[Sachbuch] Deutschland Schwarz Weiß

Ich gehöre exakt zum von Noah Sow angesprochenen Klientel zu diesem Buch. Ich bin ein weißer Deutscher, der sich immer wieder mal fragt, wie man wohl nicht-weiße Deutsche heutzutage politisch korrekt benennt. Der sich aber viel häufiger fragt, weshalb ich sie überhaupt irgendwie benennen sollte. Keine Frage, Deutschland hat weiterhin ein Problem mit Rassismus und Diskriminierung (nicht nur gegen Schwarze oder PoC). Wieso »weiterhin«? Weil das Buch 2008 zum ersten Mal erschienen ist und bis zum 10-jährigen Jubiläum immer wieder aktualisiert wurde.

Vermutlich hatte die Autorin keine Ahnung, dass das Thema im Jahre 2023 aktueller denn je ist, da eine Verharmlosung des Rassismus weiterhin gang und gäbe ist. Ich habe eine Version aus dem Jahre 2015 gelesen und fand es trotz Wichtigkeit der Thematik nicht sonderlich gut geschrieben.

Damit meine ich nicht den Inhalt als solchen. Und ich möchte mich auch nicht an einzelnen Worten aufhängen. Es ist erstmal egal, dass das Wort »Schwarzfahren« nichts mit einer negativen Assoziation der Farbe Schwarz zu tun hat, sondern vermutlich der Gaunersprache entnommen wurde und eher für ungesetzlich steht. Klar könnte man anstelle von schwarzfahren das Wort illegal oder unberechtigt fahren nutzen. Aber das sind in meinen Augen Spitzfindigkeiten, die das Thema verharmlosen sollen. Und wenn ich mir die Vorworte zu den neueren eBook-Ausgaben anschaue, wird die Autorin vieler solche Leserbriefe erhalten haben.

Der Vorspann war noch sehr witzig und konnte tatsächlich mit einem tiefgründigen Humor samt Aha-Effekt aufwarten. Solche Darreichungsformen hätte ich mir auch für den Rest des Buchs gewünscht. Das besticht aber eher mit zahlreichen Wiederholungen und teils langweilig geschriebenen Passagen ohne Pep. Ja, die Autorin provoziert den Leser, in dem sie ihn über einen Kamm schert und ihn direkt als Rassisten abstempelt. Das sei ihr gestattet, denn ein solches Stilmittel ist legitim, um sich Gehör zu verschaffen. Mich stört dann eher das Mantra mäßige Wiederholen der immer gleichen Aussagen.

Ja, wenn man wissen möchte, wie sich Menschen fühlen, die diskriminiert und ausgegrenzt werden, muss man mit diesen Menschen reden. Bekanntlich muss man mit ihnen reden und nicht über sie. In dieser Hinsicht ist das Buch sicherlich zu empfehlen und es schadet auch nicht, wenn man sein Handeln hinterfragt und reflektiert. Die Autorin hat ihre Texte und Beispiele gut recherchiert und »darf« auf einiges an eigenen Erfahrungsschatz beisteuern. Inhaltlich ein gutes Buch, das in meinen Augen sprachlich ein wenig Nachholbedarf hat.

Was mir insbesondere fehlte, sind Ideen und Vorschläge, wie es aus ihrer Sicht besser laufen könnte. Wie dem Rassismus effektiv entgegengewirkt werden kann. Was Politik und Gesellschaft tun können oder müssen, um Rassismus entgegenzuwirken. Dies kann man meines Erachtens nicht an einem Schaumkuss oder dem N-Wort festmachen.

Mehr Infos zum Buch finden sich auf der Website der Autorin.

Erst im Nachhinein hat mich die Bundeszentrale für politische Bildung darüber aufgeklärt, dass zufällig heute der erste internationale Tag zum Kampf gegen Islamophobie ist. Das passt zu diesem Thema, auch wenn es deutlich spezieller ist. Mehr zum Thema auf den Seiten der BpB.

deutschland schwarz weiss

Titel: Deutschland Schwarz Weiß: Der alltägliche Rassismus
Autor: Sow; Noah
Genre: Sachbuch
Seitenzahl: 357
Verlag: Selbstverlag

3/5

Herkunft: Deutschland
Jahr: 2008

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Es wird nicht viele Autoren und Autorinnen geben, die mit einem von BoD gedruckten Notizbuch Geld erwirtschaften. Aber immerhin ist diese Art von Humor dann wieder treffender.

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