Vier nach Mitternacht ★★★★★

vier nach mitternachtIch wün­sche allen Lesern die­ses Blog ein fro­hes neu­es Jahr. Als lang­jäh­ri­ger Leser von Stephen King habe ich mein Lesejahr ent­spre­chend gestar­tet. Natürlich habe ich die­ses Mammutwerk schon im vori­gen Jahr begon­nen und erst kürz­lich abge­schlos­sen.

Meine eigene Vorbemerkung

Es ist manch­mal wirk­lich toll, ein Buch ein zwei­tes Mal in die Hand zu neh­men. Das gilt ins­be­son­de­re dann, wenn man von einem Schriftsteller meh­re­re Bücher gele­sen hat. So gesche­hen ist das bei mir mit dem Buch “Vier nach Mitternacht” von Stephen King, das vier Novellen ent­hält, die vor­her schon mal als “Langoliers” und “Nachts” erschie­nen sind.

Langoliers habe ich als Deutsche Erstausgabe aus dem Jahre 1991 vor­lie­gen. Darin ent­hal­ten sind die ers­ten bei­den Geschichten aus “Vier nach Mitternacht”. Damals sind die Bücher als Paperback erschie­nen und Langoliers hat einen glän­zen­den tür­kis-grü­nen Umschlag. Interessant sind die Gedanken von Stephen King, die er sich zu den Büchern gemacht hat (und die in der Neuausgabe eins zu eins über­nom­men wur­den).

Aus den Vorbemerkung zu “Das heim­li­che Fenster, der heim­li­che Garten” stammt zum Beispiel fol­gen­der Einleitungssatz:

“Ich gehö­re zu den Menschen, die über­zeugt sind, daß das Leben aus einer Reihe von Zyklen besteht – Räder inner­halb von Rädern, die sich manch­mal über­schnei­den, manch­mal allei­ne dre­hen, aber alle eine end­li­che Wiederholungsfunktion aus­üben.”

Woran erin­nert mich das? Genau, an den Dunklen-Turm-Zyklus, über den ich hier schon mal etwas geschrie­ben habe. Ebenfalls in die­ser Vorbemerkung fin­det sich der Hinweis, dass King bald sei­nen letz­ten Castle-Rock-Roman schrei­ben möch­te, für den er auch schon einen Namen hat: “Needful Things”. Es sind die­se Aha-Effekte, die mich beim Lesen die­ser Lektüre beglei­tet haben und mich in mei­ner eige­ner Vergangenheit haben schwel­gen las­sen.

Zum eigentlichen Buch

King schreibt selbst im Vorwort, dass er die Geschichten, die er in die­sem Buch ver­öf­fent­licht hat, für eine Kurgeschichte zu lang und für ein eigen­stän­di­ges Buch zu kurz hält. Wer King kennt, mag es ihm abneh­men, dass 200 bis 250 Seiten für sei­ne Verhältnisse nicht für ein Buch aus­rei­chen. Das hat zur Folge, dass das Buch “Vier nach Mitternacht” über 1100 Seiten ver­fügt. Nun ist es nach Kingschen Maßstäben ein rich­ti­ges Buch.

Allerdings hat er mit zahl­rei­chen Kurzgeschichten, die zuletzt als Story Selection ein­zeln als eBook ver­öf­fent­licht wur­den, bewie­sen, dass er auch gute kur­ze Geschichten schrei­ben kann.

Die vier Novellen aus “Vier nach Mitternacht” sind eigen­stän­di­ge Geschichten, die nicht auf­ein­an­der auf­bau­en und ein­zeln betrach­tet wer­den kön­nen.

Langoliers

Kann es Zeitreisen geben? Diese Frage beschäf­tigt King in zahl­rei­chen Büchern. Er kommt zuwei­len zu unter­schied­li­chen Ergebnissen, denn wäh­rend sie in vie­len Büchern von ihm mög­lich ist, wird hier ein inter­es­san­tes Gedankenspiel geschaf­fen.

In Langoliers gibt es nur eine Zeitlinie. Zu die­ser Erkenntnis kom­men die Passagiere eine Flugs nach Boston, als die Maschine durch einen Zeitriss fliegt.

Die Charaktere sind in die­ser Geschichte geschickt aus­ge­wählt und fol­gen typi­schen Stereotypen. Neben dem klas­si­schen über­dreh­ten und ruhi­gen Charakteren gibt es auch unty­pi­sche Figuren, wie zum Beispiel das blin­de Mädchen, dass die­ser Geschichte die letz­te Würze gibt.

Dadurch ist es mög­lich einen Spannungsbogen auf­zu­bau­en, der in die­ser Geschichte nie abflacht. Allerdings ist so man­ches Mal die Handlung der Protagonisten nicht nach­voll­zieh­bar. Aber wer weiß schon, wie er reagie­ren wür­de, wäre er in der Zeit ver­lo­ren?

Diese Geschichte wur­de ver­filmt, wobei sich die­ser recht dicht an die Buchvorlage hält. Allerdings ist der Film schon 20 Jahre alt, was sich in den tech­ni­schen Effekten äußer­ten. Davon abge­se­hen ist er durch­aus sehens­wert.

