernüch­ternd und zuwei­len demü­ti­gend ist, am gesell­schaft­li­chen Leben teil­zu­neh­men.

»Ein Mensch mit einer Behinderung war offen­sicht­lich für die meis­ten Leute unat­trak­tiv.« (bei 36% des eBooks)

Es ist lei­der so, dass behin­der­te Menschen im deut­schen öffent­li­chen Leben so gese­hen wer­den. Was oft­mals sei­ner­seits zur Folge hat, dass sich behin­der­te Menschen men­tal behin­dern. Joel kon­zen­triert sich auf Dinge, die er nicht machen kann. Das ist natür­lich auch wich­tig zu wis­sen, was nicht mög­lich ist, aber es fehlt der Weg zu den Dingen, die er machen kann.

Das Buch kon­zen­triert sich dar­auf, wie Joel den Weg zurück ins Leben fin­det und dabei immer wie­der auf Hindernisse stößt. Dabei ist mir auf­ge­fal­len, dass Smartphones bei die­sen Jugendlichen kaum kei­ne Rolle spie­len, und die Hauptfiguren eher nicht tech­nik­af­fin sind. Auch sind man­che Formulierungen kein »Jugendsprech«, was ich aber nur des­halb weiß, weil mei­ne Jungs mich manch­mal als Opa titu­lie­ren, weil ich alt­ba­cke­ne Begriffe ver­wen­de.

Die Autorin kon­zen­triert sich in die­sem Drama auf das gesell­schaft­li­che Leben und beschreibt nicht, wel­che wei­te­ren Folgen eine Querschnittslähmung hat (Probleme mit dem Verdauungstrakt, Schmerzen o.ä.). Schwer zu sagen, ob dies für ein Jugendbuch viel­leicht zu viel gewe­sen wäre, zumal sich das Buch mei­nes Erachtens auch eher an ein jün­ge­res Publikum rich­tet.

Persönliche Anmerkungen zum Buch

Es gibt Begrifflichkeiten, auf die behin­der­te Menschen ein wenig all­er­gisch reagie­ren, wie z.B. im fol­gen­den Satz:
»Sie war die Einzige, die nicht auf­grund eines Traumas an den Rollstuhl gefes­selt war, son­dern als Folge eines Tumors.« (bei 5% des eBooks)
Rollstuhlfahrer und ‑fah­re­rin­nen sind nicht an das Hilfsmittel gefes­selt, son­dern genie­ßen es, ihn als Freiheit brin­gen­den »Beinersatz«.

Auch im fol­gen­den Satz befin­det sich eine Formulierung, die Fußgänger bzw. Nicht-Betroffene auf den ers­ten Blick nicht sehen.
»Er war ein jun­ger Vater und stand trotz sei­ner schwe­ren Beeinträchtigung mitt­ler­wei­le wie­der im Erwerbsleben.« (bei 6% des eBooks)

Es ist das Wörtchen »trotz«, das Anlass zur Kritik bie­tet. Behinderte Menschen gehen nicht trotz ihrer Behinderung arbei­ten, son­dern bes­ten­falls mit ihrer Behinderung.

Im Buch wer­den vie­le Hindernisse auf­ge­zeigt, auf die ein Rollstuhlfahrer in Deutschland stößt. Das gilt für den ÖPNV (Öffentlichen Personennahverkehr), die Kultureinrichtung und sons­ti­ge Einrichtungen des öffent­li­chen Lebens. Was vie­le nicht auf dem Schirm haben, ist der Umstand, dass auch die meis­ten Freunde und Familienmitglieder nicht mehr besucht wer­den kön­nen, weil sie eben­falls nicht bar­rie­re­frei sind.

(Was nicht im Buch genannt ist, sind die wei­ter zie­hen­den Kreise, dass näm­lich auch vie­le Arztpraxen nicht bar­rie­re­frei sind, eben­so wie vie­le Kinderarztpraxen, was behin­der­te Eltern vor ein Problem stellt. Diese bekom­men dann auch Probleme in Kindergärten oder Grundschulen. Aber dies nur am Rande.)

Es mag am Großraum einer Großstadt zu lie­gen, aber dass eine the­ra­peu­ti­sche Reitgruppe Probleme hat, aus­rei­chend vie­le Reiter zu fin­den, ist dann doch sehr unwahr­schein­lich. Die Realität sieht eher so aus, dass es lan­ge Wartelisten gibt.

cover

Titel: Stumme Fische
Autor: Stahlenburg, Olivia
Genre: Drama
Seitenzahl: 180
Verlag: Elysion-Books

Herkunft: Deutschland
Jahr: 2025

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