[Horror] Carrie

Ich führe Carrie hier auf meinem Blog als Debüt-Roman auf. Es handelt sich um ein ReRead, das ich sowohl als Print als auch als Hörbuch durchgeführt habe. Lust darauf hatte ich schon länger, denn dieser Roman ist in vielerlei Hinsicht sehr bezeichnend.

Stephen King arbeitete 1973 noch als Lehrer an der Hampden Academy Highschool und wohnte aufgrund finanzieller Schwierigkeiten mit seiner Frau Tabitha in einem Wohnwagen. Er schrieb zu dieser Zeit zahlreiche Bücher und verzweifelte zusehends an seinen Ergüssen, so dass das Manuskript von Carrie im Mülleimer landete. Dort fischte seine Frau es heraus und munterte ihn auf, das Buch zu vervollständigen.

Er schrieb es ursprünglich als Kurzgeschichte und die Erstauflage hatte lediglich 98 Seiten. Erst später pimpte er das Buch etwas auf, in dem er die Essays und Berichte hinzufügte. Auf Deutsch erschien der Roman erstmals 1977 im Schneekluth-Verlag (der gehört mittlerweile zur Droemer-Knauer-Verlagsgruppe). 1992 wurde er neu übersetzt und erschien im Lübbe-Verlag und hatte einen Umfang von 304 Seiten. Das Hörbuch wird von Lübbe Audio vertrieben.

Für die Erstveröffentlichung erhielt Stephen King einen Vorschuss von 2.500 USD, die er dankend annahm. Schon einen Monat später konnten die Taschenbuchrechte für 400.000 USD verkauft werden. Carrie ist der erste veröffentlichte Roman, der direkt einschlug wie eine Bombe. Er verkaufte sich über 2,5 Millionen mal und war der Startschuss für Kings Karriere, in der er weltweit über 200.000 Millionen Bücher verkaufte. Lediglich die Bibel wurde öfters verkauft.

Stephen King schrieb zwar vorher noch vier andere Bücher, die aber erst später teils unter seinem Pseudonym Richard Bachman veröffentlicht wurden. Schon früh wollte Stephen King so herausfinden, ob die Leser seine Bücher wegen der Geschichten kauften oder wegen seines Namens. Die Bachman-Bücher hatten zwar nicht einen derartigen Erfolg wie Carrie, konnten sich aber dennoch sehr respektabel verkaufen.

Stephen King hatte nie den Anspruch erhoben, literarisch wertvolle Bücher zu schreiben. Ganz im Gegenteil nutze er das Schreiben als Frustationsventil und ich wette, dass es ihm viele Leser in ähnlicher Weise gleichtun.

Stephen King lässt in Carrie sehr viele wegweisenden Stilelemente einfließen, die später auch von Brian De Palma für seine Verfilmung verwendet wurden. Als der Roman erschien war das Horror-Genre kaum vorhanden und am ehesten von den Lovecraft-Werk geprägt. Carrie erzählt im Grunde genommen zwei Geschichten. Zum einen von der Beziehung zwischen der namensgebenden Carrietta White und ihrer religiös fanatischen Mutter Margret White sowie von der Beziehung von Carrie zu ihren Mitschülern an der Highschool.

Mit einer der bekanntesten Szenen dürfte die Duschraum-Szene sein. Dort bekommt Carrie sehr spät im Alter von 16 Jahren ihre erste Periode. Dadurch, dass ihre Mutter diese als Sünde darstellt, hat sie ihre Tochter nicht aufgeklärt, so dass Carrie nicht weiß, was mit ihr passiert. Dies nutzen ihre Mitschülerinnen und ziehen sie damit auf und bewerfen sie mit Binden und Tampons. Diese Demütigung löst in ihr erste telekinetische Aktionen aus.

Die Figuren, die King in diesen Roman einbaut sind durchweg unsympathisch. Bestenfalls empfindet der Leser für Carrie Mitleid, die im Buch als übergewichtiges hässliches Entlein dargestellt wird. Der Leser verfolgt eher mit Abscheu die Aktionen der Jugendlichen. Beide Handlungsstränge entwickeln sich dramatisch zum einen zum bekannten Höhepunkt mit dem Schweineblut und zum anderen zum Höhepunkt im Konflikt mit ihrer Mutter. Ich hatte zwar noch in Erinnerung, dass der Film sich gut an die Romanvorlage hielt, hatte die Unterschiede aber gar nicht auf dem Schirm. Stephen King schreibt seinen Roman viel drastischer und erbarmungsloser.

Obwohl der Roman mittlerweile 50 Jahre auf dem Buckel hat, konnte er mich dennoch fesseln. King hat ihn zeitlos geschrieben, weil er sich hauptsächlich auf die Figuren konzentrierte und weniger auf das Umfeld. Die Mutter ist derart (übertrieben) religiös fanatisch, dass es ebenso in die heutige Zeit passt wie die Grausamkeit der Mittschüler gegenüber Carrie.

Carries Telekinese wird durch die permanenten Demütigungen durch ihre Mutter und ihre Mitschüler verstärkt und kommt nach und nach brutal zum Vorschein. Die Hintergründe zu diesen telekinetischen Fähigkeiten, werden in den zahlreichen wissenschaftlichen Berichten und Auszügen aus den Protokollen erklärt. Erzählerisch durchaus geschickt gemacht, weil durch diese Zweiteilung der Leser viele Hintergründe erfährt.

