Montagsfrage #57: Wie sehen sich Blogger im Vergleich zu professionellen Literaturkritikern?

Die Herbstpause auf die­sem Blog ist vor­bei und nach der klei­nen Auszeit im son­ni­gen Süden Europas muss­ten wir schwe­ren Herzens das ange­neh­me Klima ver­las­sen und wer­den nun mit der gemä­ßig­ten Kälte des mitt­le­ren Westens kon­fron­tiert. Immerhin habe ich so man­ches Buch lesen kön­nen, die ich nach und nach hier auf dem Blog vor­stel­len wer­den, obgleich auch so man­che Enttäuschung dabei war.

Etwas über­rascht war ich, als ich heu­te mor­gen gese­hen habe, dass heu­te die Frage von mir bei Antonia gestellt wur­de. Eine Frage, bei der ich nicht so ver­mes­sen war und natür­lich nicht an das lite­ra­ri­sche Quartett gedacht habe. Wer möch­te sich schon mit einem Marcel Reich-Ranicki oder Johannes Willms mes­sen wol­len?
Nein, ich dach­te mehr an den gene­rel­len Grundgedanken, denn Buchblogger wer­den (wie auch schon Antonia und vie­le ande­re erfah­ren muss­ten) ger­ne nicht ernst genom­men, so dass mir immer wie­der Buchblogs über den Weg lau­fen, die sowohl von der Aufmachung als auch bei der Formulierung der Rezensionen in Richtung Literaturkritik ten­die­ren.

Auf der ande­ren Seite sehe ich so man­che Buchkritik im Netz oder in Zeitungen, die sich sel­ber (manch­mal auch ganz bewusst) nicht mehr ganz so ernst neh­men und auch nicht mehr ganz so objek­tiv über Bücher berich­ten, so dass ich mir die Frage gestellt habe, ob die bei­den Arten der Buchvorstellung immer näher zusam­men­rü­cken oder auf uns Buchblogger bezo­gen:

Wie sehen sich Blogger im Vergleich zu professionellen Literaturkritikern?

Ich begin­ne die Antwort sehr sub­jek­tiv. Ich habe mich, wie ver­mut­lich vie­le ande­re Buchblogger auch, nie als Literaturkritiker gese­hen. Ich stel­le auf die­sem Blog Bücher vor und schrei­be mei­ne ganz eige­ne per­sön­li­che Meinung dazu. Dabei fol­ge ich kei­nem bestimm­ten Schema, son­dern schrei­be frei nach Schnauze, was mir gera­de in den Sinn kommt.

Das, was sich in den letz­ten Jahren hin­ge­gen geän­dert hat, ist der Journalismus. Zeitungen und Zeitschriften kämp­fen um ihre Existenz und müs­sen deut­lich kos­ten­ef­fi­zi­en­ter arbei­ten, lei­der oft­mals zu Lasten der Qualität.

Literaturkritiker bewerte(te)n ein Werk so objek­tiv wie mög­lich und leg(t)en oft­mals ganz ande­re Bewertungs-Maßstäbe an als Rezensienten. Auch wur­den oft­mals sehr hoch­tra­bend die Texte for­mu­liert, so dass es manch­mal schwer fiel, den Sinn des geschrie­be­nen Worts zu ver­ste­hen. Und manch­mal habe ich mich nach dem Lesen eines sol­chen Artikels gefragt, ob mir das Buch gera­de emp­foh­len wur­de oder nicht. Als das scheint nicht mehr so weit ver­brei­tet zu sein. Viele Buchvorstellungen wer­den nicht mehr ganz so objek­tiv geschrie­ben und immer wie­der sehe ich Texte, in denen auch die per­sön­li­che Meinung des Autors mit­ein­fließt.

Wenn es eine sol­che Verschiebung im Journalismus gibt, gibt es dann auch eine sol­che bei den Buchbloggern? Wie ein­gangs erwähnt, sehe ich immer wie­der Blogs, bei denen ich den Eindruck habe, dass die Betreiber sich zumin­dest dem “seriö­sen Journalismus” zuge­hö­rig füh­len (der dem “schnö­den Buchblogger ja meist abge­spro­chen wird).

