Wang Jinkang gehört neben Cixin Liu und Han Song zu den bedeutendsten Science-Fiction-Autoren Chinas, auch wenn sich im Netz kaum Infos zu ihm finden lassen. Er ist Jahrgang 1948 und verarbeitet in seinem Roman einige eigene Erfahrungen, so dass es nicht verwundert, dass sich folgender Passus am Anfang des Buchs findet: »Figuren und Handlung dieses Romans sind frei erfunden, doch den historischen Hintergrund hat der Autor am eigenen Leib erlebt.«
Dass der Roman aus einem vollkommen anderen Kulturkreis stammt, habe ich als Leser an vielen Stellen gemerkt. Der Umgang untereinander ist anders, die Gesellschaft sowieso und da die Handlung in den 70ern spielt, wird dieser Eindruck noch verstärkt. Froh war ich in diesem Zusammenhang über die knappen Erläuterungen bestimmter historischer Personen und Ereignisse, die den Roman verständlicher machen (wer weiß schon, was unter einer »Befreiung« zu verstehen ist?). Dennoch gibt es immer wieder Wörter, die sich mir nicht erschlossen haben, wie z.B. »die sprichwörtlichen Ameisen in der heißen Pfanne« (Zitat bei ca. 9% des eBooks).
Die Andersartigkeit im Umgang miteinander gepaart mit den vielen politischen Bezügen lassen den Hauptgrund, weshalb ich mir dieses Buch ausgesucht habe, ein wenig in den Hintergrund rücken. Es geht nämlich darum, dass ein der Hauptfiguren eine “Altruismusessenz” entwickelt hat und an einer Gruppe Menschen testet, die nach den Wirren der Kulturrevolution auf eine Farm auf dem Land geschickt wurde.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die humorvollen Passagen im Buch vom Autor gewollt eingestreut wurden. Aber Sätze wie der Folgende haben mich hin und wieder schmunzeln lassen.
»Tja, so eine Königin darf eben nicht arbeiten, sie ist ja ausschließlich für die Fortpflanzung zuständig. Das ist jetzt deine Aufgabe.« (bei 46% des eBooks)
Fazit
Wer sich der Erzählung von Wang Jinkang widmen möchte, muss offen für die chinesischen Eigenarten sein, die ich persönlich kaum kenne, weshalb die Handlungsweisen der Figuren mir manchmal etwas befremdlich vorkamen. Der Roman hat zwar seinen Spannungsbogen, aber für mein Empfinden kam die eigentliche Idee etwas zu kurz. Dennoch war es spannend, mal wieder über den westlichen Tellerrand zu schauen.
Titel: Die Kolonie
Autor: Jinkang, Wang
Genre: Science Fiction
Seitenzahl: 480
Verlag: Heyne Verlag
Originaltitel: 蚁生 (Yǐ shēng, »Ant Life«)
Übersetzer: Marc Herrmann
Herkunft: China
Jahr: 2007 / 2023 (org./dt.)
Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren finden sich im Bereich “Über diesen Blog“.
Der Büchernarr schreibt hauptsächlich über Bücher aus den Genres Fantasy und Horror. Manchmal schleichen sich Bücher anderer Genres in diesen Buchblog ein, so dass hier auch Biografien, historische Romane oder Kinderbücher zu finden sind.
Hi Frank!
Das klingt eigentlich sehr interessant!
Das Cover hat es mir hier mal wieder angetan, das finde ich einfach extrem cool 😀
Aus der Feder von “östlichen Autoren” hab ich noch kaum etwas gelesen. Ein Versuch war ja der erste Band der Trilogie von Cixin Liu, mit dem ich gar nicht zurechtgekommen bin.
Deshalb zögere ich hier dann doch, weil ich nicht weiß, ob es mir hier nicht genauso gehen wird. Andere Kulturen, da bin ich natürlich offen, auch im Umgang miteinander, das ist ja eher interessant. Aber wenn dann viele Anspielungen drin sind, die ich nicht verstehe ….
Allerdings ist das mit der Kolonie in Bezug auf Ameisen und dem Altruismus auf jeden Fall total spannend.
Wie immer hab ich grad mal bei goodreads geschaut – nur 6 Meinungen (mit deiner) und die Erstveröffentlichung ist von 1991 – steht dort. Stimmt das nicht? Ich hab jetzt extra nochmal gegoogelt, aber dazu ist ja nichts! zu finden.
Liebste Grüße, Aleshanee
Hi Aleshanee,
Du zögerst zurecht 🙂 Ich glaub, dass wenn Du mit Liu Cixin schon Probleme hast, dann wird es mit Wang Jinkang nicht besser werden. Ganz im Gegenteil. Das ist ja mein größter Kritikpunkt, dass die Thematik Ameisenkolonie nicht so recht präsentiert wurde und vor dem gesellschaftlicher Andersartigkeit verschwand.
Und ja, ich hatte mich im Vorfeld auch über den Autor informieren wollen und dafür, dass er zu den “großen drei” Sci-Fi-Autoren Chinas gehört, habe ich recht wenig über Wang Jinkang in Erfahrung bringen können.
Du kannst Dir aber mal die Seite anzeigen und von Bing oder Google übersetzen lassen. Da gibt es dann recht viele Meinungen zu dem Buch, die aber recht durchwachsen sind:
https://book.douban.com/subject/2226288/
Ich würde es Dir also nicht empfehlen, wobei ich vom Cover auch angetan bin und obwohl der Roman kein Highlight war, habe ich mich kurzerhand dazu entschlossen, das Cover *Achtung Spoiler* 😉 nächsten Montag zu präsentieren.
Dir einen schönen Wochenausklang und herzliche Grüße
Frank
Ahhh, gut zu wissen, danke!
Also all deine Infos – auch die zum Cover Monday – ich hätte mir das Cover jetzt sonst gespeichert für irgendeinen in diesem Jahr 😀 Für Montag hab ich meinen Beitrag ja schon 🙂