[Sprachkapriolen Nr. 6] Sinnvolles Gendern

Viele Leser mei­nes Blog kön­nen den Eindruck gewon­nen haben, dass ich prin­zi­pi­ell gegen eine geschlecht­er­neu­tra­le Sprache bin. Dem ist jedoch nicht so. Ich fin­de nur, dass die Auswüchse, die an man­chen Stellen her­vor­bre­chen, deut­lich über das Ziel hin­aus­schie­ßen. Mit die­sem Beitrag ver­su­che ich eine Lösung zu zei­gen, wie eine geschlech­ter­ge­rech­te­re Sprache umge­setzt wer­den kann, sage aber auch gleich­zei­tig, dass es nicht immer Sinn macht, sich geschlecht­er­neu­tral aus­drü­cken zu wol­len.

Das Problem bei der gen­der­ge­rech­ten Sprache fin­det sich in den offi­zi­el­len Rechtschreibregeln oder bei Schülerinnen und Schülern, die die Sprache gera­de ler­nen. Die Lehrerinnen und Lehrer brau­chen eine Rechtschreibung, die sie leh­ren kön­nen. Da hilft der sprach­li­che Gender-Wildwuchs wenig bis gar nicht.

Meiner Meinung nach muss zwi­schen ver­schie­de­nen Textformen unter­schie­den wer­den. In der Belletristik gel­ten ande­re Regeln als in offi­zi­el­len Schreiben. Und in der Lehre gel­ten wie­der ande­re Regeln als bei Pressetexten. Bisher wur­de es vie­ler­orts auch so gehand­habt, dass unter­schied­li­che Texte unter­schied­li­che Formulierungen ver­lang­ten. Aber die Genderfreunde wagen sich immer wei­ter vor und sto­ßen mit “krea­ti­ven” Lösungen auf wenig Verständnis. Sie stif­ten viel­mehr für Verwirrung, vor allem seit die Presse und der Duden auf die­sen Zug auf­ge­sprun­gen sind und mit ihren Texten die Leserschaft zum gemein­schaft­li­chen Kopfschütteln ani­mie­ren.

Wenn ich mir die Studien anschaue, die sich mit den unter­schied­li­chen Arten der geschlecht­er­neu­tra­len Sprache ver­fas­sen, so ost die bis­her ein­deu­tigs­te Form die Nennung bei­der Varianten. Und zwar ganz ohne Sternchen oder Schrägstrich. Die Leserinnen und Leser die­ses Beitrags wer­den das auf Anhieb ver­ste­hen. Damit wer­den auch die gram­ma­ti­ka­lisch schwie­ri­gen Formen umgan­gen, wie die Ärztin und der Arzt oder die Kolleginnen und Kollegen.

Es mag noch Besonderheiten in spe­zi­el­len Textformen geben, wie z.B. in Stellenanzeigen, in denen mit der Klammer nach der Stellenbezeichnung aus­ge­drückt wird, dass alle Bewerber will­kom­men sind (z.B. Ingenieur (m/w/d)).

In offi­zi­el­len Schreiben fin­det oft­mals der Schrägstrich Verwendung: Verehrte Leser/innen … Vorgelesen wird ein sol­cher Text dann aber mit der Doppelnennung und bit­te nicht mit der Genderpause, die für so man­ches Missverständnis vor allem in Nachrichtensendungen sorgt.

Rede ich über eine geschlecht­er­neu­tra­le Sprache, so muss ich auch Begriffe erwäh­nen, die nur umgan­gen wer­den kön­nen, in dem Sätze umfor­mu­liert wer­den. Vor allem das “ver­hass­te” man kann nur umschrie­ben wer­den. Aus “Man soll­te das Fenster öff­nen” wird dann “Es soll­te das Fenster geöff­net wer­den.” Das gilt auch für Jemand, wenn es heißt: “Jemand soll­te das Fenster öff­nen.”

Es gibt derer sehr vie­le Begriffe, die nicht ersetzt, son­dern nur umgan­gen und umfor­mu­liert wer­den kön­nen. Dies kann aber nicht durch Gesetze oder Verbote umge­setzt wer­den, son­dern müss­te aus der Gesellschaft her­aus kom­men, in dem z.B. auch im all­ge­mei­nen Sprachgebrauch eine Satzbildung mit “man” nicht mehr ver­wen­det wird. Eine sehr schwie­ri­ges Unterfangen mit einer sehr frag­wür­di­gen Wirkung, denn es ist ja mit­nich­ten so, dass eine gen­der­freund­li­che Sprache dazu führt, dass die Gesellschaft sich auch freund­lich gegen­über Frauen zeigt, was lei­der tota­li­tä­re Staaten bewei­sen, in denen eine gen­der­neu­tra­le Sprache gespro­chen wird.