Was ich bei sol­chen Blogs dann auch ver­mis­se, ist genau das, was den Bluchblogger m.E. aus­macht. Buchblogger reden über Bücher, die ihnen aus was für Gründen auch immer vor der Linse lan­den – das sind älte­re Bücher eben­so wie Neuerscheinungen, Bücher aus Großverlagen eben­so wie aus klei­nen Verlagen oder gar Selfpublisher. Mit die­ser Vielfalt gren­zen sich Blogger m.E. von den pro­fes­sio­nel­len Literaturkritikern ab. Und das ist auch gut so!

Von daher wäre es mir auch recht, wenn die Grenzen zwi­schen den bei­den Formen der Buchvorstellung nicht wei­ter ver­schwim­men.

Zum Beitrag auf Lauter&Leise.


Wie gehabt lese ich die Beiträge der ande­ren Montagsantwortler, ohne immer eine Spur zu hin­ter­las­sen. Das gilt übri­gens auch für die “Nachzügler”, die erst zum Ende der Woche ihre Beiträge ver­öf­fent­li­chen. Oftmals schaue ich auch am Wochenende noch­mals in den Originalthread.


Fragen ueber FragenIch habe mir mal den Spaß gemacht und alle Fragen zusam­men­ge­fasst, die hier auf dem Blog von mir beant­wor­tet wur­den. Neben der Montagsfrage sind auch ande­re Aktionen dabei, bei denen ich mit­ge­macht habe.

10 Kommentare

  1. Hi Frank,

    eine wun­der­vol­le Frage, die auch geni­al beant­wor­tet hast. Ich bin völ­lig dei­ner Meinung. Ich sehe mich selbst auch nicht als Literaturkritiker. Ich hof­fe ande­re zu begeis­tern mit mei­nen vor­ge­stell­ten Büchern.

    Mein Beitrag

    Ganz lie­be Grüße aus Tirol
    Marie

  2. Hey Frank,

    eine inter­es­san­te Frage, die ja auch immer wie­der in der Community dis­ku­tiert wird.
    Meiner Meinung nach decken pro­fes­sio­nel­le Literaturkritiker_innen und Buchblogs gemein­sam das gesam­te Spektrum des Buchmarktes ab. Deswegen sehe ich da kei­ne Konkurrenz und mache mir eigent­lich auch kei­ne Sorgen, dass die Grenzen zu arg ver­wi­schen. Buchblogger_innen wer­den ver­mut­lich immer genau die Literatur bespre­chen, die das Feuilleton nicht mal mit der Kneifzange anfas­sen wür­de. 😉

    Montagsfrage auf dem wort­ma­gie­b­log
    Viele lie­be Grüße,
    Elli

    1. Hallo Elli,

      das stimmt natür­lich, dass Buchblogger meist gänz­lich ande­re Bücher vor­stel­len als die Literaturkritiker in den (reno­mier­ten) Feuilletons. Deshalb lese ich auch lie­ber bei den Bloggern als bei den Literaturkritikern 😉

      Viele Grüße
      Frank

  3. Moin Frank!

    Bei “Und manch­mal habe ich mich nach dem Lesen eines sol­chen Artikels gefragt, ob mir das Buch gera­de emp­foh­len wur­de oder nicht.” habe ich herz­haft auf­ge­lacht,…

    …und bei hoch­tra­ben­den und unver­ständ­li­chen Literaturkritiken hege ich eh den Verdacht, dass der Kritiker das Werk selbst nicht ver­stan­den hat und die­se Tatsache mit einer Aneinanderreihung von Worthülsen ver­schlei­ert.

    Lieben Gruß
    Andreas

    P.S.: Vielen Dank für die­se span­nen­de Frage! 😉

    1. Hallo Andreas,

      ich seh schon, wir ver­ste­hen uns 🙂 Und Dir sind sol­che Buchvorstellungen offen­sicht­lich auch schon unter­ge­kom­men …

      Viele Grüße
      Frank

  4. Hallo,

    die Frage ist hoch­in­ter­es­sant!

