Sind E-Reader umweltfreundlicher als Bücher?

ebook vs printWer umweltbewusst lebt, klopft all seine Lebensbereiche ab und fragt sich, wie ökologisch und/oder nachhaltig ist mein Lebensstil eigentlich? Das gilt natürlich auch für die Hobbys. Und plötzlich steht der Leser vor der Frage, wie nachhaltig oder ökologisch ist eigentlich ein gedrucktes Buch und wie schneidet es im Vergleich zu einem E-Reader ab?

Vergleichsgrundlage

Um bewerten und vergleichen zu können, welchen Einfluss ein Produkt oder eine Handlung auf die Umwelt hat, wird alles auf einen gemeinsamen Nenner gebracht. Als Basis dient Kohlendioxid (CO2), da ein Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre den Treibhauseffekt verstärkt.

Nun wird der Lebenszyklus eines Produkts oder aber nur ein Abschnitt daraus betrachtet, welche Energie benötigt wird, um diesen herzustellen bzw. zu nutzen und rechnet diese auf das sogenannte CO2-Äquivalent um. Geschrieben wird dies dann als CO2eq und bezieht sich für gewöhnlich auf einen Zeitraum von 100 Jahren.

Dabei ist die Abgrenzung der einzelnen Abschnitte relativ wichtig, um eine Vergleichbarkeit herzustellen. So ist es z.B. ein Unterschied, ob man nur auf die Herstellung eines Produkts schaut oder auch auf dessen Herkunft. So kann der Vergleich mitunter recht schwierig werden. Ich selbst berufe mich bei der Betrachtung auf diverse Studien, in denen die Umweltverträglichkeit von verschiedenen Produkten untersucht wurde. Und wie der Titel schon sagt, konzentriere ich mich auf Bücher bzw. E-Books und E-Reader.

Zur Sache

Um es direkt vorweg zu nehmen, so ist Lesen egal als Print oder E-Book ein recht klimafreundliches Hobby. Die Herstellung eines Buchs schlägt mit etwa einem Kliogramm CO2eq zu Buche. Der E-Book-Reader kommt auf 24 Kilogramm CO2eq.

Bleibt man bei dieser einfachen Rechnung, so armortisiert sich ein E-Book-Reader (hinsichtlich seiner Umweltverträglichkeit) schon nach 24 Büchern. Das Ökoinstitut gibt nach einer Studie aus dem Jahre 2011 30 Bücher an.

Die Studien sprechen dann von “Viellesern”, wenn sie mehr als 30 Bücher auf einem E-Reader gespeichert und gelesen haben. Da E-Reader einen recht langen Lebenszyklus besitzen, dürften wohl die meisten E-Book-Leser über diesen Wert kommen.

Zum Zeitpunkt, zu dem ich diesen Beitrag schreibe, befinden sich auf meinem E-Reader 563 Bücher. Es handelt sich um einen Kindle-Paperwhite, den ich im Juli 2016 gekauft habe und er funktioniert noch immer hervorragend. Bei einem solchen Leseverhalten gewinnt der E-Reader eindeutig gegenüber einem Print.

Relationen

Ich denke, man sollte die Frage, ob ein Buch oder E-Book umweltfreundlicher kurz in Relation zu anderen Verhaltensweisen stellen. So entspricht ein Flug von Düsseldorf nach Mallorca und zurück 750 Kilogramm CO2eq (pro Person). Also ein Vielfaches dessen, was ich beim Lesen zu verantworten habe.

Wenn ich nachlässig mit meinem Klimagerät umgehe, in dem sich das Kältemittel R134a befindet, und die darin enthaltene Menge von lediglich drei Kilogramm (zum Beispiel aus einer Autoklimaanlage oder einem mobilen Klimagerät) einfach in die Umwelt ablasse, so habe ich gleich 3900 Kilogramm CO2eq zu verantworten.