Eine Randbemerkung:

In der Medizin macht die Unterscheidung der Geschlechter durch­aus Sinn. So sind Kinder kei­ne klei­nen Erwachsenen und Frauen kei­ne Männer ohne Penis. Tatsächlich gehen vie­le medi­zi­ni­schen Untersuchungen mehr auf den männ­li­chen als auf den weib­li­chen Körper ein. Selbst Studien bezie­hen sich oft auf den männ­li­chen Körper. Unter dem Schlagwort Gendermedizin soll nun bes­ser her­aus­ge­ar­bei­tet wer­den, wel­che medi­zi­ni­sche Behandlung auf das jewei­li­ge Geschlecht des Patienten anzu­pas­sen ist.

2 Kommentare

  1. Hi Frank,

    das Thema lässt dich nicht los, was? 😀
    Ich geh dem gan­zen gra­de etwas aus dem Weg, weil man auf Facebook wirk­lich stän­dig drü­ber stol­pert und oft so abstru­se Wortkreationen rum­ge­hen…

    Wobei ich immer noch fin­de, dass wir ja schon eine geschlecht­er­neu­tra­le Sprache haben, wenn wir sagen “Die Polizisten”. Für mich sind damit alle Geschlechter ver­eint und müs­sen nicht ein­zeln auf­ge­zählt wer­den.

    “Man” ist ver­hasst? Das höre ich gra­de zum ers­ten Mal, war­um das denn? Man oder Jemand bezieht doch auch alle mit ein oder nicht?
    Dass Sprache beein­flusst ist mir schon auch klar, aber ich den­ke auch, dass das gan­ze in den Köpfen anfan­gen muss und sich dadurch die Sprache ändert – nicht umge­kehrt. Das merkt man auch sehr gut an den Kommentaren auf Facebook, wo vie­le ein­fach nur noch genervt sind von den bizar­ren Forderungen in den vie­len ver­schie­de­nen Konstellationen.

    Ich fin­de es auch komisch, dass einer­seits ein “alle sind gleich” gefor­dert wird und ande­rer­seits soll man jeden ein­zel­nen dif­fe­ren­zie­ren…
    Wir sind nun­mal unter­schied­lich und ich möch­te als Frau gese­hen wer­den, ich bin in dem Punkt etwas alt­mo­disch *lach* Ich mag es auch, wenn mir ein Mann die Tür auf­hält 🙂 (oder wenn es über­haupt jemand macht, sowas lässt ja mitt­ler­wei­le sehr nach)
    Aber ich hal­te die Tür auch für ande­re auf, egal ob Mann, Frau, Mensch oder Kind 😀
    Aber ich füh­le mich auch ange­spro­chen, wenn von “den Bloggern” gespro­chen wird.

    Deinen Beitrag hab ich heu­te ger­ne in mei­ner Stöberrunde ver­linkt.

    Einen schö­nen Tag dir!

    Liebste Grüße, Aleshanee

  2. Hi Aleshanee,

    ja, da hast Du recht, das Thema lässt mich nicht los – über­mor­gen kommt sogar ein wei­te­rer Beitrag (geplant in mei­ner Sommerpause), der beleuch­tet, dass die­je­ni­gen, die das geschlecht­er­neu­tra­le pro­pa­gie­ren, in bestimm­ten Bereichen plötz­lich nicht mehr gen­dern. Sehr inter­es­sant, wie die Personengruppen, die am lau­tes­ten schrei­en, bei bestimm­ten Begriffen plötz­lich nicht mehr dar­auf pochen.

    Dass man gan­ze Satzbausteine weg­las­sen soll, habe ich in diver­sen Leitlinien gele­sen (z.B. für Mitarbeiter eines Konzerns oder für Profs an einer Uni). Und wenn sich nicht vie­le Menschen dage­gen stem­men, dann kann ja der Eindruck ent­ste­hen, dass Schweigen Zustimmung bedeu­tet. Deshalb wer­de ich immer wie­der mal ein paar Worte zu die­sem Thema ver­lie­ren.

    Vielen Dank fürs Verlinken – ich wer­de mich für ein paar Tage zurück­zie­hen und den Blog Blog sein­las­sen. Falls Du Dich wun­derst, dass ich nicht auf Kommentare reagie­re 😉

    Viele herz­li­che Grüße
    Frank

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