Die Insel des Dr. Moreau wurde von H.G. Wells anno 1896 veröffentlicht und war maßgeblich von der damaligen Stimmung in der Gesellschaft geprägt. Die Industrialisierung, die aufkommenden Wissenschaften und natürlich die Thesen von Charles Darwin sorgten für zahlreichen Diskussionsstoff. Ted Adams und Gabriel Rodriguez (bekannt von den Locke-und-Key-Umsetzungen) wagten sich an eine Graphic-Novel-Adaption, bei der sie sich ein paar Freiheiten nahmen.
Eindrucksvolle Umsetzung
Zuerst ein paar Worte zum Aufbau dieses Sonderbandes. Nach einem Vorwort von Christian Endres folgt die eigentliche Graphic Novel. Anschließend wird die komplette Geschichte eins zu eins als blaue Bleistiftzeichnungen gezeigt. Eine sehr untypische Veröffentlichung, die einen tiefen Einblick in die Entstehungsgeschichte des Werks bietet. Es folgen zwei alternative Covervorschläge, anhand dessen der Leser erkennt, wie eine Colorierung durchgeführt wird. Zum Ende gibt es eine sechsseitige Unterhaltung zwischen den beiden Machern des Buchs, die Aufschluss über die Hintergründe liefert. Auch wenn die eigentliche Graphic Novel nur die ersten 50 Seiten des Buchs füllt, finde ich die Zusatzinhalte sehr interessant.
Bei der eigentlichen Umsetzung haben sich die Macher ein paar Freiheiten herausgenommen, die die Erzählung von der Romanvorlage abweichen lassen. Ich finde, dass diese künstlerische Freiheit recht gut gewählt wurde und die Geschichte dennoch ausreichend genug wiederzuerkennen ist. Allen voran die bizarr skurrile Welt auf der Insel und der mannigfaltige Einfluss der gestrandeten Hauptfigur, die für diese Adaption als Frau gezeichnet ist.
Die Darstellung der Chimären ist durchweg gelungen. Hier merke ich als Leser sehr deutlich die Klasse von Rodriguez. Gleichzeitig wurde ein Erzählformat gewählt, bei dem die Comic-Stripes sich je über eine Doppelseite ziehen. So gibt es sehr viele großformatige stimmungsvolle Zeichnungen, die die Geschichte eindrucksvoll schildern.
Fazit
Diese Adaption wurde dezent von der Romanvorlage entkoppelt und bleibt dem Grundgedanken dennoch treu. Ich finde diese Umsetzung sehr gelungen und es war sehr interessant zu sehen, die die Autoren die Welt zum Leben erweckt haben. Auch wenn dem ein oder anderen die Zugaben in diesem Comic nicht gefallen werden, so finde ich diese sehr aufschlussreich und interessant. Für mich mehr eine Bereicherung als Ballast. Auf jeden Fall ist diese Graphic Novel eine Empfehlung wert.
Die Graphic Novel erschien im englischen Original zuerst in zwei Bänden. Zusammen mit der deutschen Veröffentlichung erschien auch ein englischsprachiger Sonderband mit dem gleichen Umfang. Mehr Infos zu diesem Buch finden sich auf den Seiten des Panini Verlags.
Titel: Die Insel des Dr. Moreau
Autor: Adams, Ted
Illustrator: Rodriguez, Gabriel
Genre: Graphic Novel
Seitenzahl: 116
Verlag: Panini Verlag
Originaltitel: H. G. Wells’ The Island of Dr. Moreau
Übersetzer: Josef Rother
Herkunft: USA
Jahr: 2019 / 2020 (org./dt.)
In meiner persönlichen Übersicht der empfehlenswerten Comics und Graphic Novels finden sich viele lesenswerte und zum Teil sehr beeindruckende Werke, die alle auf ihre Art und Weise einen Blick wert sind.
Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren findet sich auf der Verlagsübersichtsseite.
Wer die Bücher von H.G. Wells noch nicht kennt, dem sei die fünfbändige Sonderausgabe ans Herz gelegt. Der Leser muss natürlich berücksichtigen, dass die Bücher alle recht altertümlich und zuweilen sehr skurril geschrieben wurden.
Wer nur die Romanvorlage lesen möchte, findet den Text im Projekt Gutenberg.
Die Insel des Dr. Moreau wurde schon von Dobbs und Fiorentino als Graphic Novel umgesetzt, die im Splitter Verlag im Rahmen einer Serie und Wells-Adaptionen erschienen ist und sich deutlich näher an der Romanvorlage orientiert.
Von den schlechten Bewertung darf man sich indes nicht irritieren lassen, da diese auf das Unverständnis der Romanvorlage zurückgehen.
Das Buch wurde gleich drei Mal verfilmt. 1932 unter dem Titel “Die Insel der verlorenen Seelen” als Schwarz-Weiß-Film, der nur noch auf dem Gebrauchtmarkt zu haben ist (oftmals lediglich auf VHS). 1977 gab es eine Verfilmung mit Burt Lancester und 1996 eine mit Marlon Brando und Val Kilmer (DNA – Experimente des Wahnsinns), auf die sich Rodriguez in seinem Interview bezieht und fürchterlich findet.
Allen drei Verfilmung ist gemein, dass ihnen kein Erfolg vergönnt war, aber alle drei später sehr gute Kritiken erhielten, als sie auf VHS, DVD und BlueRay veröffentlicht wurden.
Der Büchernarr schreibt hauptsächlich über Bücher aus den Genres Fantasy und Horror. Manchmal schleichen sich Bücher anderer Genres in diesen Buchblog ein, so dass hier auch Biografien, historische Romane oder Kinderbücher zu finden sind.