So viele Bücher muss man ersteinmal lesen, damit man auf einen gleiches Klimaerwärmungspotential kommt.

Anders sieht es übrigens beim Papierverbrauch aus. Hier könnte der Deutsche durchaus etwas tun und verstärkt zu recyeltem Papier für Drucker und Schulhefte greifen. Aber das steht auf einem anderen Blatt und soll hier nicht weiter vertieft werden.

Zurück zum Buch

Die Problematik beim Bücherkauf, die nicht in den CO2-Bilanzen berücksichtigt wird:

  • Bücher werden für gewöhnlich auf Frischpapier und nicht auf recyceltem Papier gedruckt, da die meisten Leser rein weiße Seiten bevorzugen. Auch wenn viele Verlage Papier beziehen, das unter einem FSC-Gütesiegel hergestellt wird, ist die Ökobilanz meist schlecht. Die Problematik des Siegels wurde deutlich, als Greenpeace 2018 seine Mitgliedschaft beim FSC beendet hat.
  • Bücher werden gedruckt. Leider nicht immer in Deutschland, sondern oftmals in Großdruckerein irgendwo in Europa. Kann das Layout noch auf elektronischem Wege vom Verlag an die Druckerei gesendet werden, müssen die Bücher irgendwie an die großen Verteilerzentren gefahren werden. Meist steht vorn im Impressum, wo ein Buch gedruckt wurde.
    Grundsätzlich machen lange Transporte jegliche andere Vorteile von klimafreundlichen Produkten zunichte. Dies gilt auch für Glasflaschen und biologisch angebaute Früchte.

Die Problematik des E-Readers:

  • Ein E-Reader ist zwar kein Smartphone, wird aber mit einem ähnlichen Aufwand hergestellt (mit der Ausnahme des Displays, das bei einem E-Reader meist monochrom ausgeführt ist). Allerdings ist die Lebensdauer eines E-Reader um ein vielfaches höher als bei einem Smartphone.

Ein paar abschließende Gedanken zur Nachhaltigkeit beim Bücherkauf

  • Wo kaufe ich Bücher? Fahre ich mit meinem SUV in die nächste Großstadt oder mit dem Fahrrad zur Bücherei um die Ecke?
  • Leihe ich Bücher aus oder muss ich die Bücher besitzen?
  • Gerade Vielleser fahren mit E-Books umweltfreundlicher. Auch der lokale Buchhandel kann den Leser mit E-Books versorgen, wenn wer ungern bei den großen (Online-)Buchhandlungen einkauft.

Was bei dieser Betrachtung nicht berücksichtigt wurde

  • Viele Menschen in Deutschland möchten etwas in der Hand halten, um von dessen Wertigkeit überzeugt zu sein. Ein E-Reader liegt eben nicht so schwer in der Hand als ein Print. Eigentlich ein Vorteil des E-Readers, der gern ins Gegenteil gewandelt wird.
  • Die Haptik bleibt vollkommen unberücksichtigt. Viele lieben es, über das leicht rauhe Papier zu streichen oder die Prägung des Covers zu ertasten.
  • Der Geruch der Farbe und des Papiers gehört für viele Leser zum Lesen dazu.
  • Das leise Flüstern, wenn sich die nächste Seite offenbart, fehlt beim E-Reader ebenso wie das Rascheln der Blätter, wenn sie übereinandergleiten.
  • Ein Print kann man verkaufen, verschenken oder tauschen. Ein E-Book ist für gewöhnlich an den Reader oder einen Account gebunden. Außerdem wird ein E-Book nicht gekauft, sondern man erwirbt lediglich Leserechte.

Rein aus Sicht der Umweltfreundlichkeit betrachtet, so sind E-Reader nachhaltiger, so lange der Leser mehr als 30 Bücher auf ihm liest und speichert.

(Der Einfachheit halber verwende ich in diesem Beitrag die Begriffe Buch und E-Book, meine damit natürlich das gedruckte Buch im Vergleich zum elektronischen Buch. Buch bleibt natürlich Buch, egal ob es mit elektronischer oder physischer Tinte geschrieben ist.)


