[Belletristik] U

U‑Mein-Gott. Was für ein schrä­ges Buch. Nennt man sowas expe­ri­men­tel­les Schreiben? Irgendwo schon. Allerdings war ich dar­auf gefasst, denn ich habe mir vor­her die Leseprobe durch­ge­le­sen. Es braucht näm­lich ledig­lich ein Blick auf den Beginn des Buch, um zu wis­sen, was ich mei­ne:

Rollkoffer blo­ckiert alle fünf Schritte.
Dann: an ihm zer­ren.
Könnte genau­so mit einem Vierjährigen rei­sen.
Rollt fünf wei­te­re Schritte – blo­ckiert.
Wegschmeißen. Längst!
Aber: Umwelt.
Haut: kleb­rig.
Haare: alter Rasierpinsel.
24-Stunden-Deo. Von wegen.

Dieser Schreibstil erwar­tet den Leser, den ich aber als sehr gelun­gen und pas­send emp­fun­den habe. Unsere Hauptfigur, deren Gedanken dort geschrie­ben ste­hen, redet natür­lich auch, dann in gan­zen Sätzen. Hinzu kommt eine zwei­te Hauptfigur, deren Gedanken uns ver­schlos­sen blei­ben. Dafür redet er umso mehr.

Später kom­men noch ein paar opti­sche Eigenarten hin­zu, die die Gedanken und Effekte im „geschrie­be­nen“ Wort wie­der­ge­ben. Durchaus pas­send und in Summe in mei­nen Augen sehr gut gelun­gen.

Nur jetzt kommt der Pferdefuß der Geschichte. Das Ende, das eigent­lich kei­nes ist. So viel darf ich an die­ser Stelle spoi­lern, dass ich als Leser mich die gan­ze Zeit fra­ge, was da pas­siert, mir eine ein­deu­ti­ge Aufklärung lei­der nicht gege­ben wird und ich am Ende im Regen ste­he. Es ist näm­lich schon so, dass die bei­den sich in einer U‑Bahn befin­den, die plötz­lich ohne Halt wei­ter­fährt. Und wei­ter­fährt. Und wei­ter­fährt. Und sich die bei­den all­mäh­lich wun­dern, wes­halb kei­ne Haltestelle kommt.

Diese Kurzgeschichte mag den ein oder ande­ren an Dürrenmatts „Der Tunnel“ erin­nern (die eben­falls offen endet und den Leser dazu ein­lädt, sich sei­ne eige­nen Gedanken zu machen), aller­dings unter­schei­den sich die Geschichten enorm, denn ledig­lich die anfäng­lich Zug- bzw. Bahnfahrt ist gleich.

Fazit

Ich den­ke, dass die­se Kurzgeschichte erst dann eine Chance hat, wenn man das Buch auf Seite legt und ein wenig dar­über nach­denkt. Und dann sie viel­leicht noch­mal in die Hand nimmt, um noch­mals zu grü­beln, was sich dahin­ter ver­ber­gen mag. Wer das Buch ein­fach nur in einem Rutsch durch­liest, wird ver­mut­lich kopf­schüt­telnd das Buch dem Altpapier zuwen­den. Ich war ehr­lich gesagt zu Beginn sehr von dem Buch ange­tan, wur­de dann lei­der vom Schluss etwas ent­täuscht.

buchcover

Titel: U: U‑Bahn
Autor: Vermes, Timur
Genre: Belletristik/Fantasy
Seitenzahl: 160
Verlag: Piper Verlag

3/5

Herkunft: Deutschland
Jahr: 2021

Dieses Buch wur­de mir über die Plattform Netgalley als E‑Book zur Verfügung gestellt. NetGalley gibt kei­ner­lei Vorgaben über die Art und Weise, wie Bücher bewer­tet oder vor­ge­stellt wer­den. Mehr Infos dazu auf der Seite “Über die­sen Blog”.

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6 Kommentare

  1. Hi Frank!

    Das Buch hat­te mich ja total ange­spro­chen, weil ich die Idee so cool fand. Und der Auszug vom Schreibstil macht mich total neu­gie­rig, sol­che Experimente find ich total span­nend, ein­fach weil es auch mal ein völ­lig ande­res lesen ist.
    Allerdings scheint das ja hier am Ende nicht so ganz gelun­gen zu sein … sehr scha­de.

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Hi Aleshanee,
      ja, vom Schreibstil her kann das Buch voll und ganz emp­feh­len. Du wirst das Buch ver­mut­lich sowie­so inner­halb eines Nachmittags lesen. Ob Dir das Ende zusagt, ist im Vorfeld schwer zu sagen. Da Du gern und viel liest, würd ich Dir in die­sem Fall sogar dazu raten, das Experiemnt mal zu wagen – und sei es nur, weil ich neu­gie­rig bin, wie es Dir gefällt 🙂
      Herzliche Grüße
      Frank

      1. Haha, ja ne … ich weiß nicht xD Neugierig bin ich jetzt schon irgend­wie, aber dass es reicht um es tat­säch­lich zu lesen, das weiß ich noch nicht ^^

  2. Hallo Frank,

    dank des Auszugs vom Schreibstil bin ich jetzt neu­gie­rig. 😀 Das klingt doch sehr inter­es­sant und bei 160 Seiten kann mei­ner Meinung nach nicht so viel schief gehen. Das Buch wan­dert jeden­falls auf mei­ne Merkliste. Danke schön für den Einblick!

    Schönen Sonntag,
    Nicole

    1. Hi Nicole,
      defi­ni­tiv ist der Schreibstil unge­wöhn­lich und ich mag sol­che ande­ren Arten der Herangehensweise sehr. Ob Du mit dem Ende zurecht­kommst, bleibt abzu­war­ten, aber Du hast recht, die 160 Seiten sind rela­tiv schnell gele­sen und Du bist um eine lite­ra­ri­sche Erfahrung rei­cher 😀
      Herzliche Grüße
      Frank

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