Das Hörbuch wurde von der viel zu früh verstorbenen Franziska Pigulla eingesprochen. Ihre rauchige Stimme gibt dem Buch den passenden Touch. Nur hat das Hörbuch en wenig unter schwankenden Laustärken zu leiden, was ich immer sehr unglücklich finde, weil man immer nachjustieren muss.

Nun, jetzt habe ich sehr ausführlich zu diesem Roman meine Eindrücke geschrieben und möchte noch kurz auf die Verfilmung von Brian De Palma eingehen, die 1976 in die Kinos kam. In Deutschland war der Film ein halbes Jahr später auf den Kinoleinwänden zu sehen.

Der Film ist deutlich entschärft worden und zeigt auch die Figuren deutlich sympathischer als sie im Buch auftreten. Auch die Verwüstungen, die Carrie später in der Stadt anrichtet, wurden (aus Kostengründen) nicht in die Verfilmung übernommen.

Interessant, dass der Film als Sleeping Hit gilt. Seinen Erfolg feierte er deutlich zeitverzögert. Heutzutage gelten beide Werke als Klassiker der Branche mit richtungsgebenden Erfolg.

achtung explizite gewaltdarstellung

⚠️Achtung⚠️Dieses Buch enthält explizite Beschreibungen von Gewalt und ist somit nicht für minderjährige oder zart besaitete Leser geeignet.

carrie

Titel: Carrie
Autor: King, Stephen
Sprecherin: Pigulla, Franziska
Genre: Horror
Seitenzahl: 308 / Hörzeit: 9 Stunden
Verlag: Lübbe Verlag (Print) Lübbe Audio (Hörbuch)

5/5

Originaltitel: Carrie
Übersetzer: Wolfgang Neuhaus
Herkunft: USA
Jahr: 1974 / 1977 (org./dt.)

Die auf diesem Blog veröffentlichten Buchbesprechungen zu Büchern von Stephen King sind mittlerweile auf einer eigenen Seite zu finden.

Empfehlenswerte Horrorbücher (Romane wie Graphic Novels), die auf diesem Blog vorgestellt wurden, finden sich unter Rubrik “Der blanke Horror“.

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Das Buch wurde mehrfach verfilmt. Die bekannteste Verfilmung ist sicherlich Brian De Palmas “Carrie – Des Satans jüngste Tochter“. Dieser Film war und ist in mehrfacher Hinsicht wegweisend gewesen und für viele der Schauspieler war dieser Film das Sprungbrett zu einer erfolgreichen Filmkarriere (allen voran John Travolta). 

Der Film fand in Carrie 2 (1999) seine Fortsetzung, die durchaus gelungen ist, aber nicht an das Original herankommt. Das gleiche gilt für die ebenfalls gute Neuverfilmung Carrie (2013).

Es wurde 2002 noch ein Remake produziert, das als Pilot für eine Serie fungieren sollte. Der Film flopte und es wurde nie eine Serie gedreht.

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4 Kommentare

  1. Schönen guten Morgen!

    Da werden Erinnerungen wach *lach* Ich weiß nicht mehr genau, ob ich Carrie oder Friedhof der Kuscheltiere als erstes gelesen habe, damals, vor so vielen Jahre, da war ich 14, glaub ich 😀
    Ich hab alles gelesen, was ich in die Finger bekommen hab von ihm, alle von meinem älteren Bruder *lach* Da hat sich noch keiner interessiert, was man in dem Alter so liest…
    Ein reread wäre tatsächlich interessant, aber ich hab noch so viele Bücher von ihm nicht gelesen, die haben bei mir erstmal Priorität.

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Hi Aleshanee,
      ja, bei mir ists auch schon was her, seit ich die Bücher gelesen habe. Ich kann mich aber noch sehr gut daran erinnern, dass ich mit Friedhof der Kuscheltiere den Weg ins King-Universum gefunden habe 🙂 Und stimmt, meine Eltern hatten niemals irgendeine Ahnung von Altersfreigaben, egal ob USK oder FSK oder irgendwelche anderen Medien, die für Kinder vielleicht nicht so geeignet sind. Überlebt habe ich es natürlich auch, aber dennoch seh ich das bei meinen Kindern heut anders. Vermutlich auch wegen des totalen Überangebots.

      Viele herzliche Grüße
      Frank

      1. Ja, als Eltern sieht man das definitiv anders. Ich hab aber gemerkt, dass meine Kinder auch im Alter von 13-15 so eine “Horrorphase” hatten mit Büchern und Filmen. Ich hab auch irgendwo gelesen dass das allgemein so ist und auch eine bestimmte Bedeutung hat. Aber ich weiß nicht mehr welche 😀
        Jedenfalls hab ich meine Kinder natürlich auch nicht alles lesen und anschauen lassen, aber ich hab schon auch versucht, mich daran zu erinnern, dass ich eben auch sowas gelesen hab in dem Alter. Da muss dann eben ein bisschen abwägen. Ist ja auch nicht jedes Kind bzw. jeder Jugendlicher gleich

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