Montagsfrage #65: Wie steht Ihr zu politisch korrekten Änderungen in klassischen Büchern?

logo montagsfrage

So richtig wieder angekommen war ich erst gestern, auch wenn mein Blog fröhlich und munter Beiträge veröffentlicht hat. Zum Glück war es aber keine KI, die in meinem Namen Beiträge verfasst hat (wer weiß, wie lange das noch dauern wird), sondern es waren meine vorgeschriebenen geistigen Ergüsse. So wie die Antwort auf die heutige Montagsfrage, die ich leicht abgewandelt habe:

Wie steht ich zu Änderungen in klassischen Büchern, damit der Inhalt politisch korrekt ist?

Um es kurz und knapp zu sagen: Ehrlich gesagt halte ich recht wenig davon. Bücher muss man immer in ihrem zeitlichen Kontext betrachten. Das Umschreiben von Büchern verfremdet den Inhalt in meinen Augen zu stark. Und warum soll die heutige Leserschaft nicht wissen, wie man früher gedacht hat?

Wer gern eine moderne Fassung eines Klassikers lesen möchte, darf es gern adaptieren, aber bitte die Finger vom Original lassen. Wenn ich an so manches Beispiel denke, so sind diese vollkommen überflüssig, wenn z.B. Gulliver in Liliput ein Feuer im Palast löscht, in dem er draufpinkelt. In modernen Fassungen rennt er zum Meer oder zu einem See und holt dort Wasser. Immerhin reden wir hier von einem satirischen Roman von Jonathan Swift aus dem Jahre 1726. Natürlich hat man dort anders gedacht und hatte auch einen anderen Humor. Aber bitte was soll daran schlimm sein, dass jemand ein Feuer mit dem Strahl seines Urins löscht?

Es gibt auch Bücher, die man erst gar nicht ändern kann, so wie der vielkritisierte “Struwwelpeter“. Ein Buch aus dem Jahre 1845, das gern als “Erziehungsbuch” herangezogen wurde. Ein Buch, in dem Kinder als Folge ihres Fehlverhaltens teils sehr drastische Folgen erlitten.

Die Diskussion geht heutzutage weiter, wenn z.B. das Wort “Neger” noch nicht mal ausgesprochen wird. Dabei ist die Verwendung dieser Wörter in klassischer Literatur gar nicht mal das Problem, sondern die unreflektierte Verwendung rassistischer Inhalte. Natürlich muss ich mich als Elternteil mit meinen Kindern auseinandersetzen, wenn sie solche Bücher lesen. Und wenn dies im Unterricht geschieht, so ist es Aufgabe der Lehrer, dies zu tun.

Meine Kinder haben teils in Schulmuseen gezeigt bekommen, wie früher der Unterricht aussah und welche Arten von Bestrafungen und Züchtigungen es gab. Und man sollte es nicht meinen, aber die Kinder schaffen es, diese Inhalte in den korrekten Kontext zu bringen. Und wir reden hier von Grundschülern. Warum sollten die Kinder nicht verstehen, dass es in Büchern und in der Literatur Rassismus gab (und teilweise noch gibt)? Sollte man nicht viel eher sich mit den Kindern und Lesern auseinandersetzen und ganz bewusst darauf aufmerksam machen? Herausgeber solcher Bücher können in einem Vorwort darauf hinweisen, Lehrer können intensiver die Textpassagen herausarbeiten lassen und zu Hause können Eltern auf Rassismus und Feindlichkeit gegenüber Minderheiten aufmerksam machen. Ich denke sehr wohl, dass Kinder das sehr gut einordnen können, weshalb eine Änderung der Originaltexte in meinen Augen nicht vorgenommen werden sollte.

Wie gehabt lese ich die Beiträge der anderen Montagsantwortler, ohne immer eine Spur zu hinterlassen. Das gilt übrigens auch für die “Nachzügler”, die erst zum Ende der Woche ihre Beiträge veröffentlichen. Oftmals schaue ich auch am Wochenende nochmals in den Originalthread.

Ich antworte nicht immer hier an dieser Stelle auf Kommentare, sondern direkt bei den Antworten der jeweiligen Blogs.

Ich habe mir mal den Spaß gemacht und alle Fragen zusammengefasst, die hier auf dem Blog von mir beantwortet wurden. Neben der Montagsfrage sind auch andere Aktionen dabei, bei denen ich mitgemacht habe.

4 Kommentare

  1. Guten Morgen Frank 🙂

    Ich sehe das auch wie du – man muss alles im richtigen Kontext betrachten. Was spricht denn gegen ein Vor- oder Nachwort, dass die Situation/Thematik aufklärt? Fände ich im Bereich Erziehung um einiges effektiver, als nun alles ändern zu müssen. Zumal ich es eher für sinnvoll halte, dass sich Kinder (und auch Erwachsene) mit diesen Themen auseinander setzen, als dass man sie verschleiert.

    Lieben Gruß
    Andrea
    Meine Antwort auf die Montagsfrage

  2. Hey Frank,

    Finger weg vom Original, da bin ich ganz deiner Meinung. Ich habe jedoch nichts dagegen, wenn Neuübersetzungen dem Zeitgeist angepasst werden und bestimmte Wörter darin nicht mehr vorkommen – immer unter der Voraussetzung, dass das Original nicht verfälscht wird. Den Fall von Gulliver kannte ich nicht, das finde ich komplett inakzeptabel. In “Pippi Langstrumpf” über den “Südseekönig” zu lesen, erscheint mir hingegen nicht als Einschnitt.

    Ansonsten glaube auch ich, dass man es allen Erziehenden (also auch Lehrer_innen) früher oder später zumuten muss, mit Kindern über problematische Passagen und Formulierungen in Büchern zu sprechen. Das gehört meiner Meinung nach einfach zur Vergangenheitsaufarbeitung.

    Montagsfrage auf dem wortmagieblog
    Liebe Grüße und eine schöne Woche,
    Elli

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert