Der Fährmann ★★★★☆

Der FährmannBuch Cover Der Faehrmann (Werbelink) bringt die Toten für einen klei­nen Obolus über den Totenfluss Styx ins Totenreich bzw. zum Eingang des Hades. Soweit die grie­chi­sche Mythologie.

Aber was pas­siert, wenn es sich dabei nicht um einen Mythos han­delt? Was, wenn der Fährmann Realität wird und sei­ne Finger in die hie­si­gen Gefilde aus­streckt? Was, wenn die Grenze zur Realität ver­schwimmt?

Genau das geschieht in die­sem Buch, das allein schon des­halb Aufmerksamkeit auf sich gezo­gen hat, weil Olaf Buchheim von die­sem Titel der­art begeis­tert war (und ist), dass er kur­zer­hand es aus dem Amerikanischen hat über­set­zen las­sen und einen eige­nen Verlag gegrün­det hat, um es dem deut­schen Leser näher zu brin­gen.

Ins Totenreich

Wenn schon der Fährmann Protagonist in einem Buch ist, dann dür­fen die Toten nicht feh­len. So beginnt dann das Buch auch mit dem Tod und beglei­tet den Leser durch alle Zeilen.

inhalt 300
© 2017 Buchheim Verlag

Es ist Janine, die mit dem Tod kon­fron­tiert wird und der sie fort­an nicht los­zu­las­sen scheint. Zusammen mit ihrem Lehrerkollegen David erfah­ren sie abson­der­li­che Situationen, in denen sich nicht nur die bei­den Figuren fra­gen, was nun Traum ist und was Realität.

Diese Grenze ver­schwimmt zuse­hends und erzeugt vor allem zu Beginn eine gru­se­li­ge Stimmung.

Mehr Grusel als Horror

Das Buch wird als intel­li­gen­ter Horror bewor­ben. Und so fin­det sich zwar die ein oder ande­re Darstellung von Gewalt in die­sem Buch, aber der Fokus liegt ein­deu­tig im sub­ti­len Grusel. Somit ist das Buch auch für Zartbesaitete geeig­net, die sich vom Horrorgenre für gewöhn­lich fern hal­ten.

Der ange­neh­me Schreibstil sorgt eben­falls für ein Lesevergnüngen. Wird in vie­len Büchern des Genres gern auf eine simp­le und ein­fäl­ti­ge Sprache zurück­ge­grif­fen, so ist der Stil in die­sem Buch ein deut­lich geho­be­ner. Nicht zuletzt sorgt die bild­li­che Darstellung der Ereignisse für ein ange­neh­mes Kopfkino, ohne dass Golden in eine all­zu blu­mi­ge Umschreibung ver­fällt.

Philosophie vs. Horror

Der Hintergrund des Buchs ist dann auch deut­lich tief­grün­di­ger als es für ein Horrorbuch üblich ist. Zuweilen kann sich der Leser sogar mit phi­lo­so­phi­schen Elementen aus­ge­setzt sehen, so er sich denn dar­auf ein­las­sen möch­te. Dazu pas­send sind die Charaktere durch die Reihe sehr authen­tisch gezeich­net und fügen sich sehr gut in die Geschichte ein.

Als klei­ner Wermutstropfen bleibt aller­dings hin und wie­der die Spannung auf der Strecke, so dass der Spannungsbogen nicht durch­ge­hend oben bleibt. Vor allem zum Ende hin ver­schwin­den die gru­se­li­gen Elemente zuse­hends und die Geschichte mutiert zu einem vor­her­seh­ba­ren Actionplot. Der aller­dings immer noch gut geschrie­ben ist. Aber für mein Gefühl hät­ten der Geschichte gera­de an die­ser Stelle die ein oder ande­re Wendung gut getan.

Illustrationen

inhalt2 300
© 2017 Buchheim Verlag

Das Buch fällt mit sei­nem beson­de­ren Cover auf. Dieses Cover ent­stammt der Feder von John Howe, der auch schon an der bild­li­chen Umsetzung von Tolkiens Werken mit­ge­wirkt hat.

Als Besonderheit fin­den sich auch im Buch eini­ge Illustrationen, im Stil wie sie hier im Blog zu sehen sind, die mei­ner Meinung nach qua­li­ta­tiv stark schwan­ken. Einige fin­de ich rich­tig klas­se, man­che eher nur “so lala”.

