[Sprachkapriolen Nr. 4] Tierfreundliche Sprache

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Meine Beiträge zur deut­schen Sprache habe ich zu einer klei­nen Reihe mit dem Titel “Sprachkapriolen” zusam­men­ge­fasst. Es wer­den in die­ser Reihe immer wie­der in loser Folge ein paar Beiträge fol­gen. Bisher ging es ums Gendern und was die­se Versuche mit der Sprache machen (kön­nen). Bisher waren die Beiträge so auf­ge­baut, dass ich eher gezeigt habe, was nicht mög­lich ist. Aber kei­ne Sorge, ich wer­de auch einen Beitrag schrei­ben, in dem ich zei­ge, wie eine Formulierung sinn­voll ist, wenn bei­de Geschlechter gemeint sind.

Vorher möch­te ich aber einen ande­ren Themenbereich anspre­chen, denn den Kreis der neu­tra­len Sprache kann man ja belie­big erwei­tern. Zum Beispiel auf Tiere.

Auf den sozia­len Medien bewirbt die radi­ka­le Tierschutzorganisation PETA die tier­freund­li­che Sprache und wüss­te gern das Deutsche in eine tier­freund­li­che Sprache gewan­delt. Passend dazu zei­gen die Initiatoren wel­che tier­un­freund­li­che Begriffe im Deutschen vor­han­den sind und wel­che Alternativen mög­lich wären.

So soll zum Beispiel aus “Ich habe mit dir ein Hühnchen zu rup­fen.” als Alternative fol­gen­de Redewendung benutzt wer­den: “Ich habe mit dir ein Blümchen zu zup­fen.” Allerdings schei­nen die Tierfreunde wenig auf­ge­schlos­sen der Botanik gegen­über zu sein. Muss man den Tierfreunden etwas die Bedeutung der Blüten näher­brin­gen? Egal, wei­ter im Kontext.

Aus dem bru­ta­len “Zwei Fliegen mit einer Klappe schla­gen” soll­te kann künf­tig “Zwei Fliegen mit einer Klappe strei­cheln” wer­den. Aus “Perlen vor die Säue wer­fen” wird “Perlen vor die Säufer wer­fen”. Aus “Das passt auf kei­ne Kuhhaut” wird “Das passt gut zu Sauerkraut”. Aus “Du hast den Vogel abge­schos­sen” wird “Du hast den Vogel gefüt­tert

Ja, da wird doch der Hund in der Pfanne ver­rückt! Wie soll das nur umsetz­bar sein? Und das ist noch nicht alles. Ich habe mich auf die Suche nach wei­te­ren Begriffen gemacht, in denen Tiere sprach­lich nicht so gut weg­kom­men. Was soll nur aus die­sen Redewendungen wer­den?

Eine Eselsbrücke bau­en / Halt die Ohren steif! / Katzenwäsche machen / Den Bock zum Gärtner machen / Der Teufel ist ein Eichhörnchen / Man hat schon Pferde kot­zen sehen / Einen Kater haben / Jemandem einen Bären auf­bin­den / Auch ein blin­des Huhn fin­det mal ein Korn / Des Pudels Kern / Die Katze im Sack kau­fen / Da steppt der Bär / Das war für die Katz / Das geht auf kei­ne Kuhhaut / Der Wolf im Schafspelz / Wie von der Tarantel gesto­chen / Jemanden einen Bärendienst erwei­sen

Nur, war­um funk­tio­niert das nicht, die­se Phrasen ein­fach zu strei­chen?

Ja, die­se Frage soll­ten sich die Initiatoren mal stel­len. Warum kann man die deut­sche Sprache nicht ein­fach per Dekret ver­än­dern?

Die Sprache lebt! Ständig kom­men Begriffe hin­zu, wäh­rend ande­re ver­schwin­den. Das gilt natür­lich auch für Redewendungen. Diese Änderungen pas­sie­ren aber nicht, weil irgend­je­mand dies vor­gibt, son­dern weil die Menschen sie nut­zen – oder eben nicht. Allein die Rechtschreibreform und die Reform der Reform hat gezeigt, dass es kaum mög­lich ist, Änderungen zu erzwin­gen. Dies kann nur ein Prozess sein, der in der Schule anfängt und im Grunde genom­men nie endet.

Wenn ich mich nun dem Thema tier­freund­li­che Sprache zuwen­de, stel­le ich mir schon die Frage, ob der Deutsche per se den Tieren nicht wohl­ge­son­nen ist. Und wenn ja, ist dem so, weil die­se Redewendungen exis­tie­ren? Ich weiß nicht, wie­vie­le Länder exis­tie­ren, in denen es ein Tierschutzgesetzt gibt, von dem vie­le behaup­ten, dass es Tiere bes­ser schützt als Kinder. Das kann ich eben­so wenig prü­fen wie ich Studien ken­ne, die die Tierfreundlichkeit der Deutschen unter­su­chen.

Ich den­ke aber sehr wohl, dass die Haustiere in deut­schen Haushalten im Großen und Ganzen ein gutes Leben füh­ren. In Deutschland gibt es kaum streu­nen­de Tiere und Tierheime neh­men sich ver­wahr­los­ten Haustieren an. Das klingt nicht nach tier­un­freund­lich.

Wer nun in Richtung Nutztiere schaut, dem wird sich sicher­lich ein ande­res Bild zei­gen. Aber kön­nen wir wirk­lich ver­hin­dern, dass es ein 50-Cent-Hähnchen gibt, wenn wir sprach­lich kei­ne Hühnchen mehr rup­fen? Ich den­ke nicht. Das ist wohl der fal­sche Ansatz und den Vorstoß der radi­ka­len Tierschutzorganisation kann man wohl getrost unter PR-Gag ver­bu­chen und dann wie­der ver­ges­sen.

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