[Graphic Novel] Das Tagebuch der Anne Frank

buchcover tagebuch anne frank

Titel: Das Tagebuch der Anne Frank
Autor: Frank, Anne; Folman Ari; Polonsky, David
Genre: Graphic Novel / Historisch
Seitenzahl: 160
Verlag: S. FISCHER
Wertung: ★★★★★
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“Das Tagebuch der Anne Frank” ist eines der wenigen Bücher, bei dem der Leser weiß, wie es endet und dennoch einen Reiz auszuüben vermag. Ein Grund, weshalb ich mir die Graphic-Novel-Umsetzung des Tagebuchs gekauft habe.

Graphic Novel vs. Tagebuch

Ich habe “Das Tagebuch der Anne Frank” auch im ungekürzten Original gelesen. Mir liegt die Ausgabe aus dem Jahre 1955 in der Auflage von 1990 vor (ebenfalls aus dem Fischer Verlag). Letzteres dürfte auch das Jahr sein, in dem ich das Buch gekauft und gelesen habe. Entsprechend lückenhaft war mein Erinnerungsvermögen, weswegen ich diverse Passagen direkt miteinander verglichen habe.

Bevor ich auf die inhaltlichen Unterschiede eingehe, muss ich zuerst die Aufmachung der Graphic Novel beschreiben. Dies beinhaltet nämlich wenig überraschend einige Abwandlungen im Vergleich zum Original. Die Autoren der Graphic Novel bezeichnen ihr Buch dann auch als Graphic Diary, das als Adaption zu Anne Franks Originaltext erstellt wurde.

Aufmachung

Die fiktiven Dialoge, die mehr oder weniger auf dem Tagebuch basieren, sind als Erzählstreifen graphisch umgesetzt, so wie der Leser es aus vergleichbaren Graphic Novels kennt. Darüber hinaus gibt es allerdings recht umfängliche Textpassagen ohne Illustrationen, die sich am Originaltext orientieren. Und hier gibt es den ersten großen Unterschied.

Diese Textpassagen sind im Original deutlich persönlicher und emotionaler verfasst. In der neueren Übersetzung in der Graphic Novel wurden diese Texte versachlicht und Anne Franks persönliche Note entfernt. Warum die Übersetzer diesen Schritt gewagt haben, ist mir unklar, denn dadurch verlieren die Texte ihre Persönlichkeit.

Freiheiten

Ich habe tatsächlich auch ein, zwei Textpassagen entdeckt, die ich so in der mir vorliegenden Originalübersetzung so nicht entdeckt habe. Gut möglich, dass diese Texte erst später veröffentlicht wurden. Dies entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Die Graphic Novel basiert auf einer im Jahre 2001 erschienen Ausgabe.

Die illustrierten Passagen, die in diesem Buch selbstverständlich überwiegen, dürfen sich dann natürlich ihre Freiheiten nehmen und setzen die persönliche Note gekonnt graphisch in Szene. Dies passt recht gut und diese Elemente orientieren sich durchaus recht eng an dem Tagebuch. Hier geht der Geist des Buchs nicht verloren.

Ist es ratsam, zuerst den Originaltext zu lesen?

Ratsam vielleicht, ja, aber in meinen Augen nicht zwingend erforderlich. Das, was “Das Tagebuch der Anne Frank” ausmacht, wurde in der Graphic Novel sehr gut umgesetzt. Nämlich, dass eine dreizehnjährige Jugendliche es vermochte, einfühlsame, ausdrucksstarke, humorvolle und überaus selbstreflektorische Tagebucheinträge zu verfassen. Es ist zwar schade, dass die persönliche Note in den Textpassagen untergegangen ist, dies wirkt sich allerdings nicht derart schwerwiegend aus, als dass ich dafür das Buch abwerten würde.

Vielmehr zeigt die Graphic-Novel-Umsetzung eindrücklich, wie dieses Medium genutzt werden kann, um Literatur in einem anderen Licht zu zeigen und diese eventuell einem erweiterten Leserkreis zugänglich zu machen. Das Nachwort von Ari Folman endet mit dem Satz: “Unser Ziel war stets, den Geist Anne Franks in jedem einzelnen Bild zu bewahren.” Und ich finde, dass es den Machern dieser Graphic Novel durchaus gelungen ist.

Zum Ende bleibt der Hinweis, dass es sich um eine Graphic Novel und nicht um einen Comic für Kinder handelt. Das empfohlene Lesealter würde ich mit 12 Jahren ansetzen.


“Das Tagebuch der Anne Frank” wurde auch verfilmt und ist aktuell in der Prime-Mitgliedschaft enthalten. Das Originaltaschenbuch gibt es als Fischer Klassik im Buchhandel. Die Graphic Novel gibt es zwar auch als E-Book, aber auf einem Kindle kommen die Illustrationen nicht zur Geltung, weswegen ich die gebundenen Ausgabe empfehle.

3 Kommentare

  1. Hallo Frank,
    jetzt hast du mich auf deinen Besprechung dieser GN neugierig gemacht! 🙂

    Mir gefällt, wie du deine Kritikpunkte angebracht hast. Siehst du, das ist mir so gar nicht aufgefallen. Ich war so auf die Bilder(gewalt) konzentriert, dass der Text dabei etwas untergegangen ist.
    Ich freue mich, dass dich das Buch, trotz kleiner Kritikpunkte, überzeugen konnte und du es weiterempfiehlst.

    Gerne verlinke ich deine Rezension auf meiner Seite. Finde es toll, wenn man ganz einfach noch ein, zwei weitere Meinungen mal auf die Schnelle lesen kann.

    GlG, monerl

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