Unabhängig davon stel­len die Illustrationen in mei­nen Augen kein allei­ni­gen Kaufgrund dar, son­dern sind ledig­lich ein beson­de­res Schmankerl, an dem sich das Auge ver­gnü­gen kann. Immerhin han­delt es sich hier­bei nicht um ein Graphic Novel, wie z.B. “Der dunk­le Turm” von Stephen King.

Fazit

Nein, aus die­sem Buch trieft kein lite­ra­ri­sches Blut und der Tod wütet auch nicht durch die Menschen. Dieses Buch ist anders und möch­te dies schon mit sei­nem außer­ge­wöhn­li­chen Cover zei­gen. Anders zu sein, schafft die­ses Buch, aber wah­re Begeisterungsstürme kann es zumin­dest bei mir nicht erzeu­gen.

Keine Frage, es han­delt sich um eine gut erzähl­te Geschichte, die eher einen leich­ten Grusel beim Leser aus­zu­lö­sen ver­mag. Die Spannungskurve steigt gera­de am Anfang moti­vie­rend an, fällt aber lei­der zum Ende hin ab. Dennoch kann ich die­ses Buch jedem inter­es­sier­ten Leser emp­feh­len, wobei sich nicht nur Freunde des Horrors ange­spro­chen füh­len dür­fen, son­dern auch Lesern, die dem Horror-Genre für gewöhn­lich nicht zuge­neigt sind.

Titel: Der Fährmann
Autor: Golden, Christopher
Genre: Horror
Verlag: Buchheim Verlag
Bewertung: ★★★★

Ein Amazon “Blick ins Buch” ist der­zeit nicht ver­füg­bar. Dafür kann auf der Verlagshomepage eine Leseprobe her­un­ter­ge­la­den wer­den.

 

2 Kommentare

  1. Hallo Frank,
    dan­ke für den Besuch mei­nes Blogs und für dei­nen Beitrag. Du hast sicher­lich recht, wenn du sagst, dass es sich bei die­sem Buch nicht um eine klas­si­sche Horrorgeschichte han­delt, sie jedoch Tiefgang hat und auch der eine oder ande­re phi­lo­so­phi­sche Aspekt in die Geschichte mit hin­ein­spielt. Ich den­ke mein Hauptproblem war ein­fach, dass ich mit völ­lig ande­ren Erwartungen an das Buch her­an­ge­gan­gen bin. Ich bin jetzt kein Leser, der mög­lichst viel Blut und Leichen in einer Horrorgeschichte braucht. Guter Horror kommt auch ohne das alles aus und kann sehr sub­til sein. Stephen King zeigt das immer wie­der, indem er eine beklem­men­de Atmosphäre auf­baut und sich der Horror zum Großteil im Kopf der Leser abspielt, selbst, wenn er nicht kon­kret aus­for­mu­liert wur­de. Das habe ich ein wenig ver­misst, die­se Spannung, dass gleich etwas Schlimmes pas­sie­ren wür­de. Hin und wie­der ist das im Buch auch ange­klun­gen (man den­ke nur an die Babyschreie und die dunk­le Scheune, die Mrs. Vale…), aber lei­der wuden sol­che span­nen­den Momente all­zu schnell wie­der been­det. Das war wohl der Hauptgrund, war­um mich das Buch ent­täuscht hat. Horror, wie es auf dem Buchrücken steht, ist daher wohl auch der fal­sche Begriffe. Es ist eher ein Thriller mit mystischen/mythologischen/fantastischen Elementen, der zwar Spannung erzeu­gen kann, mich aber nicht unter die Bettdecke zwingt. 🙂

    Viele Grüße
    Jay (von Bücher wie Sterne)

  2. Charon

    Der Fährmann in der grie­chi­schen Mythologie heißt Charon (alt­grie­chisch Χάρων Chárōn, Kurzform zu χαροπός char­opós = deutsch -> ‚mit fun­keln­den Augen‘). Die Eltern des Charon hei­ßen Nyx (Nacht) und Erebos (Finsternis). Wie sieht die­ser Fährmann aus? Finster und gräm­lich sieht Charon aus, beklei­det ist er mit einem dunk­len Schifferkittel ->

    https://www.mythologie-antike.com/t164-charon-mythologie-sohn-des-erebos-und-der-nyx-fahrmann-der-die-toten-zum-eingang-in-den-hades-rudert

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert