Da braucht es den französischen Autor Philippe Collin, um ein Stück deutscher Geschichte als Graphic Novel präsentiert zu bekommen. Die fiktive Geschichte rund um zwei Brüder, die als Kriegswaisen den zweiten Weltkrieg überleben, wird in das historische Länderspiel der deutsch-deutschen Fußballer während der Weltmeisterschaft von 1974 eingebettet.
Mit Fokus auf …
So beginnt die Erzählung dann auch in den Kriegswirren und springt dann schnell im Leben der Brüder voran. Gut gewählt, dass die beiden im Osten des Landes verbleiben, von der Stasi entdeckt und anschließend “großgezogen” wurden. Durch diesen Fokus wird ein Großteil der Geschichte dann auch eher von den Geschehnissen vor dem berühmten Spiel geprägt. Dafür greift der Autor wieder geschickt in die Erzählkiste und verortet einen der Brüder als Spitzel kurzerhand in den Westen. (Dort wird er kurzerhand zum Physiotherapeuten ernannt, woran sich die Fiktion erkennen lässt, denn diese Position hatte bekanntlich Adolf Katzenmeier inne.)
Von da an werden beiden Seiten (also Ost wie West) beleuchtet. Und es ist schon ein herrliches Gefühl zu sehen, wie plötzlich wieder Fußballgrößen wie Paul Breitner, Berti Vogts oder Franz Beckenbauer präsent werden. Was aber nur möglich ist, weil die Zeichnungen einfach umwerfend sind. Sie geben nicht nur ausdrucksstarke Personen wieder, sondern die bekannten Persönlichkeiten sind alle durch die Bank zu erkennen.
Gleichzeitig wird mit einer geschickten Farbwahl dafür gesorgt, dass der Leser immer weiß, wann die Szenerie wechselt, was durchaus fließend passieren kann. Dadurch lässt sich der Leser sehr gut durch die Novel treiben.
Ganz zum Schluss findet sich ein kleiner Abriss der deutschen Geschichte nach dem zweiten Weltkrieg und zum dem Fußballduell. Allerdings merkt man den Texten sehr deutlich an, dass sie nicht von einem Deutschen verfasst wurden, denn viele Selbstverständlichkeiten werden erläutert. Dennoch eine gute Zusammenfassung.
Fazit
Eine faszinierende Geschichte, die hier um das erste und einzige Aufeinandertreffen der beiden deutschen Nationalmannschaften gesponnen wurde. Die Verzahnung der beiden Erzählstränge (der Aufstieg der beiden Brüder und das Fußballspiel) ist sehr gelungen und erstaunlich wertfrei. Demnach kann ich dieser Graphic Novel nur eine Empfehlung aussprechen.
In den historischen Beschreibungen zu diesem Spiel heißt es immer, dass es ein Segen war, dass die West-Deutsche Mannschaft verloren hat, denn als Gruppen-Zweite mussten sie nicht gegen die starken Gegner der anderen Gruppe antreten (Brasilien, Argentinien und die Niederlande). Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass dies keinem der damaligen Beteiligten aufgefallen ist, dass es Niederlage durchaus auch Vorteile mit sich bringt. Und immerhin wurde die Westdeutsche Mannschaft dann auch Fußballweltmeister (der zweite Titel nach ’54).
Es scheint, als wäre das Spiel unter Journalisten und Drehbuchautoren viel prägnanter als bei der damaligen Politik angenommen worden. Dieser “Triumph” über den Westen wurde nicht vom Regime der DDR ausgeschlachtet, sondern eher nüchtern zur Kenntnis genommen. Und so gibt es einige Bücher und Filme, die wie diese Graphic Novel eine Geschichte rund um das Ereignis spinnen.
Titel: Das Spiel der Brüder Werner
Autor: Collin, Philippe
Illustrator: Goethals, Sébastien
Genre: Graphic Novel
Seitenzahl: 152
Verlag: Splitter Verlag
Originaltitel: La patrie des frères Werner
Übersetzer: Harald Sachse
Herkunft: Frankreich
Jahr: 2020 (org./dt.)
In meiner persönlichen Übersicht der empfehlenswerten Comics und Graphic Novels finden sich viele lesenswerte und zum Teil sehr beeindruckende Werke, die alle auf ihre Art und Weise einen Blick wert sind.
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