[Sprachkapriolen Nr. 7] Gendern als Politikum

In einer Gesellschaft, in der Fremdenfeindlichkeit und Hass gegenüber diverser Gesellschaftsgruppen zunimmt, scheint es vollkommen legitim zu sein, mit Hilfe der Sprache dem entgegenwirken zu wollen. Das Gendern soll ein Weltbild stürzen, in dem die Vorherrschaft des generischen Maskulinums dazu führt, dass in der Gesellschaft die Frau unterdrückt wird.

Social-Justice-Aktivisten verbreiten dafür ihre eigene Wahrheit, mit der die politische Wirklichkeit manipuliert werden soll. Es wird weiterhin die Behauptung aufgestellt, dass bei der Verwendung von “der Mensch” oder “der Säugling” die meisten männliche Menschen und männliche Säuglinge vor Augen haben. Bei der Verwendung des generischen Femininums wie bei “die Person” oder “die Geisel” ist dem nicht so und die Leser und Hörer haben keine weiblichen Personen und Geiseln vor Augen. Eine Kausalität, die bis heute wissenschaftlich seriös nicht nachgewiesen werden konnte.

Das wirklich tragische bei den Aktivitäten der Social-Justice-Aktivisten liegt darin, dass die Bemühungen der Feministen der letzten Jahre kleingeredet werden. Die Frauen haben sich gänzlich ohne grammatikalische Verdrehungen dem Patriachat der 60er und 70er entzogen. Sie haben ohne Vergenderung der Sprache ihre Loslösung von der wahren männlichen Abhängigkeit erreicht. Wie erstaunt schauen Kinder, wenn man ihnen erzählt, dass Frauen vor gar nicht mal so langer Zeit, den Mann um Erlaubnis fragen musste, um ein Konto zu eröffnen oder um einen Job anzunehmen oder zu wechseln.

Auch, dass die mächtigsten Posten der europäischen Politik von Frauen besetzt sind, ist nicht das Vermächtnis des Gendersternchens. Ebenso sieht man, dass in Ländern, in denen das generische Maskulinum nicht verwendet wird, die Frauen ebenso um Gleichberechtigung kämpfen müssen wie im deutschsprachigen Raum.

Sehr skurril wird es, wenn Journalisten nur die Wörter gendern, die moralisch unverfänglich sind. So gibt es zwar Demonstrant/innen und Bürger/innen, aber keine Terrorist/innen oder Verschwörungstheoretiker/innen oder Wutbürger/innen. Bei den letzteren soll dann bewusst angenommen werden, dass Terroristen, Verschwörungstheoretiker und Wutbürger hauptsächlich von Männern vertreten werden. So wird ein ums andere Mal deutlich, dass Social-Justice-Aktivisten gar keine Gleichheit in der Sprache anstreben.

Solche Beispiele verdeutlichen, dass ein politischer Wille über die Sprache erzwungen werden möchte. Dabei wird auch hier (leider) vor extremen Ansichten nicht zurückgeschreckt. Ich habe schon davon gelesen, dass nur der sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen kann, der auch gendert. Und wer das nicht macht, wird zum Unmenschen erklärt. Ich frage mich hingegen, warum es dem Menschen so schwerfällt, aus der Vergangenheit zu lernen, die ein ums andere Mal zeigt, dass Extremismus (egal in welcher Form) der Gesellschaft nur schaden kann. Bekanntlich ist gut gemeint nicht gleichzeitig auch gut gemacht.

Wusstet ihr eigentlich, weshalb vermehrt zum Gendersternchen und nicht mehr zum Unterstrich gegriffen wird? Das Gendern ist nicht Teil der deutschen Rechtschreibung und wird von den Rechtschreibkorrekturen angemeckert (also farblich unterstrichen). Dadurch sieht man den Unterstrich nicht mehr – das Sternchen sehr wohl. Falsch ist aber beides, denn eine Abtrennung erfolgt mit dem Schrägstrich.

3 Kommentare

  1. Hallo Frank!
    Immer wieder erfrischend, auch solche Meinungen zu lesen. Nun überlege ich gerade, wenn man nun also “Der Mensch” hauptsächlich als männlich empfindet, und ich in letzter Zeit häufiger den unsäglichen Begriff “jemensch” anstatt “jemand” gelesen habe – haut man sich damit nicht quasi selbst in die Pfanne? =D ich finds furchtbar, was hier auf Biegen und Brechen der Sprache angetan wird.

    Alles Liebe!
    Gabriela

    1. Hallo Gabriela,
      neue Wortkreationen habe ich auch schon ein paar gelesen – und halte wie Du gar nichts davon. Ebenso wenig wie die Verhaspler der Nachrichtensprecher, die sehr oft einfach nur noch weibliche Formen nennen, um die Pausen zu umgehen. Hoffentlich ebbt das irgendwann mal wieder ab und nimmt nicht weiter zu.
      VG
      Frank

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