Der Fall von Susannah Cahalan ist ein sehr erschreckender, denn sie wäre beinahe für den Rest ihres Lebens in einer Psychiatrie gelandet, weil niemand ihre seltene Erkrankung diagnostizieren konnte. Aus diesem Grund hat die Autorin das Buch all jenen gewidmet, die ohne Diagnose leben müssen.
Niemand kann sagen, was bei Susannah Cahalan der Auslöser war, der ihre Erkrankung hervorgerufen hatte. Sie erinnerte sich lediglich an zwei blaue Punkte auf ihrem Unterarm, deren Ursprung sie nicht ausmachen konnte. Vermutlich war es ein Zufall, aber damit begannen ihre Symptome. Und mit ihnen die Odyssee durch zahlreiche Arztpraxen, derweil sich ihre Symptome weiterhin verschlimmerten. Sie erhielt Verdachtsdiagnosen, was es nicht alles ein könnte und im weiteren Verlauf zahlreiche Erkrankungen, die ausgeschlossen werden konnten.
Das Problem bei ihrer Erkrankung waren die Symptome, die Ärzte schnell auch andern Phänomenen zuordnen konnten, wie z.B. übermäßigem Alkoholkonsum oder Überarbeitung. Das Fatale dabei ist der Umstand, dass die behandelnden Ärzte andere Symptome bei ihren Diagnosen ausblendeten, obwohl diese gar nicht zum Krankheitsbild passten, wie z.B. ihr Taubheitsgefühl der linken Körperhälfte.
Es kann ganz schön deprimierend sein, dauernd von Ärzten gesagt zu bekommen, dass alles in Ordnung ist, wo man selbst spürt, dass dies nicht der Fall ist. Nicht nur sie litt unter ihrer Erkrankung, sondern auch ihre Familie. Gleichzeitig war es aber auch ihr Umfeld, das dafür sorgte, dass sie nicht eingewiesen wurde, sondern dass weiter nach Ursachen gesucht wurde.
Bis es zu einem Bruch kam und sie sich im Wahnsinn verlor. Es folgte ein Zeitraum, an den sie sich nicht erinnern konnte. Das ist das Besondere an diesem Buch, das sie aus zahlreichen Quellen ihre eigene Situation rekonstruierte. Das merkt der Leser in diesem Buch, das z.B. ein Video von ihr transkribiert wurde oder Auszüge aus ihren Tagebüchern in den Text einfließen.
Zu einem Zeitpunkt, an dem sie schon seit einiger Zeit in einer Klinik stationär lag, und die Ärzte noch immer sagten, dass sie zu 100 Prozent gesund war, trat der Arzt Dr. Souhel Najjar dem Ärzteteam bei, was ein Segen für sie war, denn er ließ nicht locker. In ihrem Fall war es der Uhrtest, der zum entscheidenden Punkt wurde. Sie zeichnete eine Uhr mit einem Ziffernblatt auf der rechten Seite. Nach einigen weiteren Untersuchungen sagt er einen Satz, der den Titel des Buchs inspirierte: »Ihr Gehirn steht in Flammen«.
Das Buch ist gefüllt mit vielen medizinischen Details, die erklären, wie das Gehirn funktioniert. Der Leser muss schon offen für diese Themen sein, denn gut die Hälfte des Buchs beschreibt, wie ihre Krankheit behandelt wurde. Diese hat den etwas holprigen Namen »Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis«.
Als US-Amerikanerin kann sie sich glücklich schätzen, dass eine Vollzeitstelle bei der New York Post innehatte, denn ihre Behandlung kostete am Ende eine Million Dollar, die ihre Versicherung übernahm. Aber auch die Untersuchungen, die durchgeführt werden müssen, um psychischen Erkrankungen eine körperliche Ursache zugrunde zu legen (nämlich eine Entzündung im Gehirn), sind immens teuer, weshalb die Susannah Cahalan und Dr. Najjar davon ausgehen, dass in den Psychiatrien viele Patienten liegen, deren Erkrankung geheilt werden kann.
Am Ende des Buchs gibt es einige Quellenangaben, die aufgrund des Alters des Buchs veraltet sind. Die meisten Links funktionieren nicht mehr.
Fazit
Die Vorstellung, dass zahlreiche Menschen in Psychiatrien eingewiesen wurde, deren ursächliche Erkrankung nicht erkannt wurde, ist schon ein wenig gruselig. Der Fall von Susannah Cahalan ist meines Erachtens nochmals spektakulärer, weil sie in eine derart extreme Situation gerutscht ist. Sie erzählt in ihrer Autobiografie, wie sie abdriftete und wie die Odyssee empfand. Der Leser muss allerdings den vielen medizinischen Details nicht abgeneigt sein, um diesen unglaublichen Fall nachzuvollziehen.
Titel: Feuer im Kopf: Meine Zeit des Wahnsinns
Autor: Cahalan, Susannah
Genre: Drama
Seitenzahl: 288
Verlag: mvg Verlag
Originaltitel: Brain on Fire
Übersetzer: Christa Trautner-Suder
Herkunft: USA
Jahr: 2012 / 2013 (org./dt.)
Ihre Geschichte wurde 2016 unter dem Titel »Brain on Fire« verfilmt. Die Hauptrolle übernahm Chloë Grace Moretz, die Susannah Cahalan unglaublich gut spielte. Die negativen Bewertungen kann man getrost ignorieren, denn diese stammen von Zuschauern, die offensichtlich etwas ganz anderes erwartet hatten.
Der Film legt den Schwerpunkt auf den ersten Teil des Buchs, als ihre Erkrankung ausbrach und sie sich nach und nach veränderte und sehr seltsame Dinge machte. Dabei halten sich die Macher des Films sehr nach an der Buchvorlage. Der Part der Behandlung wurde nur gekürzt dargestellt, was meines Erachtens eine sehr gute Entscheidung war.
Das autobiografische Drama zum außergewöhnlichen Fall der Susannah Cahalan ist kein Film für die breite Masse, sondern ist nur für jene sehenswert, die medizinischen Dramen nicht abgeneigt sind. Ich fand ihn erstaunlich spannend und gut umgesetzt.
Aktuell wird der Film nur bei Netflix gestreamt.
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