[Biografie] Szenen aus dem Herzen

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Titel: Szenen aus dem Herzen – Unser Leben für das Klima
Autor: Thunberg, Greta; Thunberg, Svante; Ernman, Malena; Ernman, Beata
Genre: Biografie
Seitenzahl: 251
Verlag: Fischer Verlag
Wertung: ★★★☆☆
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So man­cher wird sich dar­über wun­dern, dass Schüler frei­tags auf die Straße gehen, um für den Klimaschutz zu demons­trie­ren. Diese Demonstrationen sind Teil der glo­ba­len Bewegung #FridaysForFuture, die ihren Ursprung in einer Demonstration eines ein­zel­nen Mädchens vor dem schwe­di­schen Parlament fand. Gemeint ist Greta Thunberg, die im August 2018 zum ers­ten Mal gestreikt hat­te und seit­her u.a. bei gro­ßen Klimakonferenzen zu Wort kom­men durf­te.

Das Klima

„Das hier ist ein Buch über das Klima, und es muss trau­rig sein“
(bei 42% des E‑Books)

In die­sem Buch wer­den zwar vie­le Aspekte ange­spro­chen, was den anthro­po­ge­nen Klimawandel aus­macht, die­se wer­den aber nicht wis­sen­schaft­lich gestützt. Es ist kei­ne wis­sen­schaft­li­che Abhandlung über das, was heu­ti­ger Stand der Klimaforschung ist. Es stellt viel­mehr die Frage in den Raum, wie es sein kann, dass so vie­le von einem kom­men­den Klimawandel wis­sen, die­sem aber nicht ent­ge­gen­wir­ken.

„Es gibt so gut wie nie­man­den mehr, der die Krise noch abstrei­tet, was posi­tiv ist.“
(bei 37% des E‑Books)

Dass mit zuneh­men­der Radikalisierung der poli­ti­schen Landschaft in Europa auch die Anzahl der Klimaskeptiker zunimmt, fin­det hier kei­ne Erwähnung. Leider, wie ich fin­de, denn die­ser Aspekt ist eigent­lich nicht zu ver­ach­ten. Auch die vor­ge­schla­ge­nen Lösungen in die­sem Buch sind recht undif­fe­ren­ziert und ent­we­der wenig kon­kret oder ein­fach nicht umsetz­bar.

Allerdings möch­te das Buch ja auch beschrei­ben, wie Greta Thunberg zu einer Klimaaktivistin wur­de und nicht wie die Probleme der Welt gelöst wer­den.

In Schweden ist alles besser

Dafür wirft die Familie einen Blick auf sich selbst und das schwe­di­sche Sozialsystem. Diese Einblicke neh­men einen recht gro­ßen Teil des Buchs ein und zei­gen, dass in Schweden durch­aus nicht alles so gut und vor­zeig­bar ist, wie in Deutschland gern ange­führt, son­dern das Land mit genau den glei­chen Problemen zu kämp­fen hat wie Deutschland.

Die Familie Thunberg muss­te dies gleich mehr­fach schmerz­haft in Erfahrung brin­gen, denn sowohl bei der Mutter als auch bei den bei­den Töchtern wur­de ADHS bzw. das Asperger-Syndrom dia­gnos­ti­ziert. Und wie Deutschland geht einer sol­chen Diagnose ein Marathonlauf durch alle Instanzen des Sozialsystems vor­an und wie in Deutschland fal­len Menschen durch das Raster, wenn sie ohne Diagnose nicht so funk­tio­nie­ren, die Gesellschaft es vor­schreibt.

