[Sprachkapriolen Nr. 10] Entgendern nach Phettberg

Ist zum Gendern mitt­ler­wei­le nicht alles gesagt? Ja und nein, denn die Diskussion poppt immer wie­der mal auf. Bis dahin, dass alte Methoden aus­ge­gra­ben wer­den, so abstrus sie auch erschei­nen mögen. Und so gibt es ein Modell, das auf den öster­rei­chi­schen Aktionskünstler Hermes Phettberg zurück­geht und das der Sprachdidaktiker Thomas Kronschläger von der TU Braunschweig seit 2019 kon­se­quent über­nom­men hat.

Die Regeln: Anstelle der Doppelnennenung wird an den Wortstamm des Substantivs ein “Y” ange­han­gen. In der Mehrzahl hin­ter das “Y” ein “S”. Es gibt nur noch den Artikel “das”.

Hört sich zuerst unver­ständ­lich an, ein Beispiel macht aber deut­lich, wie es gemeint ist. Nehmen wir den Beispielsatz:

Terroristen töte­ten die Bewohner einer Stadt.

Ich habe ein etwas kras­ses Beispiel vor dem Hintergrund gewählt, dass Gender-Freunde nega­tiv behaf­te­te Wort nicht gen­dern. Dann wür­de es so hei­ßen:

Terroristen töte­ten die Bewohner*innen der Stadt.

Korrekt mit den Sternchen gegen­dert müss­te es aber hei­ßen:

Terrorist*innen töte­ten die Bewohner*innen der Stadt.

Nach der Phettberg-Methode hie­ße es dann:

Terroristys töte­ten die Bewohnerys der Stadt.

Auch schwie­ri­ge Nomen, wie z.B. die Ärzte und Ärztinnen, die mit einem Sternchen nicht gegen­dert wer­den kön­nen, wür­den ein­fach zu Ärztys wer­den, bzw. in der Einzahl das Arzty.

Ist das ein maka­bres Beispiel? Nein, im Grunde genom­men nicht, denn das Gendern fin­det auch in den Nachrichten statt und vor allem dort fällt auf, dass bestimm­te Gruppierungen nicht mit­ge­gen­dert wer­den, wie z.B. Terroristen, Mörder oder Triebtäter. Aber es sind vor allem die­se Gruppierungen, bei denen die Y‑Endung irgend­wie unpas­send klingt. Zudem gewinnt die deut­sche Sprache durch die deul­ti­che Erhöhung der Anzahl der Y einen ganz ande­ren Klang und einen voll­kom­men ande­ren Charakter. Zusätzlich hört sich die Y‑Endung in mei­nen Ohren etwas ver­nied­li­chend an. Nein, ich fin­de nicht, dass die­se Methode zukunfts­fä­hig ist und es wun­dert nicht, dass die­se Methode eher von Künstlern und Kabarettisten auf­ge­grif­fen wird.

Ja, die­se Methode wür­de die Diskussion um das Gendern behe­ben, aber vie­le ande­re Probleme auf­wer­fen. Zudem gibt es wei­ter­hin Worte, die umschifft wer­den müs­sen, damit das Deutsche end­gül­tig ohne dem gene­ri­schen Maskulin aus­kommt.

Mittlerweile gibt es zehn Beiträge zum Thema Gendern und ähn­li­ches, die ich auf mei­ner Sprachkapriolen-Seite zusam­men­ge­fasst habe.

7 Kommentare

  1. Hi Frank!

    Ahhh, das Gendern mal wie­der ^^ Also die­se Lösung fin­de ich abso­lut schreck­lich!
    Dieses y hin­ten wie ein i, das ver­kind­licht irgend­wie alles, das klingt als wür­de ich Kosenamen ver­ge­ben wie “Schatzi”, “Mausi” oder sowas ähn­li­ches.. wie du schon schreibst, das fühlt sich wie eine Verniedlichung an.

    Liebste Grüße, Aleshanee

  2. Ahhh, jetzt die nicht ganz ernst­ge­mein­te prä­fe­rier­te Gendermethode mei­nes Mannes. Ich bin das Thema lang­sam leid, es gibt wich­ti­ge­res zur Diskussion, möge doch jede/r gen­dern wie es mag, wenn’s mir passt gen­de­re ich, den­ke durch­aus dass es nicht reicht Frauen sprach­lich immer nur mit­zum­einen, aber das ist ein Entwicklungsprozeß, der sprach­lich manch­mal müh­se­lig und nicht immer schön ist. Phettberg hat was, lässt mich zumin­dest schmun­zeln, ist aber genau­so blö­de wie die Pünktchenpause, dann lie­ber SprachentwicklerInnen und Männer sind freund­lich mit­ge­meint. Das hal­ten die doch aus, nach all den Jahren in denen es anders­rum war. Immerhin ist die geschlecht­li­che Buchstabenfolge des mas­ku­li­nums dabei ent­hal­ten.
    Gendern oder nicht Gendern, das ist doch 2022 kei­ne Frage mehr, jede/r wie es mag 😉

    1. Schön wärs, wenn das kein Thema mehr wäre. Aber lei­der ent­wach­sen die­sen Genderdiskussion immer wie­der merk­wür­di­ge Stilblüten, bis dahin, dass an Unis oder Behörden teil­wei­se die Mitarbeiter dazu genö­tigt wer­den, mit einem Sternchen zu gen­dern. Das gan­ze ein­fach umzu­keh­ren und ein gene­ri­sches Femininum ein­zu­füh­ren, ist dann viel­leicht auch nicht das Gelbe vom Ei. Ist viel­leicht ein wenig wie die Zeitumstellung. Irgendwer wird immer wie­der aufs Neue anders­ar­ti­ge Ideen ent­wi­ckeln und ver­su­chen, sie unters Volk zu mischen 😀

  3. Die Nazis (oder Nazys)
    war auch für mich erst­mal ver­nied­li­chend. Aber durch die Macht der Gewohnheit, bleibt es äußerst nega­tiv kon­no­tiert.

    Gut, es ist eine Abkürzung. Zeigt den­noch, y oder ys Endungen sind kei­nes­wegs immer ver­nied­li­chend.
    Anderes Beispiel das Handy und die Handys.

    Dass das gene­ri­sche Maskulinum im all­täg­li­chen Gebrauch nicht funk­tio­niert, wis­sen wir alle.
    Daher wird ein gene­ri­sches Femininum auch nicht fun­zen.

    Und unprak­tisch wirds auch noch. Die SchülerInnensprächerInnenstellverterIn, um ein Beispiel zu nen­nen.

    Zudem gibt es anschei­nend mehr als zwei Geschlechter.
    Die wol­len mit der Sternchen Form ange­spro­chen wer­den.

    Sei’s drum. Ich emp­fin­de das Entgendern nach Phettberg sehr ange­nehm. Kaum muss ich mir Gedanken machen, wann gen­dern jetzt ange­bracht wäre.

    Ich sehe zB kei­nen Unterschied zw. weib­li­che Kollegen oder männ­li­che. Warum muss ich aber sprach­lich einen machen? Mit Kollegy und Kollegys hat sich das end­lich erle­digt.

    1. Danke! Genau die­se Argumente woll­te ich auch gera­de vor­brin­gen, aber Sie haben mir bereits die Worte aus dem Mund genom­men. Im obi­gen Text heißt es als Fazit: “Ja, die­se Methode wür­de die Diskussion um das Gendern behe­ben, aber vie­le ande­re Probleme auf­wer­fen.” Da fra­ge ich mich, wel­che Probleme das sein sol­len. Das ein­zi­ge genann­te “Problem” ist die Umgewöhnung; die­ses Scheinargument kann man natür­lich immer brin­gen, wenn einem kei­ne stich­hal­ti­gen Gegenargumente ein­fal­len.

      1. Naja, das Hauptargument ist, dass nie­mand jemand ande­rem vor­schrei­ben kann, was rich­tig und was falsch ist. Auch wenn jetzt der Duden oder der “Rat für deut­sche Rechtschreibung” die Phettberg-Methode ein­führt, wird es einen ähn­li­chen Wildwuchs wie bei der Rechtschreibreform geben. Es ist ja noch immer so, dass es für das Deutsche kei­ne rechts­ver­bind­li­chen Regeln gibt. Und wie gut es funk­tio­niert, ein künst­lich erzeug­tes Wort ein­füh­ren zu wol­len, zeigt das Wort “sitt”.

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