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Ich habe sehr gute Erfahrungen mit dem Kindle-Paperwhite gemacht, den es in einer kleinen 8GB-Version mit Spezialangeboten und WLAN-Zugang (was vollkommen ausreichend ist, wenn man hauptsächlich Bücher liest) oder in der 32GB-Version ohne Spezialangebote und mit WLAN und 4G Funktionalität gibt. Wer auf eine Angebotswoche warten kann, der bekommt den Paperwhite i.d.R. für 80 Euro. Den “einfachen” Kindle kann ich hingegen nicht empfehlen.

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12 Kommentare

  1. Hallo,

    interessant, im Laufe der Jahre habe ich inzwischen sehr unterschiedliche Angaben gelesen, ab wievielen eBooks ein Reader unweltverträglicher sei! Wahrscheinlich ändert sich das im Laufe der Zeit einfach, weil die Herstellung von Büchern und Readern auch nicht gleich bleibt.

    Ich glaube, als ich das das erste Mal recherhiert habe, war von 72 Büchern oder einem Wert irgendwie in der Nähe die Rede, und da habe ich mir schon gedacht: kein Problem, schaff ich! Ich kaufe immer noch Printbücher, aber inzwischen mache ich das zum Teil so, dass ich mir das eBook kaufe, und wenn mir das soooo gut gefällt, dass ich es im Regal stehen haben will, kaufe ich das Printbuch gebraucht.

    LG,
    Mikka

    1. Hallo Mikka,

      es hängt maßgeblich davon ab, wo man die Betrachtung anfängt. Hier werden sehr oft Äpfel mit Birnen verglichen, wenn beim E-Reader die Förderung der Seltenen Erden mitberücksichtigt werden, beim Buch aber nicht die Papierherstellung.

      Bei den Bücherblogs, die ich regelmäßig besuche, findet sich eine gute Durchmischung von beidem. Zumindest bei den Buchbloggern gibt es kaum jemanden, der sich ausschließlich auf ein Medium festlegt.

      Viele Grüße
      Frank

  2. Hallo Frank,

    ich danke Dir für den sehr aufschlussreichen Artikel! Besonders dieser Satz hier ist für mich totales Neuland:

    ….. Auch der lokale Buchhandel kann den Leser mit E-Books versorgen, wer ungern bei den großen (Online)Buchhandlungen einkauft……

    Das war mir nicht bewusst! Ich habe bei meiner kleinen Statdbuchhandlung geschaut und die bieten (neuerdings) tatsächlich ebooks an! Das finde ich mega – ich wäre ohne Deinen Beitrag niemals auf die Idee gekommen woanders als bei den Riesen zu kaufen weil ich nie gedacht hätte dass es dort welche gibt. Künftig kaufe ich nur noch bei der lokalen wenn sie es anbieten!

    Liebe Grüße
    Nordlicht Lari

  3. Interessanter Beitrag. Vielen Dank dafür. Ich kaufe gerne Bücher (insbesondere hochwertige Hardcover), lese jedoch auch viel mit meinem E-Reader. Beides hat seine Vorteile.

    Viele Grüße
    Jay

    1. Hallo Aleshanee,

      vielen Dank für die Verlinkung. Dieser Beitrag ist einer der wenigen, der auch bei Google relativ weit vorn gelistet wird, weshalb ich ihn regelmäßige pflege. Vor allem, was die Prints angeht, gibt es aber kaum neuere Untersuchungen und nicht immer steht auf den Büchern, wo sie gedruckt werden – oder manche Verlage sind ganz clever und schreiben “Print in Europe”. Dann werden die Bücher vermutlich einmal durch Europa gekarrt. Aber immerhin verzichten viele mittlerweile auf die Plastikfolie …

      Viele Grüße
      Frank

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