[Belletristik] Die Bibliothek im Nebel

Kai Meyer hat vori­ges Jahr die Leserschaft mit „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ in das Deutschland des vori­gen Jahrhunderts geschickt und hat in einer mehr­schich­ti­gen Geschichte vom deut­schen Buchwesen erzählt. Dieses Konzept fin­den sich auch in die­sem Buch wie­der (das aber in kei­nem Zusammenhang zum genann­ten Buch steht) und der Autor einen Mix aus Familiensaga, Kriminalroman, Liebesgeschichte und Abenteuer.

Dabei spielt die Handlung an meh­re­ren Orten in unter­schied­li­chen Zeiten. Grundsätzlich liegt dem Roman das Schicksal zwei­er Familien zugrun­de. Die ers­te Familie stammt aus Sankt Petersburg, die ande­re aus Leipzig und bei­de machen gern Urlaub an der Côte d’Azur, wo sie sich tref­fen und anfreun­den. Bis der Leser die­sen Zusammenhang erkannt hat, dau­ert es aller­dings eini­ge Kapitel, denn Kai Meyer baut sei­ne Handlung sehr geschickt mehr­schich­tig auf.

Mal erzählt der Bibliothekar Arthur (als Ich-Erzähler) von sei­nem Leben in Russland und der Flucht nach Deutschland, mal wird in der drit­ten Person von einer der Töchter erzählt, mal aus den 1920ern, mal aus den 1950ern. Dieses sprin­gen zwi­schen Orten und Zeiten ist sehr atmo­sphä­risch und gut gelun­gen, weil so nach und nach nicht nur die Zeichen der jewei­li­gen Zeit prä­sen­tiert wird, son­dern es offen­bart sich auch, wie die Figuren mit­ein­an­der zusam­men­hän­gen.

Manchmal fra­ge ich mich, wo die Autoren ihre Ideen auf­ga­beln. In die­sem Buch ist z.B. von der Narrenbibel die Rede, die kaum bekannt ist und sich auch über Google kaum fin­den lässt.

Der Legende nach hat die Frau eines Buchdruckers heim­lich in des­sen Werkstatt geschli­chen (obwohl er es ver­bo­ten hat­te) und las dort aus dem Buch Genesis Kapitel 3 Vers 16:

Und zur Frau sprach er: Ich will dir viel Mühsal schaf­fen, wenn du schwan­ger wirst; unter Mühen sollst du Kinder gebä­ren. Und dein Verlangen soll nach dei­nem Mann sein, aber er soll dein Herr sein.

Darüber war sie arg ver­är­gert und hat das Wort „Herr“ gegen „Narr“ getauscht. Es wur­den eini­ge Bibeln gedruckt, bis der „Fehler“ auf­fiel.

Fazit

Diesen Mix aus unter­schied­lichs­ten Genres an unter­schied­li­chen Orten zu unter­schied­lichs­ten Zeiten fand ich über­aus gelun­gen. Schon früh wur­de in mir der Wunsch geweckt, her­aus­zu­fin­den, wie wohl alles zusam­men­hän­gen mag und wie es sich schluss­end­lich auf­lö­sen wird. Und so viel darf ich ver­ra­ten: Zum Ende hin wird sich alles auf­lö­sen. Mir hat die­ser kom­ple­xe Roman sogar ein wenig bes­ser gefal­len als der aus dem letz­ten Jahr. Ich kann die­ses Buch ein­fach nur jedem ans Herz legen.

Anmerkung: Im Buch gibt es Ofeliya, die auf­grund eines Unfalls nicht mehr gehen kann. Zum einen beschreibt Kai Meyer sehr anschau­lich, wie behin­der­te Menschen frü­her weg­ge­sperrt wur­den (in die­sem Fall behielt sie ein Zimmer im Obergeschoss), benutzt aber lei­der eine nicht mehr zeit­ge­mä­ße Redewendung, dass sie an den Rollstuhl gefes­selt sei. Solche Phrasen kön­nen nur dann aus den Köpfen der Menschen ver­schwin­den, wenn sie nicht mehr ver­wen­det wer­den.

Auch gehört der Ausdruck „Zwerg“ für klein­wüch­si­ge Menschen nicht in ein sol­ches Buch, auch wenn dem Leser sug­ge­riert wird, älte­re Aufzeichnung zu lesen.

bibliothek im nebel

Titel: Die Bibliothek im Nebel
Autor: Meyer, Kai
Genre: Belletristik
Seitenzahl: 560
Verlag: Knaur Verlag

Herkunft: Deutschland
Jahr: 2023

Werbung: Dieses Buch wur­de mir freund­li­cher­wei­se vom Verlag zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren fin­den sich im Bereich “Über die­sen Blog”.

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2 Kommentare

  1. Hi Frank!

    Freut mich dass es dir so gut gefal­len hat!
    Ich hab ja eine Menge von Kai Meyer gele­sen und mir gefällt vie­les echt super. Aber die Thematik der bei­den neu­en Bände spre­chen mich ein­fach gar nicht an… ich hab ja noch eini­ge älte­re Bücher von ihm, die noch unge­le­sen sind, die wer­de ich wohl erst­mal lesen 🙂

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Hi Aleshanee,
      ja, Kai Meyer hat auch ganz schön viel geschrie­ben und ich kom­me mit­nich­ten hin­ter­her, alle Bücher zu lesen. Die bei­den neu­en hat­ten mich bei Netgalley ange­lacht und ich kann mir gut vor­stel­len, dass sie Dir gefal­len. Aber eilt ja nicht 🙂

      Viele Grüße
      Frank

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