Nein, „Violet“ ist kein Horror-Roman. Zumindest nicht für jene, die oft in diesem Genre unterwegs sind. Was aber nicht unbedingt heißt, dass er langweilig ist. Erstaunlicherweise schafft es Scott Thomas den Roman so aufzubauen, dass er sich dennoch gut und flüssig liest.
Weder das Grundthema noch die Geschichte als solche ist sonderlich neu. Damit kann der Autor nicht punkten. Dafür aber mit dem Schreibstil. Hauptfiguren sind in erster Linie eine Mutter mit ihrer Tochter, die in ein Haus eines mysteriösen Sees fahren, um den plötzlichen Tod von Ehemann und Vater zu verarbeiten. Es ist aber nicht nur irgendein Haus, sondern das Ferienhaus ihrer mittlerweile verstorbenen Eltern. Wir bewegen uns also im Bereich des Haus-Grusel-Romans.
Der Autor nimmt sich aber viel Zeit, um zuerst die Situation zu beschreiben, in die die beiden hineingeraten sind. Dabei mischt er Gedankengänge der Figuren mit ihren Handlungen, die sich teils im Widerspruch bewegen und teils sehr ausufernd beschrieben werden. Kennt ihr die Bücher, in denen eine Person einen Satz äußert, dann beschrieben wird, was in ihr vorgeht und dann ein paar Absätze später folgt erst die Antwort. Mit diesem Schreibstil wird der Leser regelmäßig in die Schizophrenie der Hauptfigur einbezogen, so dass oftmals gar nicht klar ist, was Einbildung und was Realität ist.
Hier punkte der Autor beim Leser, weshalb dieser Kapitel für Kapitel durch die Seiten fliegt, einfach nur weil er wissen möchte, wie es weitergeht. Allerdings muss der Leser auch die teils kleinteiligen Beschreibungen „ertragen“. Allein der Part, wie Mutter und Tochter das verfallene Haus am See wieder herrichten, dehnt sich auf relativ vielen Seiten. Hier kann ich durchaus nachvollziehen, wie so mancher die Flinte ins Korn wirft, der sich von dem Stil nicht angesprochen fühlt. Mir selbst gefallen indes solche subtilen Grusel-Geschichten, weshalb ich den Roman deswegen nicht abstrafen mag.
Fazit
Wer gerne ruhige Grusel-Romane liest, die hauptsächlich in einem Haus spielen, liegt mit Violet genau richtig. Auch dürfen sich längere beschreibende Abschnitte nicht störend auf das Leseverhalten des Lesers auswirken. Wer jedoch einen Horror-Schocker erwartet, der wird eher enttäuscht werden und sollte sich anderen Werken widmen.
Titel: Violet
Autor: Thomas, Scott
Genre: Grusel
Seitenzahl: 576
Verlag: Heyne Verlag
Originaltitel: Violet
Übersetzer: Kristof Kurz und Stefanie Adam
Herkunft: USA
Jahr: 2019⁄2021 (org./dt.)
Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren finden sich im Bereich “Über diesen Blog”.
Der Büchernarr schreibt hauptsächlich über Bücher aus den Genres Fantasy und Horror. Manchmal schleichen sich Bücher anderer Genres in diesen Buchblog ein, so dass hier auch Biografien, historische Romane oder Kinderbücher zu finden sind.