[Gastbeitrag] Der Hüter – Who’s in my Book?

hueterIn dem Debutroman “Der Hüter: Stadt der Tiefe” von Jasmin Jülicher kom­men eini­ge Personen vor, die 1888 tat­säch­lich gelebt haben. In die­sem Gastbeitrag zeigt Jasmin, wie die Persönlichkeiten in unse­rer Welt auf­ge­tre­ten sind und wel­che Rolle sie in ihrem Roman spie­len.

Eine über­aus inter­es­san­te Idee, einen Spannungsbogen in der Geschichte auf­zu­bau­en, denn die Leser haben durch ihre eige­ne Vorbildung jeweils gänz­lich ande­re Vorstellungen von den Personen. Folgende Bilder und die Texte stam­men alle von der Autorin selbst. 

 

Nicola Tesla

hueter Nicola Tesla

 

Einer der Charaktere im Buch ist Nicola Tesla.
1888 war Tesla 32 Jahre alt.
1887 hat er als Teilhaber die Tesla Electric Company gegrün­det, die bis 1888 sie­ben Patente anmel­de­te, z.B. US-Patent Nr 381.968, die ers­te Zweiphasen-Synchronmaschine.

In mei­nem Roman gelangt er mit unge­fähr zehn Jahren nach Biota, wo er spä­ter zu einem her­aus­ra­gen­den Wissenschaftler und Ratsmitglied auf­steigt und drei eige­ne Läden im “Delectarium” unter­hält.

Die Angewohnheit, Lederhandschuhe und Krawatten nach kur­zer Tragezeit weg­zu­wer­fen, ist kei­ne mei­ner Erfindungen, son­dern war tat­säch­lich eine von Teslas Angewohnheiten. Auch der Kontakt zu J.P. Morgan, den Tesla in “Stadt der Tiefe” pflegt, war in Wirklichkeit vor­han­den, wenn auch ein klein wenig spä­ter als 1888 1f609

 

Cornelius Vanderbilt

hueter Cornelius Vanderbilt

Cornelius Vanderbilt wur­de 1794 gebo­ren und war einer der reichs­ten Unternehmer der Vereinigten Staaten.

Den Grundstein sei­nes Vermögens leg­te er nach Jahren als Schiffskapitän mit der Gründung sei­ner eige­nen Dampfschiffgesellschaft im Jahr 1829, die in den 50er Jahre über hun­dert Schiffe umfass­te.
Im Bürgerkrieg bot er der Marine sein Flaggschiff an, das mit Geschützen aus­ge­rüs­tet, Schiffe der Konföderierten abfan­gen soll­te. Für unter ande­rem die­se Unterstützung erhielt er eine Goldmedaille und den Beinamen “Commodore”.
Nach dem Krieg inves­tier­te er in den Ausbau des Eisenbahnnetzes.

Dass Geschäfte in einem sol­chen Umfang auch eini­ges an Rücksichtslosigkeit vor­aus­set­zen, zeigt wohl der fol­gen­de Brief von ihm an zwei sei­ner Konkurrenten:

“Gentlemen: You have under­ta­ken to cheat me. I won’t sue you, for the law is too slow. I’ll ruin you.
Yours tru­ly, Cornelius Vanderbilt.”

Und nur so neben­bei:

- Vanderbilt hat­te zwölf Kinder und nach dem Tod sei­ner ers­ten Frau hei­ra­te­te mit 73 Jahren eine 45 Jahre jün­ge­re ent­fern­te Cousine
– Am Ende sei­nes Lebens besaß Vanderbilt in heu­ti­ge Kaufkraft umge­rech­net unge­fähr 150 Mrd US-Dollar

In “Stadt der Tiefe” inves­tier­te Vanderbilt nach Gewinnen mit Dampfschiffen in die neu­ar­ti­ge Technologie der Golems, die sein Vermögen noch wei­ter wach­sen ließ. Nach dem Großen Krieg ließ er die Stadt Biota auf dem Grund des Atlantiks erbau­en.

 

John Pierpont Morgan

hueter JP Morgan

John Pierpont Morgan wur­de 1837 gebo­ren und war der ein­fluss­reichs­te Privatbankier sei­ner Zeit.

1871 war er Mitbegründer des Bankhauses “Drexel, Morgan & Co”. Danach hat­te er bei eini­gen kost­spie­li­gen Dingen sei­ne Finger im Spiel, so bei­spiels­wei­se bei der Finanzierung der Reorganisierung der Eisenbahn nach der gro­ßen Eisenbahnkrise, der Schaffung der “United States Steel Corp.” (Für die­se Fusion bean­spruch­te er 150 Millionen Dollar für sich als Verhandlungsgebühr :O ). Danach inves­tier­te er in die auf­stre­ben­de Automobilindustrie (in den Vorgänger der Chrysler Corporation).

Eisenbahn, Schifffahrt, Automobile, Telekommunikation, Elektroindustrie, Bankenwesen … Bis zu sei­nem Tod hat­te Morgan sein Netz sehr weit gespon­nen. Nach den zwei Börsenkrisen 1895 und 1907 kauf­te er als Anführer einer Investorengruppe Staatsanleihen und ret­te­te so die USA vor dem Staatsbankrott (und ver­kauf­te die Anleihen anschlie­ßend gewinn­brin­gend 😉 ).