    Nee, mit dem Literarischen Quartett möch­te ich mich wirk­lich auch nicht mes­sen, dann wür­de ich mit mei­nem dicken Schädel wohl nicht mehr durch die Tür pas­sen…

    Ich habe bei mir in den letz­ten Jahren mehr und mehr fest­ge­stellt, dass es mir Spaß macht, mich an Büchern zu ver­su­chen, die sich frü­her in mei­nen Ohren viel­leicht zu anstren­gend, zu kopf­las­tig, zu intel­lek­tu­ell, zu her­aus­for­dernd ange­hört hät­ten. (Ich bei­ße mir ger­ne ein biss­chen die Zähne aus.) Das sind oft genau die Bücher, die auch im Feuilleton auf­tau­schen – was aber gar nicht mein Motiv für die Auswahl die­ser Bücher ist und auch nicht heißt, dass ich die­sen Status sel­ber anstre­be oder den Tonfall des Feuilletons nach­ah­men möch­te! Die Bücher klin­gen für mich ein­fach hoch­in­ter­es­sant, auch wenn ich sie frü­her mit der Kneifzange nicht ange­fasst hät­te.

    (Mein Lesegeschmack hat sich im Lauf mei­nes Lebens oft sehr dras­tisch ver­än­dert.)

    Feuilleton und Buchblogs, das sind für mich immer noch zwei Welten, die sich aber inzwi­schen an den Rändern ein wenig über­schnei­den. Beziehungsweise: es gibt Literaturkritiker und Buchblogger, die in einer Art Grauzone dazwi­schen exis­tie­ren, wie du ja auch fest­stellst. Keine Ahnung, wor­an das liegt. Lesen wir Blogger ein­fach kri­ti­scher, oder stre­ben vie­le Blogger tat­säch­lich danach, so zu sein wie das Feuilleton?

    Früher gab es ja wirk­lich so die Ansicht: wenn du “ernst­haf­te” Literaturkritik schrei­ben willst, darfst du dich selbst nicht zu sehr ein­brin­gen. Also kein “in mei­nen Augen”, “mei­ner Ansicht”, “mei­nes Empfindens” usw. (Wahrscheinlich die von mir am häu­figs­ten ver­wen­de­ten Satzbausteine, upps…) Aber war­um eigent­lich? Vielleicht tut es sowohl den Literaturkritikern als auch den Buchbloggern ja ganz gut, wenn sie von­ein­an­der das ein oder ande­re abschau­en?

    Schade wäre, wenn es zur Einbahnstraße wird, auf der Blogger sich nicht nur die ein oder ande­re Methode in den eige­nen Werkzeugkasten packe, son­dern das Feuilleton nur noch kom­plett kopie­ren…

    LG,
    Mikka

    1. Hallo Mikka,

      ja, das ist mir schon auf­ge­fal­len, dass Du gern mal zu Büchern greifst, die in der Presse hoch­ge­lobt wer­den (oder die dort wert­frei bespro­chen wer­den) und um die ich gern einen Bogen mache 🙂
      Glücklicherweise gibt es ja so man­chen Literaturkritiker, der sei­ne ganz per­sön­li­che Note mit­ein­flie­ßen lässt und nicht ver­sucht, eine Buchvorstellung zu ver­sach­li­chen. Ich den­ke näm­lich, dass dies kaum mög­lich ist.

      Viele Grüße
      Frank

  5. Hi Frank,
    der Ursprung der Frage liegt bei dir. Es ist eine gute Frage, aber auch nicht ein­fach zu beant­wor­ten. Vor allem, weil ich der Meinung bin, dass sowohl der eine als auch der ande­re die Gemeinsamkeit haben, ein Buch zu bewerten/beurteilen/vorzustellen.
    Das darf man nicht ver­ges­sen.
    Obwohl ich kaum Literaturkritiken lesen, ein­fach, weil mir die per­sön­li­che Note fehlt. Das lie­be ich an den Buchblogs. Du kannst dei­ne Pappenheimer, weißt, was sie lesen, wie sie ihre Rezension (frei nach Schnauze) schrei­ben und schneist gern wie­der vor­bei, um zu sehen, was sie dies­mal vom SUB geholt haben. Es ist ein­fach per­sön­li­cher 🙂

    Liebe Grüße
    Tina

    1. Hallo Tina,

      ich sehe immer öfters, dass auch die “Profis” ihre per­sön­li­che Meinung mit­ein­flie­ßen las­sen, aller­dings schrei­ben sie sel­ten ein­fach so drauf los, wie Du so schön anmerkst. Das stimmt wohl, obwohl auch jeder Blogger so im Laufe der Zeit sei­nen eige­nen Stil ent­wi­ckelt 😉

      Viele Grüße
      Frank

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