Auch wenn die­se brei­te Ausführung der Leidensgeschichte (nicht im Sinne der Erkrankung, son­dern im Sinne, wie der Familie begeg­net wur­de) der Familie sicher­lich hilf­reich ist, so bleibt mei­nes Erachtens ein wenig der Aspekt auf der Strecke, wie Greta zur Klimaaktivistin wur­de. Es ist für mein Empfinden ein­fach zu kurz und knapp gewe­sen, wie der Tochter und dem Rest der Familie nach und nach das Bewusstsein für das Weltklima geschärft wur­de. Ich hät­te es bes­ser gefun­den, wenn der Leser ein biss­chen mehr an den Gedankengängen des Mädchens hät­te teil­ha­ben dür­fen, wie im fol­gen­den Zitat:

„Denn auf so jeman­den wie mich hört nie­mand.“
(bei 64% des E‑Books)

Verstärkt wird die­ser Eindruck dadurch, dass das Buch wie eine Autobiografie der Mutter Malena Ernman geschrie­ben ist, auch wenn im Vorwort steht, dass die gesam­te Familie dar­an gear­bei­tet hat. Es liest sich aber nicht so.

Fazit

Es mag dem Umstand geschul­det sein, dass Greta Thunbergs Mutter Malena Ernman und ihr Vater Svante Thunberg in Schweden eine gewis­sen Bekanntheitsgrad genie­ßen, dass die­ses Buch sich sehr auf die Gedanken der Eltern kon­zen­triert und weni­ger auf die der Tochter, die den Stein der Klimabewegung ins Rollen gebracht hat. Es mag aber auch am Klappentext des Buchs lie­gen, dass ich mit fal­schen Erwartungen an das Buch her­an­ge­gan­gen bin.

Auch gibt die­ses Buch schon fast einen tie­fe­ren Einblick in die Sozialpolitik Schwedens als in die Klimapolitik der west­li­chen Welt. Auch wenn das Buch sicher­lich sei­nen Reiz hat und einen Einblick in die­se doch recht unge­wöhn­li­che Familie gibt, so fin­de ich, dass die­ses Buch nicht der Weckruf ist, wie sich die Familie es viel­leicht erhofft hat.


Eine Mitteilung der Familie

»Vor der Veröffentlichung die­ses Buchs haben wir fest­ge­legt, dass das Geld, das wir damit even­tu­ell ver­die­nen, an Greenpeace, WWF, die Institution für tier­ge­stütz­te Pädagogik und Therapie Lära med djur, den Schwedischen Naturschutzverein und des­sen Jugendumweltorganisation Fältbiologerna, den Verein für Menschen mit Beeinträchtigungen Kung över Livet, Kinder in Not und die Tierschutzorganisation Djurens Rätt geht.
Und so ist es.
PS: Das haben Greta und Beata ent­schie­den.«


Weitere Infos zu die­sem Buch fin­den sich auf der Verlagsseite.

Übrigens: Aktuell haben gut 50% der Amazon-Rezensienten das Buch mit einem Stern abge­wer­tet. Diese Abwertung betrifft für gewöhn­lich nicht den Inhalt, son­dern kom­men von Klimaskeptikern und den­je­ni­gen, die das Buch als Geldmacherei anpran­gern. Hin und wie­der fin­det sich eine ähn­li­che Kritik, wie von mir oben geschil­dert, dass in dem Buch der Klimaaspekt und die Entwicklung inner­halb der Familie zu kurz kom­men.

wasser

Ein paar eigene Gedanken

Es gibt mei­nes Erachtens vie­le Aspekte, die den Klimawandel betref­fen und die das Handeln der­art schwie­rig macht. Die Familie fragt den Leser, ob die Menschheit denn bös­wil­lig ist, weil sie bewusst den Klimawandel in Kauf nimmt und nichts an ihrem Verhalten ändert.
Doch, was kann der ein­zel­ne tun? In dem Buch wird sehr rich­tig gesagt, dass CO2-Kompensationen Augenwischerei sind. Also Veganer wer­den, um die Australien-Reise schön­zu­rech­nen funk­tio­niert nicht.

Allerdings las­sen sich bestimm­te schon initi­ier­te Prozesse nicht mehr rück­gän­gig machen, wie z.B. die Globalisierung die Vernetzung der unter­schied­lichs­ten Produktionen welt­weit. Natürlich kön­nen diver­se Produktionsstätten aus China und Indien wie­der nach Europa gebracht wer­den, aber das ist eine Entscheidung, die der Verbraucher nur über sein Kaufverhalten erwir­ken kann und dies (so hat es die Vergangenheit immer wie­der gezeigt) funk­tio­niert nicht.