Morgan leb­te eher zurück­ge­zo­gen in New York, wo er sich unter ande­rem eine rie­si­ge Privatbibliothek im Renaissance-Stil bau­en ließ. Die Bibliothek ist heu­te der Öffentlichkeit zugäng­lich.

Kurioses:

  • Morgan über­nahm das Ticket eines Bekannten für die Jungfernfahrt der Titanic, konn­te jedoch auf­grund von Geschäftsterminen nicht teil­neh­men
  • Das Mineral “Morganit” wur­de nach ihm benannt (Im American Museum of Natural History gibt es übri­gens auch die “Morgan Memorial Hall of Gems”)

In “Stadt der Tiefe” ist er eben­falls ein ein­fluss­rei­cher Investor, der unter ande­rem die Projekte von Nicola Tesla unter­stützt.

 

Thomas Hunt-Morgan

hueter Thomas Hunt Morgan

 

1888 war Morgan 22 Jahre alt und schloss im glei­chen Jahr das Studium der Biologie an der University of Kentucky ab.

Er begann, sich für die Vererbungslehre zu inter­es­sie­ren, und unter­nahm Versuche mit Taufliegen (Drosophilidae), bei denen er irgend­wann ein männ­li­ches Exemplar mit wei­ßen Augen zwi­schen all den rot­äu­gi­gen ent­deck­te (1910). Er kreuz­te die­ses Exemplar mit einem rot­äu­gi­gen Weibchen. In der Tochtergeneration gab es nur Fliegen mit roten Augen, wor­aus Morgan schloss, dass das Gen für die wei­ßen Augen rezes­siv ver­erbt wird.
Bei Kreuzung der Tochtergeneration unter­ein­an­der ent­stan­den zur Hälfte männ­li­che Fliegen mit wei­ßen Augen, wor­aus er wie­der­um schloss, dass das rezes­si­ve Gen für die wei­ßen Augen auf dem X‑Chromosom liegt.
Später unter­such­te er dann, wie die Gene auf den Chromosomen ange­ord­net sind.
1933 erhielt er den Nobelpreis für Medizin.

Roman:
Als Morgan nach Biota kommt, ist er zwei Jahre alt und steigt im Laufe sei­nes Lebens rasch in den Rängen der Wissenschaftler auf, bis er schließ­lich mit 22 zum Obersten Rerum natu­ra­lis, also zum Leiter der Stadt gewählt wird (Und macht sei­ne Entdeckung ein klein wenig rascher, als er es tat­säch­lich getan hat 😉 ).

 

Arthur Ignatius Conan Doyle

hueter Arthur Conan Doyle

Nun geht es nach Großbritannien zu Arthur Ignatius Conan Doyle.

Doyle wur­de 1859 gebo­ren und war dem­nach 1888 29 Jahre alt.
Doyle stu­dier­te Medizin und lern­te dabei den Chirurgen Joseph Bell ken­nen, der zum einen als Begründer der Forensik gilt, und der zum ande­ren von der Polizei als Hilfe hin­zu­ge­zo­gen wur­de, als “Jack the Ripper” sein vier­tes Opfer getö­tet hat­te.

Nach sei­nem Studium fuhr er zunächst als Schiffsarzt in die Arktis und nach Westafrika. Danach grün­de­te er sei­ne eige­ne Arztpraxis und begann zu schrei­ben, ver­fass­te sei­nen ers­ten Roman jedoch erst 1883. Dieser wur­de erst 2011 ver­öf­fent­licht. Seine ers­te Veröffentlichung fei­er­te er 1887 mit “A Study in Scarlet”. In die­sem Roman hat­ten die Figuren Dr. Watson und Sherlock Holmes erst­mals ihren Auftritt. Dabei dien­te Doyle selbst als Vorbild für Watson, wäh­rend Holmes Charakterzüge von Doyles frü­he­rem Lehrer Joseph Bell erhielt.

1893 beschloss er, das Schreiben von Sherlock Holmes’ Geschichten ein­zu­stel­len, da sie ihm nicht genug Zeit für ande­re Erzählungen lie­ßen, und stürz­te Holmes in “The final Problem” in den Tod. Seine fol­gen­den his­to­ri­schen Romane hat­ten aller­dings nicht so viel Erfolg.

Auf einer Reise traf Doyle um 1900 Fletcher Robinson, der ursprüng­lich aus Dartmoor stamm­te und ihm von den Legenden und Gruselgeschichten sei­ner Heimat erzähl­te, unter ande­rem eine über einen Geisterhund. Doyle woll­te eine Erzählung dar­über schrei­ben, merk­te jedoch, dass er dafür auch eine Ermittlerperson brauch­te und brach­te Sherlock Holmes zurück. Daraus ent­stand der Roman “The Hound of the Baskervilles”.

1912 ver­öf­fent­lich­te er “Die ver­ges­se­ne Welt”, nach den Holmes-Romanen sein größ­ter Erfolg.

