[Klassiker] Schachnovelle

Ich fand es immer schon sehr faszinierend, wenn ich mir Bücher vorgenommen habe, die eigentlich zum Standard in deutschen Klassenzimmern gehören, ich diese in meiner Schullaufbahn aber nie gelesen habe. „Die Schachnovelle“ von Stefan Zweig ist ein solches Buch, das ich als Jugendlicher aufgrund einer Empfehlung einer damaligen Freundin zum ersten Mal gelesen habe und wir uns dazu ganz frisch und frei und vollkommen zwanglos dazu ausgetauscht haben.

Ebenso interessant ist es, wenn ich mir ein Buch, das mich als Jugendlicher fasziniert hat, 20 oder 30 Jahre später nochmals vornehme und mit einer vollkommen anderen Lebenserfahrung bewerte. Im vorliegenden Fall habe ich die Novelle als Hörbuch im Rahmen meines Audible-Abos gehört, in dem das Buch für Abonnenten ohne Zusatzkosten gehört werden kann. Eingesprochen wurde der Text von Hans Jürgen Stockerl, der mit einem sehr zarten österreichischen Dialekt im Sinne des Autors dem Buch das passende Ambiente verleiht.

„Die Schachnovelle“ hat ein bisschen was von einem Kammerspiel und ist aber doch deutlich mehr. Im Mittelpunkt stehen drei Figuren. Zum einen der Schachweltmeister Czentovic, der ein wenig ungebildet und autistisch dargestellt wird, der das Schachspiel emotionslos spielt. Zum anderen der Tiefbauingenieur McConnor, der etwas stumpfsinnig von seinem Drang nach einem Sieg getrieben wird und der ominöse Dr. B., der sich mehr oder weniger aus einem Reflex heraus in eine Schachpartie einmischt. Im weiteren Verlauf der Erzählung stellt sich heraus, dass Dr. B. ein Folteropfer der Nationalsozialisten ist und sich der Folter entzogen hat, in dem er eine multiple Persönlichkeit ausgebildet hat.

Diese Beschreibung nimmt in dem Buch eine dominante Rolle ein, was dadurch erklärt werden kann, dass diese Novelle im Jahre 1941 entstand und dass Stefan Zweig als Jude aus Österreich fliehen musste und im brasilianischen Exil lebte, wo er sich 1942 das Leben nahm.

Stefan Zweig war ganz offensichtlich kein großer Schachspieler, denn er wertet das Spiel ab, in dem er sagt, dass es außer dem Sieg kein Ziel hat. Eine in meinen Augen sehr merkwürdige Einstellung. Aber dennoch passend dargestellt zum Schachweltmeister, der durch seine arrogante Art und Weise kaum Sympathiepunkte sammeln kann.

Fazit

Ungeachtet der zahlreichen Interpretationen, die es zu dieser Novelle gibt, regt das Buch zum Nachdenken an. Der Einschub von Dr. B., in dem er von seinen Erfahrungen aus der NS-Zeit berichtet, kommt unerwartet und dreht den Blick auf die Handlung vollkommen und macht deutlich, wie damals wie heute Folter auch auf anderen Ebenen vorgenommen werden kann. Man kann das Buch deshalb durchaus auch als Mahnmal betrachten, so wie es an einigen Stellen im Netz zu lesen ist. Die Novelle ist zwar schnell gelesen bzw. gehört, hinterlässt aber hoffentlich einen nachdenklichen Leser bzw. Hörer.

schachnovelle

Titel: Schachnovelle
Autor: Zweig, Stefan
Sprecher: Stockerl, Hans Jürgen
Genre: Hörbuch / Klassiker / Belletristik
Hörzeit: 2 Stunden und 19 Minuten
Verlag: Audible Studios
Print: diverse

5/5

Herkunft: Portugal (dort wurde das Buch zuerst veröffentlicht)
Jahr: 1942 / 1974 (org./dt. Taschenbuchausgabe)

Audible hat eine neue Option eingeführt. Vorher waren diese Klassiker kostenfrei zu hören und es musste kein Guthaben dafür verwendet werden. Nun hat Audible die Optiom “Im Abo enthalten” eingeführt. Dort sind einige Klassiker aufgeführt sowie diverse erste Teile unterschiedlicher Hörbuchserien. Diese Titel können ebenfalls in die Bibliothek hinzugefügt und heruntergeladen werden, stehen aber bei einer Kündigung nicht mehr zur Verfügung (im Gegensatz zu allen gekauften Titeln).

Es gibt diverse Fassungen von diesem Klassiker, wie z.B. jene, die von Christoph Maria Herbst eingelesen hat. Diese CD-Version habe ich mir ebenfalls angehört gehabt (vor etwa 10 Jahren) und finde diese aufgrund des Sprechers auch empfehlenswerter.

Dieses Hörbuch habe ich im Rahmen meiner Audible-Mitgliedschaft gehört. Noch kein Mitglied? Dann teste Audible. Wer über den Link Audible testet, erhält nicht nur das erste Hörbuch kostenfrei, sondern unterstützt diesen Blog indirekt, da ich dafür eine kleine Provision erhalte.

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2 Kommentare

  1. Hi Frank!

    Da werden Erinnerungen wach – oder eben auch nicht *lach* ich kann mich ehrlich gesagt so gut wie gar nicht mehr an dieses Buch erinnern! In der Schule hab ich es nicht gelesen, aber mein Bruder, von dem ich es mir damals dann auch ausgeliehen und gelesen hab.
    Ich mochte es, wobei ich damals eigentlich alle Bücher mochte – ich fand jede Geschichte auf ihre Art interessant und hab mich darauf eingelassen (natürlich gabs auch ein paar Ausnahmen). Ob es mir heute noch gefallen könnte, weiß ich nicht, aber ich glaube her nicht 😉

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Hi Aleshanee,

      ich denke, die Schanovelle ist eines jener Bücher, die sich vollkommen anders lesen, je nach dem in welcher Lebensphase man gerade steckt. Es ist ja nicht lang, vielleicht lässt Du es mal auf einen Versuch ankommen 😉

      Viele Grüße
      Frank

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