[Klima] Deutschland 2050: Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird

Wir müs­sen han­deln. Jetzt! Dies ist der Tenor des Buchs Deutschland 2050, auch wenn die Autoren Nick Reimer und Toralf Staud einen Blick in die Zukunft wagen. Dies kön­nen sie aber nur, wenn sie zusam­men­fas­sen, was heu­te schon zu beob­ach­ten ist. Die Autoren beschrei­ben in einem sehr aus­führ­li­chen Vorwort, inwie­weit sie in die Zukunft schau­en und auf wel­cher Basis dies geschieht. Es ist ihnen näm­lich sehr wich­tig her­aus­zu­stel­len, dass das, was im Buch geschil­dert wird, kei­ne hypo­the­ti­schen Projektionen sind, die viel­leicht auf­tre­ten kön­nen. Vielmehr fasst das Buch zusam­men, was in den letz­ten Jahren in Deutschland pas­siert ist und was wir zu erwar­ten haben.

Die Deutschen nei­gen bekannt­lich dazu, Ereignisse zu ver­drän­gen und von uns weit weg zu ver­or­ten. Ja, der Meeresspiegel steigt, ach die armen Menschen in Bangladesch. Oje, irgend­wo wird um Wasser gekämpft, aber doch nicht bei uns! Dabei sind jetzt schon zahl­rei­che Ereignisse ein­ge­trof­fen, die genau sol­che Ereignisse zei­gen. Wir müs­sen nur hin­schau­en.

Aber auch damit tut sich der Deutsche bzw. der deut­sche Politiker schwer, wie das Beispiel einer Pilotstudie zeigt, die zwei Jahre nach der Gründung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung im Jahre 1996 ver­öf­fent­licht wur­de. Im Buch wird die Studie samt der Reaktion aus der Politik dar­ge­stellt:

„»Die Simulationsergebnisse zei­gen grund­sätz­lich auf­grund der zuneh­men­den Trockenheit einen Trend zur Steppe.« […] man sei drin­gend auf­ge­for­dert wor­den, das Wort »Steppe« doch bit­te zu ver­mei­den – das ver­schre­cke die Öffentlichkeit.“ (bei 34 % des eBooks)

Dabei gibt es jetzt schon Touristenregionen, in denen die Besucher dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, doch bit­te nicht zu erschre­cken, wenn sie den ver­trock­ne­ten Wald zu Gesicht bekom­men.

Die Autoren durch­strei­fen sehr vie­le Themenbereiche, in denen der Klimawandel schon jetzt in Deutschland spür­bar war und sein wird. Welche Auswirkungen hat er auf die Gesundheit der Menschen und die Natur. Welche Rolle spielt die Wasserversorgung der Menschen und der Industrie. Wie wirkt sich die Verstädterung aus? Welche Folgen sehen wir schon jetzt im Verkehr?

„Jedenfalls wer­den in Deutschland 2050 die Sommer nicht mehr wie bis­her die unbe­schwer­te Jahreszeit sein, die Wochen lau­er Abende im Freien und kurz­ärm­li­ger Ausflüge in die Natur, nach denen man sich den lan­gen, dunk­len Winter über sehnt.“ (bei 17% des eBooks)

Die Autoren haben für ihre Beobachtungen sehr vie­le beleg­ba­re, wis­sen­schaft­lich fun­dier­te Berichte zusam­men­ge­sucht und die­se in einen Kontext gesetzt, den ein jeder ver­ste­hen kann. Wer sich grund­sätz­lich mit der Thematik aus­ein­an­der­ge­setzt hat, wird kaum neue Erkenntnisse gewin­nen. Vieles wis­sen wir ein­fach schon längst, aber die Politik und auch wir als Bürger reagie­ren ein­fach viel zu lang­sam dar­auf. Dabei spre­chen wir gar nicht mal mehr, ob wir das 1,5‑Grad-Ziel errei­chen, son­dern vie­le Wissenschaftler rech­nen mit einem Drei-Grad-Szenario. Dies fin­det sich in dem Buch in einem unschein­ba­ren Nebensatz:

„Erwärmt sich die Erde um drei Grad (ange­sichts laschen Klimaschutzes der­zeit ein wahr­schein­li­ches Szenario) […]“ (bei 28% des eBooks)

