[Biografie] Der Traum von Olympia: Die Geschichte von Samia Yusuf Omar

Es sind Zahlen. Sehr abs­trak­te Zahlen, wenn über Flüchtlinge berich­tet wird, die den Weg über das Mittelmeer nicht geschafft haben. Zahlen berüh­ren uns nicht. Mit ihnen ver­bin­det sich nichts. Man nimmt sie zur Kenntnis, hat viel­leicht ein Bedauern im Herzen, aber dann sind sie auch schon wie­der ver­ges­sen. Es ist ähn­lich mit der Corona-Krise, in der die täg­li­chen Zahlen der am Virus Verstorbenen gleich­sam abs­trakt sind.

Ein Schicksal

Wie sehr ändert sich das Bild, wenn ein Schicksal her­aus­ge­pickt und einer Zahl ein Gesicht ver­lie­hen wird. Plötzlich wird einem bewusst, dass sich hin­ter jeder Zahl ein tra­gi­scher Verlust ver­birgt. So erging es Reinhard Kleist mit Samia Yusuf Omar, der das bekann­te Gesicht ver­wen­det bzw. ver­wen­den durf­te, um auf die Zustände der Flüchtlinge auf­merk­sam zu machen. Dafür erzählt er ein­fach nur ihre Geschichte, begin­nend mit ihrer Teilnahme an den olym­pi­schen Spielen in Peking und endend mit ihrer Flucht in Richtung Europa.

In sei­nem Vorwort erzählt der Autor und Zeichner ein wenig zur Entstehungsgeschichte die­ser Graphic Novel und ich als Leser erhal­te einen ers­ten Vorgeschmack auf das, was kommt. Denn das wesent­li­che Merkmal die­ses Buch liegt dar­in, dass ich weiß, wie es endet und auch eine gro­be Idee davon habe, was Menschen antreibt, ihr Land zu ver­las­sen. Es gibt kei­ne span­nen­den Wendungen in der Erzählung und auch kei­nen Cliffhanger am Ende des Buchs. Dennoch berührt das Buch, denn Kleist erzählt ein­fach nur ihre Geschichte.

Wie eine jun­ge Sportlerin von ihrem direk­ten Umfeld bewun­dert und ange­spornt wird, sie aber sehr vie­le Steine in den Weg gewor­fen bekommt. Wie sie davon träumt, auch bei den nächs­ten olym­pi­schen Spielen teil­zu­neh­men und alles dar­an setzt, die­ses Ziel zu errei­chen. Objektiv wird kaum einer bei einer sol­chen Erzählung blei­ben kön­nen, aber Kleist erzählt ihre Geschichte erstaun­lich wert­frei. Natürlich berührt das Schicksal, wie sie durch dick und dünn gehen muss­te, nur um am Ende ihr Leben im Mittelmeer zu ver­lie­ren.

Gezeichnet ist das Buch durch­ge­hend in Schwarz-Weiß, was ich per­sön­lich für sehr pas­send emp­fun­den habe. Zudem sind die Zeichnungen nicht skiz­zen­haft, son­dern prä­sen­tie­ren sich mit siche­rem Strich. Andere Graphic Novels des Künstlers sehen zuwei­len arg anders aus. Mir per­sön­lich gefällt der vor­lie­gen­de Stil deut­lich bes­ser.

Fazit

Wie sinn­los sind die­se Tode. Die Botschaft, die Reinhardt Kleist mit die­ser Graphic Novel sen­det, ist klar. Die Geschichte von Samia Yusuf Omar führt auch sie­ben Jahre nach Veröffentlichung des Buchs vor Augen, wie wenig sich an der Politik geän­dert hat, um sol­che Schicksalsschläge zu ver­hin­dern. Ich kann die­se Graphic Novel in jeg­li­cher Hinsicht wärms­tens emp­feh­len.

cover traum von olympia

Titel: Der Traum von Olympia: Die Geschichte von Samia Yusuf Omar
Autor&Zeichner: Kleist, Reinhard
Genre: Biografie / Graphic Novel
Seitenzahl: 160
Verlag: Carlsen Verlag
Band: 1 von 1

5/5

Herkunft: Deutschland
Jahr: 2017

Natürlich wäre es schön gewe­sen, wenn die­se Graphic Novel eine Lösung für das Problem bereit­hal­ten wür­de. Das tut und das kann sie auch nicht. Natürlich ist die euro­päi­sche Flüchtlingspolitik unter aller Kanone. Allein, dass die Grenzsstaaten mit ihren Problemen wei­test­ge­hend allein gelas­sen wer­den, hal­te ich per­sön­lich für eine recht unso­li­da­ri­sche Lösung, die nur zu den Zeiten funk­tio­nier­te, als der Flüchtlingsstrom noch nicht der­art aus­ufer­te.

Niemand zieht ernst­haft in Erwägung, alle Flüchtlinge der Welt nach Europa schleu­sen zu wol­len. Die Vergangenheit zeigt, dass eine unge­steu­er­te Aufnahme vie­ler Menschen aus voll­kom­men unter­schied­li­chen Kulturkreisen zu gro­ßen Spannungen führt. Natürlich fällt da auch drun­ter, dass eini­ge weni­ge Flüchtlinge sich über­haupt nicht mit der Kultur Deutschlands aus­ein­an­der­set­zen möch­ten und ein­fach ihre eige­ne Wertevorstellung prak­ti­zie­ren. Selbst wenn die beinhal­tet, dass Frauen als min­der­wer­ti­ge Objekte zu betrach­ten sind.

Auch darf nicht das Signal an die ver­zwei­fel­ten Menschen in den Krisenregionen Afrikas gesen­det wer­den, dass in Europa para­die­si­sche Zustände herr­schen und dass es vie­le hel­fen­de Hände auf dem Mittelmeer gibt, die es recht­fer­ti­gen, mit über­füll­ten Nussschalen die Überfahrt zu wagen. Aber das darf nicht als Rechtfertigung her­an­ge­zo­gen wer­den, dass noch immer so vie­le Menschen auf dem Mittelmeer, in den Flüchtlingslagern oder an den Grenzen Osteuropas ster­ben. Es gibt mit Sicherheit Lösungen, die bei­den Seiten gerecht wer­den kann. Nein, nicht nur kann, son­dern muss.

Mit die­ser Graphic Novel wird nur ein Schicksal von vie­len the­ma­ti­siert und die Politik dazu auf­ge­for­dert, eine men­schen­wür­di­ge Flüchtlingspolitik zu betrei­ben, die nicht in Kauf nimmt, dass jedes Jahr meh­re­re Zehntausend Menschen auf­grund unter­las­se­ner Hilfeleistung ster­ben müs­sen.

graphic novels comics

In mei­ner per­sön­li­chen Übersicht der emp­feh­lens­wer­ten Comics und Graphic Novels fin­den sich vie­le lesens­wer­te und zum Teil sehr beein­dru­cken­de Werke, die alle auf ihre Art und Weise einen Blick wert sind.

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