Die 1984-Adaption von Fido Nesti hat es in sich. Es ist zwar eine Graphic Novel, aber dennoch fast so textintensiv wie die Roman-Vorlage (die mir ebenfalls aus dem Ullstein-Verlag vorliegt). Ich weiß nicht, ob es bewusst umgesetzt wurde, dass sich die Texte Eins-zu-Eins in der Romanvorlage wiederfinden.
Natürlich sind die Szenen größtenteils gezeichnet, wobei Nesti sehr viel indirekte Rede verwendet, was für dieses Format auffällig und ungewöhnlich ist. Die Dialoge wurden natürlich klassisch als Sprechblase umgesetzt, aber die indirekte Rede überwiegt schon deutlich. Teilweise verzichtet der Autor in Gänze auf Zeichnungen, als z.B. die Hauptfigur aus dem Buch liest. Hier wurde das Buch tatsächlich Eins-zu-Eins aus der Romanvorlage wiedergegeben. Es gibt nur einen Unterschied: Einige englische Begriffe wurden nicht ins Deutsche übersetzt, vor allem für die Tagebucheinträge und die Parolen der Partei wie „Krieg ist Frieden“ gilt.
Die Farbgebung ist der Romanvorlage entsprechend sehr düster und eintönig umgesetzt. Wird es dramatisch, verschiebt sich der Ton auch schon mal gern aus dem Grauen ins Rote. Wer andere Adaptionen gesehen hat wird ebenso wie bei der Verfilmung sehen, dass alle diese Eintönigkeit verwendet, um den Roman in Szene zu setzen. Und sie tun alle gut damit, denn der Roman ist nun mal sehr düster.
Ich finde die Bindung des Buchs sehr ungewöhnlich, weshalb ich mal ausnahmsweise ein paar Worte dazu verliere. Das Papier ist recht rau und hat nicht diesen „Hochglanz-Charme“ anderer Graphic-Novels oder Comics. Dieser Druck unterstreicht meines Erachtens den Dystopie-Charakter nochmals – zumindest für all jene, die viel Wert auf die Haptik beim Lesen legen.
Fazit
Wer glaubt, er könne sich mit dieser Graphic Novel den Roman 1984 von George Orwell mal eben durchlesen, der irrt. Diese Adaption ist überaus nah an der Romanvorlage und in weiten Teilen sehr textlastig. Das Medium kommt zwar nicht ganz so gut zur Geltung, wie in anderen Adaptionen, aber dieses Buch wird dennoch der Romanvorlage sehr gerecht.
Ich habe in diesem Review übrigens bewusst nichts zum Inhalt geschrieben, da ich es zum Allgemeinwissen zähle, worum es in groben Zügen in diesem Roman geht. Wer so gar nichts mit 1984 anzufangen weiß, findet mit dieser Adaption vielleicht eine annehmbare Alternative zum Roman.
Wie exakt sich die Texte gleichen, zeigt folgendes Beispiel. Dieses ist zu finden auf Seite 224 der Taschenbuchausgabe und Seite 138 der Graphic-Novel-Adaption (beide erschienen im Ullstein Verlag).
Diese Graphic Novel erschien 2020 zuerst auf Portugiesisch ebenfalls unter dem Titel 1984. Wie es scheint, wurde das Buch zuerst ins Englische übersetzt und anschließend ins Deutsche. Darauf weist zumindest die Angabe hin, dass das Buch von Michael Walter aus dem Englischen übersetzt wurde. Oder aber es wurden direkt die Texte aus der Romanvorlage für die Übersetzung verwendet, denn diese wurde vom gleichen Übersetzer übersetzt.
Titel: 1984: Graphic Novel
Autor: Orwell, George
Illustrator: Nesti, Fido
Genre: Dystopie / Graphic Novel
Seitenzahl: 221
Verlag: Ullstein Verlag
Originaltitel: 1984
Übersetzer: Michael Walter
Herkunft: England (Brasilien)
Jahr: 2020 / 2021 (orig./dt.)
Ich habe die drei derzeit auf dem Markt befindlichen Adaptionen miteinander verglichen.
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