Der Anschlag

der anschlagZeitreisen sind fas­zi­nie­rend. Was könn­ten wir nicht alles machen, wenn wir die Möglichkeit hät­ten, in der Zeit zurück­zu­rei­sen? Diese Idee greift Stephen King in sei­nem Buch auf und fokus­siert sich auf die Frage, was pas­siert wäre, wenn der Anschlag auf John F. Kennedy im Jahre 1963 ver­ei­telt wor­den wäre.

Dieses Ereignis ver­bin­den vie­le US-Amerikaner mit einem Trauma. Sie sind davon über­zeugt, dass ihr Land durch die Ermordung des Präsidenten in eine tie­fe Krise gestürzt wur­de. Genau dar­auf baut King auf, wenn er den Lehrer Jake Epping auf sei­nen tod­kran­ken Freund und Restaurantbesitzer Al Templeton tref­fen lässt, der ihn in ein Geheimnis ein­weiht.

Jake hat sich näm­lich immer schon gefragt, wie das Restaurant über­le­ben konn­te. Bis Al ihm ein Portal in sei­nem Restaurant zeigt, mit dem man ins Jahr 1958 rei­sen kann. Kehrt man über das Portal in das Jahr 2011 zurück, so sind dort ledig­lich zwei Minuten ver­gan­gen. Al hat die­se Reisen genutzt, um sich mit Nachschub für sein Lokal zu ver­sor­gen

Das Zeitparadoxon umschifft King, in dem er jede neue Zeitreise die Ereignisse der alten Zeitreise aus­lö­schen lässt. Nur der Zeitreisende kann sich noch an alles erin­nern.

Al ist beses­sen davon, das Attentat auf Kennedy ver­ei­teln zu wol­len, schafft es aber auf­grund sei­ner Krankheit nicht, die fünf Jahre bis zum Jahr 1968 zu über­brü­cken. Er über­zeugt Jake davon, dass er es an sei­ner Stelle ver­su­chen soll. Nach eini­gen Zeitreise-Testläufen und die Betrachtung der jewei­li­gen Folgen sei­nes Handelns, beschließt er, einen Versuch zu wagen.

Wenn der Leser an die­ser Stelle ange­langt ist, wird er schon längst bemerkt haben, dass das eigent­li­che Attentat in den Hintergrund gerückt ist. Ebenso wie die Mythen, die sich um Oswald im Laufe der Zeit gebil­det haben. Im Buch steht die us-ame­ri­ka­ni­sche Gesellschaft der 60er im Vordergrund, die ger­ne glo­ri­fi­ziert wird. King zeigt aber recht deut­lich, wel­che Risse die­se Gesellschaft schon damals hat­te und wel­che Probleme der Neuzeit in der Vergangenheit zu suchen sind.

Wer King kennt, wird wis­sen, dass es vie­le Nebenhandlungen gibt, die zudem Bezug auf vor­han­de­ne Schauplätze aus ande­ren Büchern haben. So wie man­cher Filmregisseur immer wie­der in sei­nen eige­nen Filmen auf­taucht, ver­sucht King die Handlungen sei­ner Bücher inein­an­der­grei­fen zu las­sen. Die Handlungsstränge in “Der Anschlag” sind dabei nicht der­art kom­plex, als dass man den Überblick ver­liert.

Ebenso typisch für einen King sind die Längen, die sei­ne Bücher auf­wei­sen. Kann das Buch den Leser in dem ers­ten Drittel fes­seln, ver­liert es danach merk­lich an Fahrt. Die Nebenhandlungen rücken zuneh­mend in den Vordergrund und man möch­te dem Buch zuru­fen: “Komm auf den Punkt!” Erst gegen Ende nimmt die Geschichte wie­der an Fahrt auf und kann den Leser wie­der fes­seln.

Es soll­te klar sein, dass es sich bei die­sem Buch um einen Thriller han­delt. Ich kann entäusch­te Rezensienten nicht ver­ste­hen, die ein Horrobuch erwar­tet haben. Sehr wohl kann ich aber ent­täusch­te Leser ver­ste­hen, die sich durch die Längen des Buchs gekämpft haben und am Ende viel­leicht auch des­we­gen ent­täuscht sind, weil so man­ches Zeitparadoxon dann doch nicht auf­ge­klärt wird.

Natürlich kennt der King-Leser die typi­schen Längen sei­ner Bücher, aber in die­sem Buch ver­liert die Geschichte ein­fach zu viel an Fahrt. Dem Lesefluss hät­te es sehr gut getan, wenn der Mittelteil deut­lich gestrafft wor­den wäre. Ich kann das Buch nur bedingt emp­feh­len.

King hat sicher­lich deut­lich bes­se­re Bücher geschrie­ben. Sehr zu emp­feh­len ist der Dunkle Turm Zyklus, in dem es zwar eben­falls vie­le Längen gibt, der Zyklus in sei­ner Gesamtheit dann aber doch ein unver­gleich­li­ches Lesevergnügen dar­stellt.

Bewertung: ✦✦✦✧✧

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