[Sachbuch] Ein Papst zu viel

Die Frage, ob es in der Geschichte der Kirche eine Päpstin gab, ist nicht neu. Ganz im Gegenteil wird das Vorhandensein einer Frau auf dem Papststuhl immer wieder aufs Neue diskutiert und in den Medien präsentiert. Wenig überraschend wird von offizieller Seite eine Päpstin nicht bestätigt. Die Graphologin Marguerite Spycher folgt der Spur von einer anderen Seite. Sie untersucht Monogramme auf Kombinationsmünzen. Allerdings nicht nur, denn diese Untersuchungen waren lediglich der Startpunkt ihrer Recherchen.

Um der Frage nachzugehen, ob ein Papst tatsächlich eine Frau gewesen war, muss die Vergangenheit genauer betrachtet werden. Welche Rollen hatten Päpste in der Vergangenheit inne? Wie waren weltliche und kirchliche Macht miteinander verwoben? Welche Intrigen und Machtverschiebungen gab es? Die Beantwortung dieser Fragen kann dicke Bücher voller historischem Wissen füllen. Marguerite Spycher beschränkt sich dankenswerterweise auf kurze und knappe Darstellungen der vergangenen Ereignisse und bildet damit das Fundament, das sie braucht, um ihre Thesen zu stützen.

Es wird natürlich auch die Rolle der Frauen im Christentum und in der Kirche beleuchtet. Denn die Gleichstellung der Geschlechter war vor 2.000 Jahren noch gang und gäbe. Erst später haben sich die Männer in den Vordergrund geschoben und die alleinige Macht für sich beansprucht. Man muss dabei beachten, dass die ersten Päpste bei weitem nicht Macht innehatten, die die späteren Kirchenvertreter für sich beanspruchten. Und ehrlich gesagt, wurde die Machtposition der Päpste erst durch das erste Vatikanische Konzil, das am 29. Juni 1867 von Papst Pius IX. einberufen wurde, in Gänze in Stein gemeißelt.

Wie heißt es noch gleich? „Und führe uns nicht in Versuchung“. Nun, wie jeder weiß, sind die Versuchungen nur allzu gegenwärtig. In der Gegenwart ebenso wie in der Vergangenheit. So wundert es nicht, dass die Recherchen der Autorin in der Chronik der Päpste immer wieder zeigten, dass diese ihre Macht in vollen Zügen genossen. Und gleichzeitig, wie groß die Bemühungen waren, selbige zu Verschleiern. Dies macht einen Beweis schwierig, was dieses Buch nochmals eindeutig zeigt.

Fazit

Die Autorin stellt letzten Endes drei Thesen auf, die sie mit zahlreichen Argumenten untermauert. Aber aufgrund der fehlenden hieb- und stichfesten Beweise, bleiben es eben „nur“ Thesen. Es wäre ehrlich gesagt aber auch verwunderlich gewesen, denn die Autorin ist nicht die erste Person, die eine Päpstin nachzuweisen versucht. Davon unabhängig gibt Marguerite Spycher einen Blick auf die Geschichte der Kirche und Europas und zeigt (vollkommen unabhängig von der eigentlichen Frage), wie die Machtverhältnisse waren und welche Rolle die Frauen in jenen Zeiten innehatten. Es lässt sich mit Sicherheit nicht alles von der Hand weisen, aber am Ende bleibt es wohl doch mehr eine Glaubensfrage.

einPapstZuViel

Titel: Ein Papst zu viel: Wie ich als Graphologin die Päpstin Johanna entdeckte
Autor: Spycher, Marguerite
Genre: Sachbuch
Seitenzahl: 228
Verlag: Selbstverlag

4/5

Herkunft: Deutschland
Jahr: 2022

Persönliche Meinung
Ich habe mal vor einer gefühlten Ewigkeit eine Meinung zu den Untersuchungen zum Turiner Grabtuch gelesen. In der fragte sich der Autor, wem eine solche Untersuchung eigentlich nütze. Bezogen auf die Frage nach einer Päpstin: Die Skeptiker werden weiterhin skeptisch bleiben, denn die Beweislage bleibt unsicher angesichts der Manipulationen in der Vergangenheit und der generellen Datenlage aus jener Zeit. Die Befürworter werden sich hingegen bestätigt sehen. Nur ändern tut dies nichts. Für die dringend notwendigen Reformen in den christlichen Kirchen sind andere Fragen von Wichtigkeit. Dass z.B. die Frau früher in der Kirche dem Mann gleichgestellt war, dürfte unumstritten sein. Ebenso wie die Forderung der Gläubigen, diese wieder einzuführen, ebenso. Und dies vollkommen unabhängig davon, ob es mal eine Päpstin gab. Und ebenso unabhängig von der ebenso viel diskutierten Frage, ob Jesus eine Frau und sogar Kinder hatte. Die Kirchen müssen nach vorn schauen und sich fragen, wie sie für die Gläubigen da sein können.

Dieses Buch wurde mir freundlicherweise von der Autorin zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren finden sich im Bereich “Über diesen Blog“.

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