Nach dem ers­ten Weltkrieg, wand­te Doyle sich dem Spiritismus zu, glaub­te an die Echtheit von Medien und Séancen.

Er starb 1930 an den Folgen eines Herzinfarkts.

Trivia:

  • Der Doyle-Gletscher in der Arktis ist nach ihm benannt
  • Doyle spiel­te unter ande­rem Fußball, Golf und Cricket und wur­de teil­wei­se auch als pro­fes­sio­nel­ler Spieler ein­ge­setzt
  • Für sei­ne Propagandatätigkeit im zwei­ten Burenkrieg in Südafrika erhielt er den Ehrentitel “Sir” Arthur Conan Doyle

In “Stadt der Tiefe” ver­öf­fent­licht Doyle eben­falls “A Study in Scarlet”, und wird von Alexander gesucht, der auf sei­ne Hilfe beim Mordfall hofft. Allerdings ist Doyle ver­schwun­den.

 

Jack the Ripper

JackZwischen dem 31.08. und dem 09.11.1888 kam es in dem eng­li­schen Stadtteil Whitechapel zu einer Mordserie, deren fünf Morde auch als die “kano­ni­schen Fünf” bezeich­net wer­den.

Die Opfer waren:

31.08.: Mary Ann Nichols
08.09.: Annie Chapman
30.09.: Elizabeth Stride > nicht ver­stüm­melt, da der Täter ver­mut­lich gestört wor­den war.
30.09.: Catherine Eddows
09.11.: Mary Jane Kelly

Die Morde wur­den, trotz eini­ger ähn­li­cher Morde zu der Zeit, alle­samt der glei­chen Person zuge­ord­net. Das Vorgehen, den Opfern die Kehle durch­zu­schnei­den und ihren Körper zu ver­stüm­meln, war stets gleich, doch die Gewalt stei­ger­te sich mit jedem Mord.

Forscher strei­ten sich dar­über, ob die­se fünf Frauen die ein­zi­gen Opfer des Täters gewe­sen sind, oder ob ihm spä­te­re Gewalttaten eben­falls ange­rech­net wer­den kön­nen. Viele glau­ben, er sei nach dem letz­ten Mord gestor­ben oder in Haft gekom­men, so dass er sein blu­ti­ges Treiben nicht wei­ter fort­set­zen konn­te.

Während zunächst das Polizeirevier Whitechapel ermit­tel­te, wur­den zunächst Inspektoren vom Metropolitan Police Service hin­zu­ge­zo­gen, dann die City of London Police, dann grün­de­ten die Bürger selbst das Whitechapel Vigilance Committee.

Im Fokus der Ermittler stan­den damals Chirurgen, Schlachter und Ärzte.

Nach dem Doppelereignis der Morde an Stride und Eddows wur­de ein Graffito an einer Wand ent­deckt, vor der ein Teil der blu­ti­gen Schürze von Eddows gefun­den wur­de. Der Inhalt war ver­mut­lich fol­gen­des: “The Juwes are the men that will not be bla­med for not­hing”, was dazu führ­te, dass man den Täter in der jüdi­schen Bevölkerung ver­mu­te­te.

Es gab eini­ge Verdächtige, dar­un­ter auch Francis Tumblety, einen Arzt, der in “Stadt der Tiefe” eine eige­ne Arztpraxis betreibt.

Während den Ermittlungen gin­gen bei der Polizei hun­der­te Bekenner-Briefe ein. Die meis­ten wur­den als Fälschungen ent­tarnt, bei drei Schreiben geht man aller­dings davon aus, dass sie echt sind. Sie sind unter den Namen “Dear Boss”, “From Hell” und “Saucy Jack” bekannt. (Den “Dear Boss”- Brief seht ihr auf dem Bild, die Postkarte ist das “Saucy Jack”-Schreiben). Im “Dear Boss”-Brief benutzt der Schreiber selbst den Namen “Jack the Ripper”, der Name, unter dem der Mörder bis heu­te bekannt ist (ande­re Namen sind “Whitechapel Murderer” oder “Leather Apron”).

Trivia:

  • Da es Fotos der Mordopfer gibt, sind die Morde in mei­nem Roman so genau wie mög­lich beschrie­ben (mit eini­gen künst­le­ri­schen Ausnahmen)
  • Die Briefe im Roman ent­spre­chen den ech­ten, aller­dings umge­münzt auf das Leben in Biota
  • Auch das Graffito wird in “Stadt der Tiefe” ent­deckt, aller­dings mit ande­rem Inhalt, da es so etwas wie Religion in Biota nicht gibt
  • 2016 gab es im ZDF eine Sendung über Jack the Ripper, in der ein neu­er Verdächtiger in den Mordfällen über­prüft wur­de

 

Auf die­sem Blog fin­det sich neben der Rezension zum Buch auch ein Interview mit Jasmin Jülicher.
Wer mehr über Jasmin, ihre Buchprojekte und Pseudonyme erfah­ren möch­te, kann ihr auf Facebook und Instagram einen Besuch abstat­ten.

 


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