Bis zum Jahre 2050 ist es gar nicht mehr so lan­ge hin. Viele von uns wer­den die­ses Jahr noch erle­ben. Aber mit ihm auch die wei­te­ren Folgen des Klimawandels. Die ers­ten Warnungen hin­sicht­lich des Klimawandels rei­chen bis in die 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts zurück. Und erst jetzt mer­ken wir die Folgen. Die Veränderung des Klima schrei­tet lang­sam aber ste­tig vor­an. Deshalb ist den Autoren immer wie­der wich­tig zu erwäh­nen, dass die Folgen, die wir 2050 spü­ren wer­den, unauf­halt­sam sind, selbst wenn wir voll auf die Klimabremse tre­ten wür­den. Was wir aber nicht machen wer­den. Deshalb zei­gen die Autoren exem­pla­risch, wie wir auf den Klimawandel reagie­ren müs­sen.

„Viele der Regeln am Bau, sagt er, pass­ten ein­fach nicht mehr zum Klima der Zukunft.“ (bei 40% des eBooks)

„[…] oder an vie­len Stellen wie­der höhe­re Bordsteine zu bau­en, damit das Wasser auf der Straße bleibt. Man wird künf­tig abwä­gen müs­sen, was wich­ti­ger ist: Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer, Kinderwägen und Rollatoren oder die Schadensbegrenzung im Katastrophenfall; kurz­ge­sagt: Alltag oder Ernstfall.” (bei 42% des eBooks)

Fazit

Das Buch Deutschland 2050 ist ein recht depri­mie­ren­des Buch, denn es lis­tet auf, mit wel­chen Gefahren für Leib und Leben sowie Infrastruktur und Wirtschaft wir in jedem Fall zu rech­nen haben. Es rollt eine unauf­halt­sa­me Welle von Extremereignissen auf uns zu, gegen die wir sehr oft nicht gewapp­net sind. Die Denke, dass die Folgen des Klimawandels ja nur die ande­ren trifft, ist sehr naiv und kei­nes­wegs in irgend­ei­ner Art und Weise zeit­ge­mäß.

Deutschland wird sei­ne selbst­ge­steck­ten Klimaziele ein ums ande­re Mal ver­feh­len. Die Chance, dass Deutschland Vorreiter in Sachen Klimaschutz wird, ist längst ver­tan. Es ist sehr bequem, den Klimawandel zu leug­nen, um sich selbst bloß nicht in irgend­ei­nem Gebiet ein­schrän­ken zu müs­sen. Nach und nach mer­ken wir aber, wie blau­äu­gig dies ist, wenn wir direkt mit den Folgen kon­fron­tiert wer­den. Deshalb kann es nur ein Motto geben: Wir müs­sen han­deln. Jetzt!

Die Auswirkungen eines nied­ri­gen Rheinpegels habe ich z.B. selbst immer wie­der mit­er­le­ben dür­fen, als ich noch in einer Raffinerie bzw. spä­ter in einem Chemiewerk an den Ufern des Rheins gear­bei­tet habe. Wenn der Pegel sinkt, wer­den nach und nach die Schiffe weni­ger bela­den, damit sie nicht mehr so tief im Wasser lie­gen. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Schifffahrt ein­ge­stellt wer­den muss.

Nun könn­te man mei­nen, dass die Fracht ein­fach auf LKW umge­la­den wer­den kann. Aber weit gefehlt. Ein Binnenschiff ersetzt ca. 80–100 LKW. Über den Rhein wer­den pro Jahr gut 180 Millionen Tonnen Güter ver­schifft! Dies ist eine Menge, die weder die Bahn und noch viel weni­ger die Straße auf­fan­gen kann. Bei nied­ri­gen Pegelständen muss rela­tiv oft die Produktion in den Werken gedros­selt wer­den, wodurch ein enor­mer wirt­schaft­li­cher Schaden ent­steht, der nicht nur den Unternehmen viel Geld kos­tet (meist ein drei­stel­li­ger Millionenbetrag), son­dern sowohl Arbeitsplätze als auch den Wirtschaftsstandort Deutschland gefähr­det.

buchcover

Titel: Deutschland 2050: Wie der Klimawandel unser Leben ver­än­dern wird
Autor: Reimer, Nick; Staud, Toralf
Genre: Sachbuch
Seitenzahl: 384
Verlag: Kiepenheuer & Witsch

5/5

Herkunft: Deutschland
Jahr: 2021

Weitere Infos und Einblicke ins Buch fin­den sich auf der Website des KiWi-Verlags.

Dieses Buch wur­de mir freund­li­cher­wei­se vom Verlag zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren fin­den sich im Bereich “Über die­sen Blog”.
 
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