Jeff Loveness greift einen Aspekt von Judas Iskariot auf, der immer wieder kontrovers diskutiert wird. Musste Judas so handeln, wie er es tat, damit sich Jesus Bestimmung erfüllen konnte? Denn ohne Judas Verrat, hätte es keine Verhaftung gegeben und somit auch keine Kreuzigung. Der Autor positioniert sich eindeutig, in dem er den freien Willen den Akteuren abschlägt und in dem er Judas als einen Jünger reinen Herzens darstellt. Damit folgt er nicht der Judaslegende, nach der Judas als böse und verräterisch dargestellt wird.
Der erste Gedanke ist vollkommen nachvollziehbar. Judas hadert mit sich und seiner Entscheidung und wählt den Freitod. Der christlichen Lehre folgend landet er als Selbstmörder in der Hölle und begegnet dort dem gefallenen Engel Luzifer, der ihn auf die logischen Lücken der biblischen Erzählung hinweist. Derer gibt es bekanntlich so einige, weshalb der kreationistische Ansatz des Bibelverständnisses nicht funktionieren kann. Aber das ist ein anderes Thema. Luzifer zeigt an mehreren Beispielen auf, dass die biblischen Erzählungen Bösewichter brauchen, damit diese funktionieren. Und somit war auch Judas Schicksal besiegelt. Natürlich gibt es in dieser Graphic Novel ein paar Wendungen, die ich an dieser Stelle nicht verraten werde.
Zeichnerisch wurde die Erzählung von Jakub Rebelka umgesetzt. Er hat sich für eine recht moderne und düstere Darstellung entschieden, die recht gut zur Erzählung passte und für ein stimmiges Bild sorgt. Hin und wieder war es mir ein bisschen zu modern und zu abstrakt, aber das ist bekanntlich geschmackssache. Hin und wieder werden Szenen recht verstörend dargestellt, weshalb sich die Geschichte meines Erachtens nicht für Kinder eignet. Zumal die Deutung von Judas Schicksal so oder so Kindern erklärt werden muss.
Fazit
Es ist eine bekannte Diskussion, die Jeff Loveness aufgreift und die auch unabhängig von Ostern funktioniert. Natürlich liefert er keine Antworten, denn im Glauben gibt es keine handfesten Beweise. Aber die Idee ist sehr gut durchdacht und in meinen Augen überaus gelungen umgesetzt.
Zum Schluss weise ich darauf hin, dass dies keine blasphemische bzw. gotteslästerische Graphic Novel ist. Auch spielen die Kirchen keinerlei Rolle, da diese von der biblischen Erzählung losgelöst sind.
Das Buch ist im Sonderformat im überaus hochwertigen Hardcover gedruckt. Zudem verfügt es über ein Einlegebändchen. Das sieht man auch nicht oft bei Graphic Novels.
Titel: Judas
Autor: Loveness, Jeff
Illustrator: Rebelka, Jakub
Genre: Graphic Novel / Historie
Seitenzahl: 112
Verlag: Cross Cult Verlag
Band: 1 von 1
Originaltitel: Judas
Übersetzer: Jörg Fassbender
Herkunft: USA
Jahr: 2020 / 2023 (org./dt.)
In meiner persönlichen Übersicht der empfehlenswerten Comics und Graphic Novels finden sich viele lesenswerte und zum Teil sehr beeindruckende Werke, die alle auf ihre Art und Weise einen Blick wert sind.
Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren finden sich im Bereich “Über diesen Blog“.
Der Büchernarr schreibt hauptsächlich über Bücher aus den Genres Fantasy und Horror. Manchmal schleichen sich Bücher anderer Genres in diesen Buchblog ein, so dass hier auch Biografien, historische Romane oder Kinderbücher zu finden sind.