[Sachbuch] Es kann nur eine geben

Kann eine Comedian ein Sachbuch schreiben? Vor allem, wenn es sich um Caroline Kebekus handelt, die bekanntlich kein Blatt vor den Mund nimmt? Wer sie von der Bühne bzw. ihren Shows kennt, wird wissen, dass sie Feministin ist. Und hat dies nun in einem Buch thematisiert und zeigt, wo die Frau in unserer Gesellschaft steht. Ist es Mimimi-Buch, in dem eine Frau wieder mal jammert, wie ungerecht die Welt ist? Ich denke, dass im Zuge meines Reviews diese Fragen beantwortet werden.

Ich lese das Buch als Mann. Aber nicht als total verblödeter Mann, sondern einer, der beobachtet und viele Dinge wiedererkannt hat, die Kebekus in ihrem Buch auflistet. Sie durchstreift viele Lebensbereiche, die zum Teil allgemein bekannt sind, aber auch welche, die ihrer eigenen Karriere geschuldet sind. Und an allen Ecken und Kanten zeigt sie auf, wie Frauen vergessen oder nicht würdevoll behandelt werden. Sie schaut dabei in die Vergangenheit, aber auch in die Gegenwart.
Die Themenbandbreite wird nicht unbedingt alle Leser und Leserinnen ansprechen. Aber vielleicht ist es ja dennoch interessant, über den Tellerrand zu schauen? Für mich war es das auf jeden Fall.

Es ist nunmal Fakt, dass Männer keine Kinder kriegen können und es immer einen Karriereknick geben wird, wenn eine Familie gegründet wird. Diesen Karriereknick gibt es im übrigen auch bei Männern, was ich selbst erfahren dürfte, als ich für vier Monate in Elternzeit gegangen bin, damit meiner Frau ein besserer Wiedereinstieg in ihrem Beruf gelingt. Das ist natürlich auch eine Art von Gleichstellung, nur in die falsche Richtung.

In unserer aktuellen Struktur ist es hinsichtlich der Karrieren schwierig, sich gegen den einzelnen Mann zu behaupten, der als Single alle Energie in seine Karriere legt. Es liegt auf der Hand, dass dieser mehr erreichen kann als der Familienvater, der unbedingt pünktlich Feierabend machen muss, damit er zur KiTa hasten kann, um das (zeitliche) Abholfenster zu treffen.

Eine Lösung ist mir für diese Diskrepanz in einer Leistungsgesellschaft nicht eingefallen.

Es ist manchmal erschreckend, wie tief das Patriachat in der deutschen Gesellschaft verankert ist. So tief, dass viele es auf subtile Weise gar nicht mitbekommen. Inklusive der Frauen. Auch das thematisiert Kebekus in diesem Buch und zeigt, dass man manchmal ein wenig nachdenken muss, um sich bewusst zu werden, wie sehr die Frauen einfach vergessen werden.

Nur weil eine Comedian ein Sachbuch veröffentlicht, das gut recherchiert ist, muss es ja nicht gleichzeitig bedeuten, dass es sachlich objektiv ist. Nein, die Autorin packt sehr viele persönliche Statements und Kommentare zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen, so dass nicht nur ein bunter Mix aus Fakten und ihrer Meinung entsteht, sondern das Buch bekommt eine persönliche Note. Getreu dem Motto, wo Kebekus draufsteht, muss auch Kebekus drinnen sein, ist die Sprachwahl über weite Strecken so gewählt, wie ich es aus ihren Auftritten kenne. Teilweise sehr umgangssprachlich und frivol und gespickt mit Wörtern, die ich nicht nennen sollte. Und wenn sie mal zu sachlich wird und der Sprachstil diesen Touch verliert, fällt es direkt auf. Ja, tatsächlich sogar ungewohnt und beinah störend. Und das schreibe ich, weil sie genau sowas in ihrem Buch anmerkt, nämlich dass Frauen der Intellekt abgesprochen wird. In diesem Buch ist es direkt erlebbar.

Fazit

Ich teile nicht alle Ansichten von Carolin Kebekus. Das muss ja auch niemand, denn dafür liebe ich Deutschland, dass jeder seine Meinung kundtun darf. Dafür mag ich ihren Humor und die Art und Weise, wie sie Dinge auf den Punkt bringt. Und genau das muss der Leser mögen, um Gefallen an diesem Buch zu finden. Die Autorin hat zwar sehr viele Aspekte in diesem Buch genannt, die wissenschaftlich fundiert und mit Quellen belegt sind, aber nochmal mehr nimmt sie ganz subjektiv Stellung zu allen Themen. Mir hat dieser Mix gefallen.
Man muss übrigens kein Frauenversteher oder Feminist bzw. Feministin sein, um dieses Buch zu mögen. Man muss aber sehr wohl mit der Art der Autorin (als Künstlerin) zurechtkommen.

Über das Gendern

Die erste Fußnote im Buch lautet:

„Auch wenn das Wort »man« von »Mann« abstammen mag, benutze ich es fröhlich im gesamten Buch.“

Ich hatte mich schon gefreut, das Buch einer Feministin zu lesen, die die Rechte der Frau nicht über die Sprache stärken möchte. Leider gendert Kebekus in diesem Buch, was teilweise sehr merkwürdige Satzgebilde ergibt, wie z.B. diesen hier:

„Männer gehen zum*r Kosmetiker*in und stählen sich im Fitnessstudio.“ (bei 12% des eBooks)

oder sehr merkwürdige Wörter wie z.B. “Zuschauer*innenschaft”. Das klingt sehr nach Bürger*innensteig. Oder das Beispiel bei den Schlümpfen. Es heißt nunmal der Schlumpf. Ist es dann der Oma-Schlumpf oder sollte es die Oma-Schlumpfine heißen?

Allerdings setzt sie das Gendern nicht konsequent ein, denn bekanntlich müssten Wörter ganz vermieden und Sätze umformuliert werden. Ich könnte nun reihenweise Beispiele anführen, die zeigen, dass auch unlogisch gegendert wurde. Und dass Kebekus das Gendern politisch einsetzt. Bei ca. 69% des eBooks findet sich dieser Satz: “Natürlich sind Rechte Gegner des Feminismus.

Das Buch zeigt recht gut, dass das Gendern in Büchern auf diese Weise nicht funktioniert. Anstelle des Gendersternchen sollte besser der Querstrich verwendet werden, was aber nur der “offiziellen” Version des Gendersternchen entspricht. Noch besser wäre es gewesen, wenn beide Versionen genannt worden wären. Das bedeutet zwar mehr Text, aber eben auch eine bessere Lesbarkeit. Dann würde sich das obige Beispiel so lesen: „Männer gehen zum Kosmetiker oder zur Kosmetikerin und stählen sich im Fitnessstudio.“ Viele unglückliche Wort(er)findungen wären dann nicht in diesem Buch zu finden gewesen.

Noch mehr zum Thema Gendern findet sich auf meiner Sprachkapriolen-Seite. In diesem Zusammenhang möchte ich gern auf die Beiträge Das Gendern als Politikum und sinnvoll gendern verweisen.

buchcover

Titel: Es kann nur eine geben
Autor: Kebekus, Carolin
Genre: Sachbuch
Seitenzahl: 352
Verlag: KiWi Verlag

5/5

Herkunft: Deutschland
Jahr: 2021

Mehr zum Buch auf der KiWi-Seite.

Mittlerweile habe ich in das Leben einiger Comedians geschaut. Jetzt fragt sich so mancher vielleicht, müssen die alle einen Seelenstriptease hinlegen? Ganz so ist es nicht. Jeder der vier hatte eine andere Motivation seine bzw. ihre Gedanken zu Papier zu bringen. Empfehlenswert sind alle vier.

Abgeschminkt von Ilka Bessin, Rolllt bei mir! von Tan Caglar, Angekommen von Bülent Ceylan und dieses Buch “Es kann nur eine geben” von Carolin Kebekus, das mehr politisch motiviert geschrieben wurde (und nicht als Biografie).

Dieses Buch wurde mir über die Plattform Netgalley als E-Book zur Verfügung gestellt. NetGalley gibt keinerlei Vorgaben über die Art und Weise, wie Bücher bewertet oder vorgestellt werden. Mehr Infos dazu auf der Seite “Über diesen Blog“.

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