In Gallant wird die Geschichte von Olivia Prior erzählt. Einem Mädchen, das in einer Welt lebt, die bis zum Ende von mir nicht 100%-ig zuzuordnen ist. Was aber auch nicht wichtig ist, denn sie ist auf ihre eigene Weise zeitlos. V. E. Schwab lässt sich viel Zeit, zuerst Olivias Schicksal dem Leser näherzubringen. Es scheint ein verbrauchtes Szenario zu sein, dass es sich bei ihr um ein Waisenmädchen handelt, das scheinbar zufällig in das Zuhause ihres Onkels eingeladen wird. Denn schnell wird klar, dass mit dieser Einladung etwas nicht in Ordnung ist, denn sie wird nicht mit offenen Armen empfangen. Ein Satz auf Seite 68 fasst dies sehr gut zusammen:
Ein Tag, der mit Kartoffelschälen in Merilance begann und hier endet, in einem Haus ohne Onkel, dafür mit einem Jungen, der sie nicht haben will, in einer Wanne voller Lavendelseife.
Und obwohl sich erst sehr langsam aufdeckt, was hinter dem Geheimnis steckt (bei 40% das eBooks bzw. auf Seite 125 irrt der Leser noch immer ebenso ahnungslos durch die Geschichte wie die Hauptfigur), wird es nie langweilig. Der Schreibstil ist sehr ansprechend und interessant, wodurch die Erzählung ihren ganz eigenen Touch erhält. Zusätzlich werden kleine inhaltliche Brocken gestreut, die den Leser immer näher an das Geheimnis heranführen.
Irgendwann kam der Zeitpunkt, zu dem ich dachte, wie klassisch dämlich die Geschichte doch ist. Die Hauptfiguren reden nicht miteinander, unsere Protagonistin tappte ins Fettnäpfchen und es schien ein Desaster entstanden. Bis die Autorin genau diesen Aspekt aufgreift und als bewussten Anker nutzt, um endlich das Geheimnis zu lüften, das ich logischerweise hier nicht preisgeben werde. So viel verrate ich aber dann doch noch, als dass das meiste zufriedenstellend geklärt wird und der Rest im Kopf des Lesers zusammengefügt werden kann.
Welchem Genre dieses Buch wohl zugehört? Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Es ist ein Fantasyroman (vielleicht am ehesten Urban-Fantasy) mit gruseligem Einschlag und einigen wenigen Coming-of-Age-Elementen. In Summe also ein Genremix. Die Hauptfigur kann Geister sehen, die sie als Ghule bezeichnet, wobei bis zum Ende nicht ganz klar ist, ob andere Menschen dies ebenfalls können. Wie eingangs geschrieben, ist der Roman zeitlos und funktioniert bei den Anfängen der Industrialisierung ebenso wie zur heutigen Zeit.
Fazit
In der Danksagung gibt V. E. Schwab den interessanten Gedanken preis, dass Gallant ein Werk ihrer Liebe und Geduld ist und dass sie das Buch mit dem Luxus schreiben dürfte, dass sie keinem Abgabetermin hinterhereilen musste. Ich konnte auf jeden Fall feststellen, dass der Roman sehr packend geschrieben wurde, auch wenn mich die Autorin immer wieder an der kurzen Leine hielt. Es dauerte etwas, bis ich wusste, was es mit Gallant auf sich hatte. Aber dennoch wurde es nie langweilig. Deshalb gibt es von mir eine Leseempfehlung.
Titel: Gallant
Autor: Schwab, V.E.
Illustrator: Šumberac, Manuel
Genre: Fantasy
Seitenzahl: 352
Verlag: Fischer TOR
Originaltitel: Gallant
Übersetzer: Sara Riffel und Petra Huber
Herkunft: USA
Jahr: 2022 / 2023 (org./dt.)
Dieses Buch wurde mir über die Plattform Netgalley als E-Book zur Verfügung gestellt. NetGalley gibt keinerlei Vorgaben über die Art und Weise, wie Bücher bewertet oder vorgestellt werden. Mehr Infos dazu auf der Seite “Über diesen Blog“.
Die Verweise zu Amazon sind mit Affiliate-Links versehen. Das heißt, dass mit einem Kauf über einen dieser Links, ich von Amazon eine kleine Provision erhalte. Auf den Preis hat das keine Auswirkung.
Werbung
Der Büchernarr schreibt hauptsächlich über Bücher aus den Genres Fantasy und Horror. Manchmal schleichen sich Bücher anderer Genres in diesen Buchblog ein, so dass hier auch Biografien, historische Romane oder Kinderbücher zu finden sind.
Hi Frank!
Das freut mich jetzt wirklich sehr dass dir diese Geschichte auch so gut gefallen hat!
Viele fanden es ja zu zäh, kamen mit dem Schreibstil nicht klar oder mit den (einigen wenigen) losen Fäden am Ende… aber gerade dieses langsame Eintauchen, das Zeit lassen, der wunderschöne Stil mit dieser grandiosen Atmosphäre, das fand ich einfach großartig zu lesen!
Dass am Ende manches offen bleibt oder eben nicht bis ins Detail erklärt wird störte mich gar nicht. Bei manchen Geschichten braucht es das einfach nicht und das war für mich hier so.
Das Genre *lach* diese Zuordnungen sind ja mittlerweile echt schwierig geworden 😀 Für mich ist es eine historischer Fantasy/Mystery Mix. Durch die Zustände im Waisenhaus und die ganze Atmosphäre in Gallant hab ich es für mich schon eher irgendwo in der Vergangenheit zugeordnet.
Liebste Grüße, Aleshanee
Hi Aleshanee,
ja, grundsätzlich habe ich den Roman vom Gefühl her auch in der Vergangenheit gespürt. Es hätte sogar irgendwie besser gepasst, wenn Olivia mit einer Kutsche und nicht einem Auto abgeholt worden wäre. Dann wäre die Zuordnung noch schwieriger geworden.
Tatsächlich fand ich so manche Formulierung von Schwab etwas zu blumig, aber als störend habe ich das nie empfunden. Ich kann aber nachvollziehen, dass so mancher Leser zu wenig Action und zu viel Beschreibung vorfand. Aber ich kenne ja mittlerweile Deinen Geschmack und weiß, dass das für Dich auch passt. Ich bin gespannt, wie Du das Buch vorstellst 🙂
Herzliche Grüße
Frank
Das hab ich schon rezensiert gehabt 🙂
https://blog4aleshanee.blogspot.com/2023/03/gallant.html
Aargs, stimmt, jetzt, wo Du es sagst 🙂 Aber das ist ja schon zwei Monate her und ich muss gestehen, dass ich mir lange Zeit nicht sicher war, ob ich es lese, weshalb ich viele Rezensionen gelesen habe. Also siehe es mir bitte nach, dass ich die Deine nicht mehr zuordnen konnte 😉
Ich kann mir das auch nicht merken… ich schau auf so viele Blogs und lese da so viele Rezensionen, da weiß ich auch nicht mehr, wann ich genau wo war, oder wo ich was bestimmtes gesehen hab 😉 Manchmal bleibt es zwar hängen, aber da verliert man auch schon mal den Überblick…