[Krimi] Holly

Nun hat Stephen King es doch gemacht. Er hat der Privatermittlerin Holly Gibney einen eigenen Roman spendiert. Es handelt sich um einen recht simpel gestrickten Krimi, der nicht von seinen Wendungen, sondern von seiner Erzählung lebt. Und genau damit habe ich ein Problem.

Es ist ähnlich wie bei »Der Anschlag«, dass der Autor derart viel Nebengeschichte und Beiwerk in sein Buch einbaut, dass er sich aufbläht wie der Bauch eines gestrandeten Wals. Und wenn ich im Nachwort lese, dass Nan Graham das Manuskript redigiert und »sinnvolle Kürzungen« vorgenommen hat, möchte ich gar nicht wissen, wie dick der Roman in seiner ersten Fassung war.

Weitere Kritikpunkte, die ich bei anderen Rezensenten lese und die offensichtlich besonders die deutschen Leser stören, kann ich weniger nachvollziehen. Allem voran finden viele störend, dass der Roman während der Corona-Pandemie spielt und entsprechend oft das Thema präsent ist. Mich hat das ehrlich gesagt weniger gestört. Da fand ich es störender, dass es Holly permanent nach einer Zigarette gelüstet (mein Eindruck spiegelt sich auch darin wider, dass das Wort »Corona« 54 Mal im Roman vorkommt, das Wort »Zigarette« immerhin 61 Mal).

King lässt gerne (weitere) alltägliche Punkte in seinen Roman einfließen, wie z.B., dass Printmedien an Qualität verloren haben (das gilt bekanntlich auch für Deutschland), oder dass die US-Amerikaner noch immer rassistisch gegenüber Schwarzen und der indigenen Bevölkerung gegenüber stehen. Auch ist bekannt, dass King (zu Recht) kritisch gegenüber Trump steht, was ebenfalls regelmäßig in seinen Roman zu finden ist (natürlich erst seit Trump nach der Macht gegriffen hat).

Die Handlung selbst ist ein sehr klassischer Krimi, vorbei Stephen King schon sehr früh preisgibt, wer der Täter ist. Zusätzlich springt er in der Zeit, so dass er die Handlungsstränge parallel erzählen kann. Zu Beginn hat das meines Erachtens auch sehr gut funktioniert und es kam einiges an Spannung auf. Aber dann folgen vor allem im Mittelteil des Romans die kleinteilige Erzählung und die Auflösung, so dass die Handlung vorhersehbar und somit weniger spannend war.

Es gibt zwar immer wieder Bezüge zu Bill Hodges, aber kennen muss man die anderen Holly-Bücher nicht zwingend, weshalb dieser Roman grundsätzlich für sich allein verständlich ist.

Fazit

Die Figur der Holly Gibney gefiel mir wie vielen anderen Lesern in der Bill-Hodges-Trilogie. Aber schon in »Blutige Nachrichten« wurde sie meines Erachtens etwas zu belanglos und auch in diesem Roman fehlt in der Geschichte das gewisse Etwas. Stephen King hat sich zu sehr auf das schmucke Beiwerk konzentriert und hat den simplen Kriminalfall zu sehr aufgebauscht, was bei mich letzten Endes am meisten störte.

Goodreads hat aus den Büchern, in denen Holly vorkommt, eine Holly-Gibney-Serie gemacht. Sowas kannte ich bisher nur von den deutschen Verlagen (beobachte aber den amerikanischen Buchmarkt nicht, sondern habe das zufällig auf Goodreads entdeckt). Ich finde das etwas unpassend, die Bill-Hodges-Trilogie, den Outsider sowie die Kurzgeschichte »Blutige Nachrichten« aus der gleichnamigen Anthologie mit diesem Buch als »Holly-Gibney-Series« zu bezeichnen.

Die Bill-Hodges-Trilogie ist eine sehr empfehlenswerte Thriller-Reihe und auch “Der Outsider” konnte mich überzeugen. Die Anthologie “Blutige Nachrichten” war hingegen etwas durchwachsen. Die Cover sind mit den jeweiligen Reviews verlinkt.

holly

Titel: Holly
Autor: King, Stephen
Genre: Krimi (nein, es ist kein Horror und auch kein Thriller)
Seitenzahl: 641
Verlag: Heyne Verlag

3/5

Originaltitel: Holly
Übersetzer: Bernhard Kleinschmidt
Herkunft: USA
Jahr: 2023 (org./dt.)

Die auf diesem Blog veröffentlichten Buchbesprechungen zu Büchern von Stephen King sind mittlerweile auf einer eigenen Seite zu finden.

Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Weitere Hinweise zu Rezensionsexemplaren finden sich im Bereich “Über diesen Blog“.

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2 Kommentare

  1. Hi Frank!

    Oh, die Zigarette 😀 Das ist mir als Raucher wahrscheinlich gar nicht so aufgefallen … die Erwähnungen von Trump bzw. der Politik fand ich noch im Rahmen, und dass es in der Corona Zeit spielt hat mich nicht gestört und Erwähnungen gehören da dann natürlich schon dazu. Aber die Menge und wie er das hier eingesetzt hat fand ich einfach nur nervig.
    Die Handlung selber war eben auch leider nicht so spannend wie erhofft. Da man schon viel weiß und Barbaras Part eigentlich nur dazu gedient hat, die Aufklärung in die Länge zu ziehen, das fand ich etwas schwach…

    Insgesamt schade, denn ich hatte mir hier auch mehr erwartet.

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Hi Aleshanee,
      ich mache mir ja hin und wieder den Spaß und zähle die Wörter. Dank eBook geht das ja recht fix. Und Trump wird lediglich 10 Mal erwähnt. 🙂
      Ich glaube, dass das mit dem Corona nicht so negativ aufgefallen wäre, wenn die Handlung spannend gewesen wäre. War sie aber leider nicht bzw. nur teilweise.

      Ich hatte auch gehofft, dass Holly eine bessere Geschichte erhält.

      Viele Grüße
      Frank

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