[Near Future Dystopie] Und dann verschwand die Zeit

Anfangs war es schwer, herauszufinden, worum es überhaupt in diesem Roman geht. Nur langsam setzt der Leser die Bausteine zusammen, die die Autorin im Text verstreut. Nach und nach erfährt der Leser von dem Umweltforscher-Ehepaar, das ein Haus auf einer Anhöhe in der Nähe einer Küste als Zuflucht für ihre Kinder hergerichtet hat. Das Haus gibt der englischen Ausgabe ihren Titel: High House.

Sie sagte: Wir müssen erkennen, dass dies unsere letzte Warnung ist – denn wenn wir dies nicht tun und jetzt nicht handeln, werden die Konsequenzen schlimmer sein als alles, was wir bisher erlebt haben, dann haben wir unsere Chance verpasst … (bei 9% des eBooks)

Es gibt immer wieder Textpassagen und Aussagen, die vermuten lassen, wie die vier Hauptfiguren des Romans zusammenfanden. Bis im Laufe des Romans die Vermutung zur Gewissheit wird. Dabei ist der gewählte Erzählstil sehr spannend. Denn die Autorin wechselt immer wieder die Erzählperspektive zwischen drei Personen, wobei sich der erzählerische Anteil jeweils im Laufe des Buchs ändert. Die Handlung ist in einer nahen Zukunft angesiedelt und zieht sich über mehrere Jahre, wobei der Leser nur selten konkret weiß, wie alt die jeweilige Person gerade ist.

Zusätzlich springt die Autorin quasi im Fließtext zwischen den Zeiten hin und her und wechselt währenddessen die Erzählperspektive. Das klingt kompliziert, ist es aber nicht. Ganz im Gegenteil wird so der Roman extrem spannend und zuweilen auch sehr emotional.

Um mich herum schien die Welt zu versinken, zu erfrieren oder zu verbrennen. (bei 15% des eBooks)

Sehen so künftig die Ängste der kommenden Generation aus? Leben unsere Kinder und Kindeskinder in ständiger Angst vor einer ungewissen Zukunft?

[…] wenn ich darüber nachdachte […], überfiel mich nacktes Entsetzen. ((gemeint ist die Zukunft, Anm. des Autors) bei 15% des eBooks)

Es finden sich im Buch immer wieder Hinweis zu unserer Lebensweise im Hier und Jetzt. Es ist ein Umstand, den schon heute viele anprangern. Wir leben auf Kosten der kommenden Generationen.

[…] wie unglaublich verschwenderisch wir doch waren, wie achtlos. (bei 21% des eBooks)

Und irgendwann wird dieser Zeitpunkt kommen, an dem es zu spät ist. Und genau hier ist dieser Roman verortet.

Man denkt, man hat noch Zeit. Und dann hat man plötzlich keine mehr. (bei 47% des eBooks)

Es ist eine englische Autorin, die den Roman in England verortet hat. Aber es ist überall in der westlichen Welt das Gleiche. Es ist die „Weiter-so-Mentalität“, die uns als Menschheit irgendwann das Genick brechen wird.

Gelegentlich hatten wir Geld gespendet, wenn die Bilder schlimm genug waren, und danach einfach weitergemacht wie bisher. (bei 60% des eBooks)

Ich fand aber nicht nur die Emotionalität zwischen den Figuren sehr spannend, sondern auch die Ideen, die die Autorin hat einfließen lassen, wie es den Geflüchteten ergehen würde, die die Umweltkatastrophen überleben.

Kein Wort für diese Jahreszeit, die mittlerweile zwischen Sommer und Herbst stattfindet. (bei 75% des eBooks)

Fazit

Am Ende hält der Leser eine Dystopie in den Händen. Und zwar eine, die ein sehr deprimierendes Licht auf (mögliche) künftige Ereignisse wirft. Das Zusammenspiel der vier Figuren, um die es im Wesentlichen in diesem Roman geht, ist sehr intensiv und geprägt von anfänglicher Skepsis und Misstrauen und vom Zusammenwachsen in dieser kleinen Gemeinschaft. Der Roman ist im positiven Sinne ungewöhnlich geschrieben und hat mich als Leser sehr emotional berührt. Er ist aber auch eine Mahnung und Warnung und zeigt, wohin eine Weiter-So-Politik führen wird.

Ich hoffe inständig, dass meine Kinder nicht irgendwann sagen müssen:

Der Zug ist abgefahren. (bei 11% des eBooks)

und dann verschwand die Zeit

Titel: Und dann verschwand die Zeit
Autor: Greengrass, Jessie
Genre: Near Future / Dystopie
Seitenzahl: 288
Verlag: Kiepenheuer&Witsch

5/5

Originaltitel: The High House
Übersetzer: O’Brien, Andrea
Herkunft: England
Jahr: 2021 / 2023 (org./dt.)

Dieses Buch wurde mir über die Plattform Netgalley als E-Book zur Verfügung gestellt. NetGalley gibt keinerlei Vorgaben über die Art und Weise, wie Bücher bewertet oder vorgestellt werden. Mehr Infos dazu auf der Seite “Über diesen Blog“.

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4 Kommentare

  1. Hallöchen Frank!

    Das Cover springt einen ja regelrecht an und hat mich sofort neugierig gemacht worum es hier geht – auch wenn ich es nicht wirklich schön finde hat es doch was besonderes – vor allem zusammen mit dem Titel!
    Es klingt nach einer richtig guten Geschichte, nur weiß ich grade nicht, ob ich mich mit dem Thema beschäftigen will. Es ist ja doch sehr bedrückend. Und aufrütteln muss man mich persönlich nicht, ich weiß, oder glaube zu wissen, was falsch läuft oder was man ändern sollte. Zumindest aus meiner Sicht 😉

    Ich werd mir das Buch aber auf jeden Fall auf die Wunschliste setzen, weil ich mir sicher bin, dass ein Moment kommt, in dem ich diese Geschichte lesen möchte!

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Hi Aleshanee,

      es stimmt, dass ich auch nicht wusste, was mich mit diesem Buch erwartet und ja, Du hast wahrscheinlich recht, dass Du in passender Stimmung dafür sein musst. Ob Sie Dir gefallen wird? Ja, ich denke schon.

      Herzliche Grüße
      Frank

      1. Na dann werde ich mal abwarten. Momentan zieht es mich nicht so zu der Geschichte, mal sehen, irgendwann reizt sie mich bestimmt 😉

  2. Hallo Frank,
    danke für die Rezension. Auch mich interessiert dieses Thema sehr. Nämlich, dass wir sehenden Auges auf eine Klimakatastrophe zurasen. Ich finde es wichtig, dass literarisch zu behandeln, um in der Bevölkerung ein größeres Bewusstsein zu schaffen.
    Zu dem Thema habe ich auch einen Thriller geschrieben, der allerdings nicht ganz so pessimistisch ist. Im Juni kommt das Hörbuch raus. Es würde mich freuen, wenn du Lust hättest, ihn zu rezensieren. Weitere Infos findest du unter: https://www.stefan-heiligtag.de/3-grad-das-komplott/
    Viele Grüße
    Stefan

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