Der deutsche Buchmarkt wird nun schon seit Jahren durch Graphic Novels berreichert. Aber was ist eigentlich der Unterschied zu einem Comic? Gibt es klare Abgrenzungen?
Ich kann vorweg nehmen, dass es keine eindeutige Definiton gibt, was eine Graphic Novel von einem Comic unterscheidet und es gibt sicherlich sehr viele Bücher, die sich im Grenzbereich bewegen. Oftmals ist es die Summe von mehreren Aspekten, die ein Comic von einer Graphic Novel abgrenzen. Und so gibt es auch hier auf dem Blog sicherlich Comics, die andere als Graphic Novel ansehen und umgekehrt.
Gliederung
Viele nehmen den traditionellen Roman als Vorbild und ordnen Eigenschaften eines solchen den Graphic Novels zu, während Comics diese Elemente oftmals nicht aufweisen. Beiden Formaten ist gemein, dass ein Großteil der Erzählung über die Bilder und Illustrationen erfolgt, wobei Dialogblasen und Erzählkästen bei der Ausarbeitung der Geschichte helfen.
Dabei gilt, dass Graphic Novels einen größeren Schwerpunkt auf die Erzählung legen und die Dialoge tiefgründiger sind. Die Erzählung ist in wenigen Bänden abgeschlossen und die Bücher haben für gewöhnlich einen größeren Umfang.
Comics sind kurzweiliger erzählt und ebnen sich in einen größeren Erzählstrang ein, der in vielen kleinen Episoden erzählt wird. Comics sind oftmals deutlich kürzer und die erzählerische Tiefe ist geringer. Die Texte sind einfacher und kürzer gehalten. Reine Erzählkästen gibt es in Comics für gewöhnlich nicht.
Einige Orientierungspunkte, die bei der Einschätzung helfen:
- Graphic Novels sind oftmals umfangreicher als Comics
- Graphic Novels kann man einem bestimmten Genre zuordnen, wie man sie auch von traditionellen Romanen kennt
- Graphic Novels enthalten eigenständige Geschichten, egal ob sie Teil einer Reihe sind oder nicht. Comics hingegen bauen direkt aufeinander auf und sind innerhalb einer Serie nicht eigenständig verständlich, wobei diese Charakterisitk meiner Meinung nach am geringsten ausgeprägt ist
- Comics werden oft in kürzeren Zeitabständen veröffentlicht (z.B. wöchentlich oder monatlich), während Graphic Novels oftmals als eigenständige Bücher geschrieben werden.
- Beide Medien können komplexe Charaktere mit detaillierten Hintergrundgeschichten und inneren Konflikten enthalten.
Wie schon erwähnt, kann der eine Aspekt mal mehr und mal weniger ausgeprägt sein. Nicht selten sind es die Autoren, Illustratoren oder die Verlage, die ihr Produkt in einem der Genre sehen. Weniger eine Rolle spielt die Zielgruppe. Nicht jedes Comic ist für Kinder geschrieben und nicht jede Graphic Novel zielt auf Erwachsene ab. Es gibt sehr wohl Comics für Erwachsene und Graphic Novels für Kinder.
So oder so finde ich, dass es im deutschen Markt viel zu wenig Graphic Novels und Comics jenseits des lustigen Taschenbuchs und des Marvel-Universums gibt. In meinen persönlichen Graphic-Novel- und Comic-Empfehlungen kann sich jeder selbst ein Bild davon machen, welch großartige Werke der deutsche Markt mittlerweile hergibt.
Der Büchernarr schreibt hauptsächlich über Bücher aus den Genres Fantasy und Horror. Manchmal schleichen sich Bücher anderer Genres in diesen Buchblog ein, so dass hier auch Biografien, historische Romane oder Kinderbücher zu finden sind.
Hallo Frank,
toll, dass du auch einen Beitrag zum #ComicMärz geschrieben hast. Ich habe mittlerweile viele Beiträge gelesen von Personen, die den Begriff “Graphic Novel” sehr kritisch sehen, zum einen weil die Abgrenzungskriterien zum Comic unscharf sind, zum anderen, weil da auch ökonomische Überlegungen hintendran stehen. Oft wird dafür plädiert, einfach den Begriff “Comics” für alles zu verwenden. Wie stehst du dazu?