Auch ist eine CO2-Steuer nicht unge­fähr­lich, weil die­se die Lebensmittelpreise noch oben schnel­len lässt, was ande­re Krisen her­vor­ruft. Ähnlich der Problematik von Bio-Sprit, wie sie auch in dem Buch ange­spro­chen wird. Unsere Mobilität darf nicht mit Lebensmitteln kon­kur­rie­ren.

Allein die­se kur­ze Ausführung zeigt, wie kom­plex das Thema ist und wie schwie­rig es ist, einen Weg zu fin­den, jetzt den rich­ti­gen Weg ein­zu­schla­gen. Aber selbst­ver­ständ­lich kön­nen wir den­noch etwas tun. Nicht in den Urlaub flie­gen und mehr regio­na­le Produkte ein­kau­fen, sind dabei nur zwei Beispiele.

Für die Klimaskeptiker

Mit dem Erstarken der Rechtspopulisten nimmt auch die Zahl der sog. Klimaskeptiker zu. Auch unter den Amazon-Rezensionen gibt es Menschen, die den Zusammenhang zwi­schen CO2-Anstieg in der Atmosphäre und Treibhauserwärmung nicht erken­nen möch­ten. Aber auch in den aktu­el­len Wahlprogrammen gibt es so man­che Meinung in die­ser Richtung. So heißt es z.B. im Wahlprogramm der AfD:

“Die Aussagen des Weltklimarats, dass Klimaänderungen vor­wie­gend men­schen­ge­macht sei­en, sind wis­sen­schaft­lich nicht gesi­chert. Sie basie­ren allein auf Rechenmodellen, die weder das ver­gan­ge­ne noch das aktu­el­le Klima kor­rekt beschrei­ben kön­nen.
(Zitat aus dem Wahlprogramm der AfD, ver­öf­fent­licht auf ihrer Homepage, abge­ru­fen am 17.05.19

Nun könn­te ich ein­fach schrei­ben, dass es nicht stimmt und sich die Herren viel­leicht mal mit die­ser Seite der Klimaforscher aus­ein­an­der­set­zen sol­len. Oder aber ich zei­ge ein­fach die­se Grafik, die einem Beitrag aus dem Scilog “Klimalounge” des Spektrum-Verlag aus dem Jahre 2017 ent­nom­men ist (inkl. Bildunterschrift und Quellenangabe):

CO2 Anstieg Atmosphäre
Die CO2-Konzentration der Atmosphäre im Verlauf des Holozän, gemes­sen an den Eisbohrkernen der Antarktis bis 1958, danach Mauna Loa. Quelle: Scripps Institution of Oceanography.

Und nun sagen die Skeptiker, dass die­ser Anstieg, der am Ende der Skala zu sehen ist, nicht von Menschen gemacht ist. Und ganz neben­bei bemerkt: Einen sol­chen schnel­len Anstieg des CO2-Gehalts in der Atmosphäre hat es bis­her noch nie gege­ben. Es ist die Kürze der Zeit, die erschre­ckend ist.

In der Klimalounge wer­den übri­gens zahl­rei­che “Thesen” der Klimaskeptiker beleuch­tet. Unter ande­rem set­zen sich die Autoren auch mit den Aussagen der AfD aus­ein­an­der. Sehr lesens­wert!

Nun bin ich am Ende doch poli­ti­scher gewor­den, als ich es bei Buchbesprechungen für gewöhn­lich bin. Man sehe es mir nach, aber der Klimawandel ist mei­ner Meinung nach ein zu schwer­wie­gen­des Thema, als dass man es ein­fach so vom Tisch keh­ren soll­te.

Dieses Buch wur­de mir freund­li­cher­wei­se vom Verlag zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren fin­det sich auf der Verlagsübersichtsseite.
* Die Verweise zu Amazon sind mit soge­nann­ten Affiliate-Links ver­se­hen. Das heißt, dass mit einem Kauf über einen die­ser Links, ich von Amazon eine klei­ne Provision erhal­te. Auf den Preis hat das kei­ne Auswirkung.

 

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