[Fantasy] Die Legende von Sleepy Hollow

„Die Legende von Sleepy Hollow“ hieß auf Deutsch „Die Sage von der schläfrigen Schlucht“ (wer auch immer diesen Titel erfunden hat, denn übersetzt wurde er ja nicht). Ursprünglich wurde diese Erzählung 1820 von Washington Irving als Teil eines Sammelbands veröffentlicht. Angeblich geht die Geschichte von dem Reiter ohne Kopf auf das deutsche Märchen „Rübezahl“ zurück, aber das ist eine andere Geschichte. Ich erzähle deswegen so ausführlich von der Vorlage, weil ich zum einen glaube, dass viele Leser diese gar nicht kennen und zum anderen, weil sich Christina Henry für ihren Roman sehr dicht an dieser orientiert.

Es gibt den Lehrer Ichabod Crane, der ein Auge auf Katrina van Tassel wirft, die aber auch schon in der Gunst von Abraham van Brunt, genannt „Brom Bones“ steht. Auf dieser Basis schafft Christina Henry ihr ganz eigenes verschlafenes Dörfchen Sleppy Hollow, in dem die Menschen deutlich abergläubiger sind als anderswo in den USA. Und platziert zusätzlich die Hauptfigur Bente „Ben“ Van Brunt, ein 14-Jähriger oder eine 14-Jährige. Sie ist biologisch gesehen die Enkelin von Brom und Katrina und befindet sich in einem Coming-In-Prozess. Im Gegensatz zu einem Coming-Out handelt es sich um einen längeren Prozess, in dem sich die Betroffenen über sich selbst und ihrer eigenen Identität im Klaren werden (wollen oder müssen). Und dieser Findungsprozess nimmt einen vergleichsweise großen Raum in dem Buch ein. Dass dieses Coming-In nicht bei jedem auf Gegenliebe stößt, merkt man an den Kritiken, die dies ankreiden.

Darüber hinaus packt Henry aber auch eine gehörige Portion Grusel-Faktor und ein bisschen Übersinnliches in dieses Buch, so dass es zwar (in meinen Augen) nicht direkt ein Horror-Buch ist, aber doch hier und da ein paar „spuckige“ Momente enthält. Also genau richtig für Halloween.

In diesem Zusammenhang kann ich es mir nicht erklären, weshalb manche dieses Buch als Jugendbuch anpreisen. Abgetrennte Hände und Köpfe sind in meinen Augen dann doch etwas zu heftig, vor allem weil Henry dies an der ein oder anderen Stelle gern etwas ausführlicher beschreibt. Es wird zwar kein Gemetzel beschrieben aber hier und da doch das ein oder andere zu detailliert für zart beseelte Menschen.

Fazit

Christina Henry hat wieder mal bewiesen, dass sie ein gutes Händchen dafür hat, bekannten Geschichten bzw. Erzählungen den eigenen Anstrich zu verleihen, so dass am Ende eine ganz eigene Kreation entstanden ist, die aber dennoch noch den Geist des Originals in sich trägt. Trotz aller Kritik habe ich Gefallen an diesem Buch gefunden und empfehle es gern weiter, so lange sich niemand an den Gedankengängen von „Ben Bente“ im Zuge ihres Coming-Ins stört.

achtung explizite gewaltdarstellung
⚠️Achtung⚠️Dieses Buch enthält explizite Beschreibungen von Sex und Gewalt und ist somit nicht für minderjährige oder zart besaitete Leser geeignet.
sleepy hollow

Titel: Die Legende von Sleepy Hollow – Im Bann des kopflosen Reiters
Autor: Henry, Christina
Genre: Fantasy
Seitenzahl: 400
Verlag: Penhaligon Verlag

5/5

Originaltitel: Horseman
Übersetzer: Sigrun Zühlke
Herkunft: USA
Jahr: 2021 / 2022 (org./dt.)

Die bisherigen Bücher von Christina Henry sind als “Die dunklen Chroniken”  veröffentlicht worden. Alle sechs Bände habe ich ebenfalls auf meinem Blog vorgestellt. Die ersten beiden Alice-Bücher (Finsternis im Wunderland und Die schwarze Königin) gehören zusammen und erzählen eine fortlaufende Geschichte. Der erste Band war ein (sehr blutiges und brutales) Highlight, während die Autorin in Band 2 sehr viel Tempo aus der Geschichte genommen hat. Leider. Das dritte Alice-Buch Dunkelheit im Spiegelland enthält vier Kurzgeschichten, die all jenen gefallen könnten, denen der zweite Band nicht zu ruhig erzählt wurde. Das vierte Buch ist eine Eigeninterpretation der Peter-Pan-Geschichte, in der die Autorin den Leser einen vollkommen anderen Blick ins Nimmerland werfen lässt. 

Die Chroniken der Meerjungfrau” ist im Gegensatz zu den anderen Büchern der Reihe ein Drama – das kam überraschend, aber es ist dennoch gut geschrieben und lesenswert. “Rotkäppchen” war dann schlussendlich eine Dystopie und hat mit dem Original-Märchen wenig zu tun. Deswegen war ich etwas überrascht, dass sie sich bei Sleepy Hollow so nah an der Vorlage bewegt hat.

Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren finden sich im Bereich “Über diesen Blog“.

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9 Kommentare

  1. Hallo Büchernarr,
    oh, dass Buch hört sich sehr interessant an. Eigentlich habe ich gleich an den Film mit johnny Depp gedacht, einer meiner Lieblingsfilme.
    Ich denke, dieses Buch wird auf meine Wunschliste kommen.
    Danke fürs Vorstellen
    Liebe Grüße
    Anja vom kleinen Bücherzimmer

    1. Hallo Anja,

      da hast Du auch korrekt gedacht, denn auch die Johnny-Depp-Verfilmung adaptiert die Geschichte – auch auf seine eigene Art und Weise und in der Tat sehr gelungen. Zumindest ähneln sich die Adaptionen 😉
      Viele Grüße
      Frank

  2. Hi Frank,

    ich hab ja bisher nur den ersten Alice Band gelesen. Der hatte mir eigentlich recht gut gefallen, aber bis Band 2 dann rauskam, hatte ich irgendwie keine Lust mehr …
    Jetzt, auf die neuen Einzelbände, bin ich echt schon sehr gespannt. Ich hab schon so viel unterschiedliches darüber gehört, da muss ich sie einfach ausprobieren. Auch die ausgesuchen Märchen/Mythen mag ich sehr!
    Das neue scheint ja echt super zu sein 😀

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Hi Aleshanee,
      das stimmt, dass die Bücher geteilte Meinungen hervorbringen. Und es ist ja auch nicht alles gleich Horror 🙂 Ja, vielleicht testest Du tatsächlich mal das ein oder andere Buch aus, um zu schauen, ob sie Dir zusagen.

      Viele Grüße
      Frank

      1. Rotkäppchen hab ich ja immerhin schon auf dem SuB – ich bin mittlerweile auf jeden Fall neugierig und erwarte, dass es mir gefällt 😀

  3. Hallo Frank,

    aktuell bin ich über Alice und Peter Pan noch nicht hinaus gekommen, aber ich arbeite dran. 😀 Bis auf Sleepy Hollow liegen die Bücher schon am SuB bereit. Mir scheint, dass dieses hier wieder ein Highlight werden könnte. Ich habe vor Jahren die Originalgeschichte gelesen, die war extrem langweiligt. 😀 Aber ich denke mal, dass Christina Henry schon einiges herausholen konnte.

    Liebe Grüße
    Nicole

    1. Hi Nicole,
      naja, das Original wurde ja auch vor 200 Jahren geschrieben und solch alten Texte muss man schon mögen. Und ja, ich finde, dass Christina Henry einiges an Gefühl für die Sprache hat und ein wirklich gutes Buch entstanden ist (auch wenn ich schon anderes gelesen habe).
      Viele Grüße
      Frank

      1. Hallo Frank,
        einerseits hast du recht – mit den Jahren wirkt oft der Erzählstil verstaubt, trotzdem habe ich schon einige Male die Erfahrung gemacht, dass Klassiker oft fesselnd geschrieben sind. Beim Original hat mich gar nicht der Schreibstil gestört, sondern ich fand die Geschichte extrem langweilig. Jedenfalls schön, dass Christina Henry etwas Gutes daraus gemacht hat.
        Liebe Grüße und schönen Abend
        Nicole

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