Viele Grüße,
Nico
Hallo Nico,
eine Abgrenzung ist meiner Meinung nach absolut sinnvoll, auch wenn es immer wieder Werke gibt, die sich nicht eindeutig zuordnen lassen. Ich habe schon zahlreiche Graphic Novels gelesen, bei denen es mehr als eindeutig ist, dass es eben kein Comic ist. Das ist irgendwie das gleiche, als wenn man alle Comics auf das Niveau eines LTB herabsetzt. Das machen ebenso einige und ist ebenso nicht gerechtfertigt 😉
Viele Grüße
Frank
Hi Frank,
hier muss ich dir widersprechen 😉
Du sagst, dass es viel zu wenige Publikationen neben Disney und Marvel gibt und das kann ich überhaupt nicht bestätigen. Gerade in den letzten Jahren ist der Comicmarkt nochmal so viel bunter und vielfältiger geworden, ich bin sehr begeistert und froh, dass dies der Fall ist.
Leider steht der “Mainstream” und damit Superheldenthemen immer noch im Fokus vieler Lesenden, aber es gibt einige, die hart daran werkeln, dass die Leidenschaft für Comics weitergetragen wird und auch das Spektrum der Comicinteressierten sich erweitert. Also, da ist alles – es muss nur gelesen werden 🙂
Zur Kategorisierung von GNs möchte ich nicht allzu viel sagen, da bin ich nämlich auch anderer Meinung 😀 Und ich will hier ja nicht nur rummoppern.
Aber im Grunde ist es auch egal, hauptsache Comics werden gelesen! Und ich finde es toll, dass die Zahl der über Comics Schreibenden stetig wächst.
Liebe Grüße
Sandra
Hallo Sandra,
es kommt immer drauf an, welchen Maßstab Du ansetzt, oder? Wenn Du Dir nur die Comicszene anschaust, dann ist die Welt in den letzten Jahren sicherlich bunter geworden. Wenn Du aber mal schaust, wie viele Verlage es gibt, die überhaupt Comics und GN nach Deutschland holen oder gar deutsche Künstler unterstützen, sieht es schon wieder anders aus. Jenseits von Splitter und Panini seh ich immer nur vereinzelte Veröffentlichungen.
Klar, bei der Frage, wie diese Werke einzuordnen sind, gibt es die unterschiedlichsten Meinungen und Ansichten. Bis sogar dahin, dass so mancher eine Einteilung nach Graphic Novels für überflüssig hält und die wenn überhaupt als Subgrenre des Comics sieht. Aber unterschiedliche Meinungen gehören zur Vielfalt dazu und jeder kann, darf und sollte dazu beitragen. Und Genrediskussionen gibt es ja auch in der Prosa, wenn z.B. mal wieder die Frage aufkommt, ob es nun ein Krimi oder Thriller ist 😀
Du darfst hier aber gern rummoppern wie Du magst, auch wenn mir diese Wort so gar nicht geläufig ist …
Viele Grüße
Frank
Hallo Frank,
stimmt natürlich, es gibt nicht viele Verlage und deutsche Künstler*innen sind unterrepräsentiert. Trotzdem ist alles “bunter” geworden, wie du selbst sagst.
Ich halte die Einteilung Graphic Novel übrigens nicht für überflüssig, da sie sich mittlerweile ja auch etabliert hat, jedoch steht für mich der Begriff Comic über dem gesamten “Genre”, das sich dann wiederum in die verschiedenen Ausprägungen unterteilt. Und damit sind GNs, wie auch einiges mehr eben Subgenres. Auf die Idee, sie überhaupt gar nicht erst der Gruppe der Comics zuzuordnen bin ich bisher noch gar nicht gekommen.
Ich habe von einer neuen Ausprägung gehört, dass illustrierte Bücher von Verlagen als Graphic Novel beworben werden. Passt so gar nicht, leider habe ich kein aktuelles Beispiel.
Liebe Grüße
Sandra
Hallo Sandra,
ich würde ja jetzt gern sagen, dass sich da die Gelehrten streiten, aber es gibt ja (zum Glück(!)) kein Genre-Gremium 😀 Ich persönlich möchte nur irgendwie zwischen einem Comic und einer Graphic Novel unterscheiden, vor allem, wenn ich auf der Suche nach neuen Büchern bin. Und da ist es irgendwie einfacher, die beiden voneinander zu trennen.
Wenn Verlage illustrierte Bücher als GN zu bezeichnen, dann war das vielleicht der Volontär 😀 Ne, das passt wirklich gar nicht und verwirrt mehr als es hilft. Aber es gibt natürlich ein paar Hybriden, wie z.B. Im Westen nichts neues aus dem Splitter-Verlag, das schon sehr textlastig ist.
Viele Grüße
Frank
Der Unterschied liegt darin, dass die Kunstform des seriellen Erzählens Comic genannt wird, während die Graphic Novel als Marketing-Instrument von Verlagen ersonnen wurde. In Wahrheit ist die GN natürlich nichts anderes als ein Comic.
Hallo W. Ein Dogma sind die Genrezuordnungen so oder so nicht. Sie dienen vielmehr dazu, Ein Buch im Vorfeld richtig einzuordnen. Und meiner Meinung nach besteht schon ein sehr großer Unterschied zwischen einem LTB und einer Buch-Adaption wie z.B. von Report der Magd oder Anne Frank Tagebuch, so dass ich denke, dass eine GN mehr als einfach nur ein Marketing Gag der Verlage ist …
Hallo. Viellleicht kann man zum Erklärtext direkt Bildbeispiele erhalten, wie durchschnittlich ein Graphic Novel, ein Comic und das Daszwischen aussieht als Vergleich. Einfach zum besseren Verständnis, denn der Text allein lässt vieles doch ungeklärt z. B. Unterschiede oder Gemeinsamkeiten im Seitenabstand, Panels usw. der grobe Aufbau und Seitenanzahl.
Hallo Joachim,
in der Optik kann man keine Unterschiede ausmachen. Da habe ich schon solches und solches gesehen. Es gibt keine typische Comic-Formatierung, die sich von einer Graphic Novel unterscheidet und auch die Seitenzahl ist kein entscheidendes Merkmal. Der Unterschied kommt im Wesentlichen durch inhaltliche Abgrenzungen zustande, die sich mittels Bildbeispielen nicht erklären lassen. Ich könnte vielleicht klassische Vertreter nennen, wobei diese sich von Jahr zu Jahr natürlich unterschieden.
Viele Grüße
Frank
Hallo,
könnte mir vielleicht noch mal jemand erklären, was eine “tiefgründige Handlung/Erzählung” ausmacht, bzw. wie sie sich von einer “oberflächlichen” Erzählung unterscheidet?
Finde im Internet leider nur sehr wenig zum Unterschied zwischen Graphic Novels und Comics im Hinblick auf erzählerische Aspekte.
Vielen Dank im Voraus. 🙂
Noah
Hallo Noah,
das liegt vermutlich daran, dass in Deutschland sowohl den Comics als auch den Graphic Novels von vielen Menschen in der Branche jegliche Komplexität abgesprochen wird. Nur, wer tatsächlich mal zu einer gut gemachten Graphic Novel greift, revidiert seine Meinung.
Es gibt keine mir bekannten Kriterien, an denen eine oberflächliche wenig tiefgründige Handlung festgemacht werden kann. Es hat damit zu tun, das auf Stereotypen zurückgegriffen wird, einfache direkt aufeinanderfolgende Zusammenhänge erzählt werden und die dargestellten Figuren eindeutig dem Guten oder Bösen zuzuordnen sind. Um einige Merkmale zu nennen.
Du kannst aber auch einfach nach Merkmalen für Romane suchen. Da wird mehr im Netz zu finden sein. Diese kannst Du einfach auch auf Graphic Novels beziehen.
Viele Grüße
Frank