Das heimliche Fenster, der heimliche Garten

Stell Dir vor, Du bist Autor und plötz­lich steht jemand vor der Türe, der behaup­tet, dass Du ihm sei­ne Geschichte geklaut hast. Und weil bekannt­lich ein Unglück sel­ten allei­ne kommt, ist der Autor auch zugleich in einer Schaffenskrise und die Ehe ist kürz­lich zer­bro­chen.

Diese Novelle ist sicher­lich die bes­te von allen vie­ren. Lange Zeit beglei­tet der Leser den Autor Mort durch sein zer­bro­che­nes Leben und erlebt die Bedrohung der frem­den Person Shooter (der Name wur­de glück­li­cher­wei­se nicht über­setzt) haut­nah mit.

Die Spannung ist gleich zu Anfang recht hoch und zahl­rei­che Wendungen in der Geschichte hal­ten den Leser bei der Stange. Das ful­mi­nan­te Finale, das sich nach und nach ange­kün­digt hat, hat es dann in sich. Diese Geschichte ist mehr eine Charakterstudie des Autors, in der King sicher­lich eini­ge sei­ner eige­nen Ängste ver­ar­bei­tet hat.

Auch die­se Geschichte wur­de ver­filmt. Trotz sei­nes Alters (2004) ist die­ser Film auch heu­te noch sehens­wert. Maßgeblich dar­an betei­ligt ist sicher­lich Jonny Depp, der die Hauptrolle über­nom­men hat.

Das ursprüng­li­che Buch “Langoliers” (mit den zwei Geschichten) ist noch immer sepa­rat
erhält­lich. Zwischenzeitlich sind eini­ge neue Auflagen erschie­nen,
wobei die aktu­ells­te aus dem Jahre 2005 stammt. Inhaltlich wur­de aller­dings nichts geän­dert.

Der Bibliothekspolizist

Nicht jede Bibliothek ist nach­sich­tig, wenn Bücher nicht zurück­ge­ge­ben wer­den. Vor allem, wenn nicht nur die Leihfrist über­schrit­ten wur­de, son­dern die­se sogar ver­lo­ren gegan­gen sind. Das muss Sam erfah­ren, nach­dem er sich Bücher ent­lie­hen hat, die für einen ful­mi­nan­ten Erfolg einer Rede gesorgt haben, die er kurz­fris­tig hal­ten muss­te.

Diese Geschichte ist gespickt mit King typi­schen unter­schwel­li­gen Mystery-Effekten, wenn plötz­lich die wahr­ge­nom­me­ne Realität sich ver­än­dert. Ein sehr pro­ba­tes Stilmittel, des­sen er sich immer wie­der bedient und das in die­ser Geschichte her­vor­ra­gend funk­tio­niert.

Zeitraffer

In die­ser Geschichte gibt es die meis­ten Bezüge zu ande­ren Werken von Stephen King. Wer die Worte “King” und “Hund” hört, muss zwangs­läu­fig an “Cujo” den­ken. So ist es auch in die­sem Buch. Neben den Bezügen zu Cujo fin­den sich zahl­rei­che Bezüge zu ande­ren Büchern, die in Castle Rock spie­len. Durch die­se Bezüge zu ande­ren sei­ner Büchern ent­steht eine Art Wiedererkennungswert, der die Authentizität der Geschichte unter­mau­ert.

Was natür­lich hane­bü­chen ist. Denn in die­ser letz­ten Novelle spielt eine Sofortbildkamera die Hauptrolle, die Fotos einer Szenerie macht, auf der ein Hund zu erken­nen ist, der sich der Kamera immer wei­ter nähert. Das Paranormale nimmt in die­sem Buch einen recht gro­ßen Raum ein, so dass die­se Geschichte recht gut ins “übli­che” King-Universum passt.

Auch die­se bei­den Bücher gibt es wie gehabt als sepa­ra­tes Buch unter dem Titel “Nachts” zu kau­fen.

 

Fazit

Diese Kurzgeschichten haben schon ein gewis­ses Alter erreicht. Und spie­geln somit den schrift­stel­le­ri­schen Stand von Stephen King zu eben jener Zeit wider. Und die­ser ist mei­ner Meinung nach deut­lich lesens­wer­ter als so man­ches aktu­el­les Werk.

In die­sen Geschichten fehlt jeg­li­che Länge. Sie sind kna­ckig erzählt und hal­ten den Spannungsbogen durch­ge­hend auf­recht. Zahlreiche Wendungen über­ra­schen beim Lesen. Ich per­sön­lich kann mit dem Stiel die­ser Bücher deut­lich mehr anfan­gen, als z.B. mit aktu­el­le­ren Werken, wie zum Beispiel “Der Anschlag”.

Von daher gibt es eine unein­ge­schränk­te Leseempfehlung für die­se Bücher, wobei ich zudem emp­feh­le, die­sen Band mit allen vier Geschichten zu lesen, so wie der Autor es vor­ge­se­hen hat.

 

Titel: Vier nach Mitternacht
Autor: King, Stephen
Genre: Horror
Verlag: Heyne Verlag
Wertung: ✦✦✦✦✦

 


Folgendes Feature von Amazon ist rela­tiv neu. Es ist mög­lich, direkt in die Rezension die Buchvorschau des eBooks von Amazon ein­zu­fü­gen. Wer also mal rein­le­sen möch­te, kann dies direkt hier machen:

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert