[Sachbuch] Die neue Einsamkeit

Angesichts der Covid-19-Pandemie wird ein Symptom unse­rer Gesellschaft mas­siv ver­stärkt: Die Einsamkeit der Menschen. Diana Kinnert geht zusam­men mit dem Co-Autor Marc Bielefeld die­sem Phänomen auf den Grund.

Anfangs befasst sich die Autorin sehr umfäng­lich mit dem Thema und beleuch­tet es von vie­len Seiten. Welche Arten von Einsamkeit gibt es, wie sehen ver­schie­de­ne Wissenschaften und Disziplinen die­se und wel­chen Stellenwert kann die­se haben? Es ist nicht der Einsame gemeint, der die Einsamkeit frei­wil­lig gewählt hat. Es ist der Einsame gemeint, der den Anschluss an die Gesellschaft ver­lo­ren hat, der ver­ein­zelt wur­de – unfrei­wil­lig auf­grund äuße­rer Umstände, wie auch immer die­se aus­se­hen, denn auch vor der Corona-Pandemie war Einsamkeit ein bekann­tes Phänomen in unse­rer Gesellschaft.

In die­ser Phase des Buchs kam in mir aller­dings immer wie­der der Gedanke auf, ob die Einsamkeit tat­säch­lich ein gesell­schaft­li­ches Problem dar­stellt oder ob es nicht viel­mehr eine Randerscheinung ist. Oftmals spielt die Autorin näm­lich nicht mit (nied­rig klin­gen­den) Prozenten, son­dern mit den (mehr klin­gen­den) Absolutzahlen.

Ist es anfangs noch sehr inter­es­sant den Gedankengängen zu fol­gen, drif­tet das Thema zuse­hend ab. Plötzlich wird die Jugend und deren Handynutzung (natür­lich kri­tisch) the­ma­ti­siert. Wie auch sonst, denn die Jugend wird immer nicht ver­stan­den. Das ist schon per Definition so, seit Erwachsene sich dar­über schrift­lich ärgern kön­nen (das mach­ten schon die Griechen und Römer und selbst von den Chinesen sind sol­che Aufzeichnungen bekannt).

Aber mehr und mehr gerät das eigent­li­che Thema (die Einsamkeit) aus dem Fokus der Autorin und sie ver­liert sich in den Auseinandersetzungen mit den digi­ta­len Welten und deren Gefahren und Möglichkeiten. Sie erkennt zwar auch die Chancen und Möglichkeiten einer digi­ta­li­sier­ten Welt, defi­niert die­se aber mit einer gewis­sen Hass-Liebe.

Fazit

Irgendwie passt es kaum zusam­men, dass vie­le Menschen in der der­zei­ti­gen Pandemie zu spü­ren bekom­men, dass Deutschland viel zu schlecht digi­ta­li­siert ist, die­ses biss­chen an Digitalisierung dann aber Ursache für die Vereinsamung oder Vereinzelung von Teilen der Gesellschaft ist. Dieser Widerspruch ist kaum beach­tet wor­den. Weniger anspre­chend fand ich zudem, dass viel zu wenig auf das eigent­li­che Thema ein­ge­gan­gen wur­de. Das, was mir aber gänz­lich fehl­te, sind die Wege aus die­ser Einsamkeit. Viel zu abs­trakt und poli­tisch ver­ne­belnd ver­sinkt die­ser Punkt zwi­schen irgend­wel­chen nichts­sa­gen­den Phrasen.

cover neue einsamkeit

Titel: Die neue Einsamkeit: Und wie wir sie als Gesellschaft über­win­den kön­nen
Autor: Kinnert, Daniela; Bielefeld, Marc
Genre: Sachbuch
Seitenzahl: 448
Verlag: Hoffmann und Campe Verlag

3/5

Herkunft: Deutschland
Jahr: 2021

Dieses Buch wur­de mir freund­li­cher­wei­se vom Verlag zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren fin­det sich auf der Verlagsübersichtsseite.

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5 Kommentare

  1. Hi Frank,

    scha­de, dass das Buch nicht wirk­lich das war, was du erwar­tet hat­test.
    Das Thema fin­de ich ja sehr fas­zi­nie­rend, aber das Buch klingt jetzt auch nicht unbe­dingt nach dem, was ich dar­über ger­ne lesen möch­te oder was in die Richtung geht, über die ich in dem Bezug nach­den­ken möch­te.

    Ich den­ke aber schon, dass die Einsamkeit ein gesell­schaft­li­ches “Phänomen” ist unse­rer heu­ti­gen Zeit.
    Ich hab das etwas ver­klär­te Bild vor mir, wie man frü­her, also ganz ganz frü­her (gibts ja lei­der kaum noch) in Stämmen gewohnt hat oder klei­nen Ansiedlungen oder auch als Nomaden umher­ge­zo­gen ist. Diese klei­nen Verbände hat­ten einen extrem star­ken Zusammenhalt und man hat sich die­ser Gemeinschaft zuge­hö­rig gefühlt. Selbst wenn man allein län­ge­re Zeit allei­ne unter­wegs war / unter­wegs sein muss­te, glau­be ich nicht, dass die­se Einsamkeit, wie wir sie heu­te ken­nen, als Gefühl auf­kam.
    Eher in dem Sinn, dass man sich klein fühl­te inmit­ten einer gro­ßen, wun­der­sa­men Welt/Natur, aber ihr zuge­hö­rig. Das alles haben wir ja lei­der ziem­lich ver­lo­ren, die­se Verbundenheit. Und ich den­ke, das ist mit ein Teil des Problems 🙂

    Aber ich krat­ze da auch immer nur an die­sen Gedanken und hab mich noch nicht wirk­lich tief­ge­hen­der damit beschäf­tigt ^^

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Grundsätzlich ist es wohl so, dass die Gesellschaft zuse­hends ver­einsamt. Das war aber schon vor der Pandemie so. Vor allem in den Großstädten konn­te man voll­kom­men anonym zwi­schen hun­dert­tau­sen­den “Nachbarn” leben. Ich den­ke, dass Du gar nicht in die Steinzeit rei­sen musst 😉 Schon hun­dert Jahre rei­chen, als die gro­ßen Familien alle unter einem Dach leb­ten. Wobei ich das jetzt gar nicht stre­bens­wert fin­de 😀
      Nur geht lei­der die­ses Buch nicht unbe­dingt so auf das Thema ein, wie es mei­ner Meinung nach ver­dient hat. Vor allem die­ses “die böse Jugend” von heu­te klingt viel zu abge­dro­schen und zeugt eher vom Unvermögen, sich in die Jugendlichen her­ein­zu­ver­set­zen, die immer und zu jeder Zeit die “Bösen” sind.

      Aber Du hast recht, da könn­te man viel mehr drü­ber schrei­ben 🙂

      Viele Grüße
      Frank

      1. Ich den­ke auch nicht, dass es an der Pandemie liegt, aber sie trägt es halt noch mehr zuta­ge. Wenn so vie­le Einschränkungen plötz­lich auf­tau­chen, kom­men see­li­sche “Defizite” mehr an die Oberfläche.

        Die Steinzeit mein­te ich jetzt gar nicht unbe­dingt *lach* Ich hab da auch so Dorfgemeinschaften im Auge, aber eben auch die Völker, die im Regenwald leben oder die Aborigines, ich den­ke, du weißt was ich mei­ne 😉 Ich muss auch nicht mit allen aus der Familie unter einem Dach woh­nen, aber man wohn­te eben in einem Dorf und hat­te immer jeman­den zur Hand und hat viel mehr gemein­sam gemacht.

        Die “Böse Jugend von heu­te”? ^^ Damit kom­me ich auch gar nicht klar. Die Jugend ist so wie sie es gelernt hat, von den Erwachsenen, die es ihnen vor­le­ben.
        Das Buch wäre dann wohl auch nichts für mich. Geht eher am Thema vor­bei, zumin­dest an dem was ich dar­un­ter ver­ste­he. Da sind wir uns wohl einig 🙂

        1. Du weißt ja, dem Menschen kann man es nie recht machen: wenn Du dann in einer Dorfgemeinschaft lebst, sehnst Du Dich nach ein biss­chen Freiraum, weil jeder im Dorf immer gleich alles mit­kriegt, was in Deinem Leben pas­siert. Ist viel­leicht auch nicht immer erwünscht 😉

          Ja, die­ses Buch gehört wohl eher nicht auf Deine Wunschliste. Da gibt es ande­re, pas­sen­de­re.

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